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Das Geheimnis der 100 Pforten

Das Geheimnis der 100 Pforten

Titel: Das Geheimnis der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N D Wilson Dorothee Haentjes
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meinte Henry und rührte in seinen Cornflakes. »Man weiß nie.«
    Henrietta lachte. »Stimmt. Ich mache jetzt den anderen Brief auf.« Sie nahm den quadratischen Umschlag und drehte ihn so, dass das Siegel oben lag. Im Licht schimmerte der grüne Klecks wie Glas. Ein Stempel war hineingedrückt worden und ein dicker Wulst wölbte sich um das Bild eines Männerkopfes. Der Mann hatte einen Bart und leere Augen ohne Pupillen. In seinem Bart und aus seiner Nase und seinem Mund heraus wuchsen Blätter. Weinreben rankten um seine Ohren und waren über seiner Stirn wie zu einer Krone zusammengewunden.
    »Ein bisschen gruselig«, stellte Henrietta fest. Sie fuhr mit dem Finger unter die Lasche, damit das Siegel aufsprang, aber es rührte sich nicht. Sie versuchte, das Papier aufzureißen, verknitterte es dabei aber nur ein wenig. Dann legte sie den Umschlag zurück auf den Tisch und stand auf. »Ich hole die Schere«, sagte sie.

    Henry rutschte auf seinem Stuhl hin und her. »Das kannst du bleiben lassen«, sagte er. »Sie wird nichts ausrichten.« Er seufzte. »Das ist wie mit Großvaters Tür. Du wirst ihn einfach nicht aufbekommen.«
    Er nahm den Brief an sich und strich mit dem Finger über das Papier.
    »Ich hole trotzdem die Schere.« Henrietta drehte sich um. Sie kam aber keinen Schritt weit. Ein Geräusch wie von knackenden Knöcheln war hinter ihr erklungen.
    Sie wandte sich um. »Was war das?«, fragte sie.
    »Äh …«, machte Henry. »Ich habe das Siegel berührt.«
    »Wie bitte?«
    »Das Siegel. Auf dem Brief. Ich habe es berührt.« Henry zeigte auf den Tisch.
    Ein Riss lief durch das Siegel, über die Stirn des grünen Mannes, um seine Nase herum und bis zu seinem Bart hinunter.
    »Es ist zerbrochen«, stellte Henrietta fest. »Genau in zwei Hälften.« Sie nahm den Briefumschlag und wollte ihn öffnen. Aber das Papier ließ sich nicht bewegen.
    »Ich glaube, der ist für mich«, sagte Henry.
    Henrietta sah zuerst ihn an, dann das Siegel und reichte ihm schließlich den Brief.
    Es war ein einzelnes, festes Blatt Papier, nicht mal ein richtiger Umschlag, und es ließ sich in Henrys Händen ohne Weiteres auffalten.

    Henry hielt das Papier ein Stück von sich weg. »Willst du mit reinsehen?«, fragte er.
    »Lies einfach laut vor«, meinte Henrietta und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Ihre Hand wanderte zu ihrem Mund, und sie begann, am Daumennagel zu kauen.
    Henry betrachtete das Papier und war über das, was er dort sah, mehr als überrascht. Der Brief war nicht von Hand geschrieben. Er war getippt worden. Und noch dazu offenbar auf einer sehr alten Schreibmaschine. Aber er war viel einfacher zu lesen als der erste Brief.
     
    Verlautbarung des Zentralkomitees der Faeren zur Vorbeugung gegen Ungemach (Bezirk R.R.K.)
     
    Erstellt und genehmigt nach den Gefahrenrichtlinien (Buch der Faeren VI. iii)
     
    Zugestellt über den Inselberg der Sektion Badon (Bezirk A.P.)
     
     
     
    An die zuständige Stelle:
     
    Es ist ein Zeuge im Berg der Faeren (Bezirk R.R.K.) vorstellig geworden, angelegentlich bestimmter Übergänge, die vordem ohne Befugnis errichtet und genutzt wurden, um größten Schaden in fünf unserer ältesten Bezirke und unter
zwei Völkern anzurichten. Genannte Übergänge glaubte man zerstört und/oder/vermutlich undurchlässig oder verriegelt.
     
    Der erwähnte Zeuge machte im genannten Berg des zuvor bezeichneten Bezirks folgende Aussage:
    a. Dass jene Übergänge entweder nicht zerstört wurden noch undurchlässig gemacht noch verriegelt worden sind, oder dass jene Übergänge zerstört wurden oder undurchlässig gemacht oder verriegelt worden sind, aber wieder aufgebaut oder durchgängig gemacht oder geöffnet wurden;
    b. Dass neben jenen besagten Übergängen ein männliches Kind schläft, von schüchternem Wesen in jeder Hinsicht, das im Schlaf sowohl schnaufet als auch fiepet (fortan genannt das Fiepende Kind);
    c. Dieses Fiepende Kind ist verwerflich und eine Schande für alle, die dem Weg der Weisheit folgen respektive graue Haare oder wulstige Narben bekommen haben im Kampf gegen Ungemach im Dienst für diesen Bezirk, in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft.
     
    Nachdem der Zeuge als glaubwürdig erkannt wurde, erlässt das Zentralkomitee von Faeren zur Vorbeugung von Ungemach (Bezirk R.R.K.) den
folgenden Befehl, der von Mitgliedern des Inselberges der Sektion Badon (Bezirk A.P.) zugestellt wird, die oben genannten Zeugen beibrachten:
     
    Sofern das Fiepende Kind

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