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Das Geheimnis der 100 Pforten

Das Geheimnis der 100 Pforten

Titel: Das Geheimnis der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N D Wilson Dorothee Haentjes
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duckte er sich und lief zurück zu dem Baum.
    Das alles war so verwirrend. Henry wusste instinktiv, dass er auf diesen Berg gehörte und dass er den Hund kannte. Sein schlafendes Hirn suchte nach alten Erinnerungen und bemühte sich, sie zu fassen, fand aber nichts, woran es sich hätte festhalten können.
    Dann drehte sich der Hund zu ihm um und sagte mit sanfter, weiblicher Stimme: »Ich denke nicht, dass wir es ihm sagen sollten. Es ist keine richtige Neuigkeit und würde heute Nacht ohnehin zu nichts führen.«
    Der Traum löste sich auf. Henry konnte den Baum nicht mehr sehen. Nur der Fels war noch da.
    »Sie sind seine Eltern. Ich kann doch aus Dingen, die seine Eltern betreffen, kein Geheimnis machen«, sagte eine andere Stimme.
    »Es ist kein Geheimnis. Es bringt nur einfach nichts«, antwortete der Hund.

    »Ich weiß mehr als er und das finde ich einfach nicht richtig.«
    »Du wirst immer mehr wissen als er.«
    »Was soll das heißen?«
    »Frank, es sind doch gar nicht seine Eltern. Willst du ihm das auch sagen?«
    Henry öffnete die Augen. Er lag auf seinem Bett, in der Dunkelheit seines Zimmers. Die Stimmen sprachen sehr leise. Er konnte sie kaum verstehen.
    »Wenn du es ihm unbedingt sagen willst, dann warte wenigstens bis morgen. Es nützt nichts, wenn du es ihm jetzt sagst.« Eine Stille entstand.
    Dann knurrte Frank etwas, das Henry nicht verstehen konnte.
    »Riechst du das?«, fragte Dotty. »Diese trockene Kälte in der Luft?«
    »Nein«, antwortete Frank. »Für mich riecht die Luft nach Luft.«
    »Na gut«, antwortete Dotty. »Jetzt komm wieder mit nach unten und ins Bett.«
    Henry hörte Schritte, und ihm wurde klar, dass Frank unmittelbar vor seiner Tür gestanden hatte. Und Dotty auf der Treppe. Dann begann es zu knarzen, und Henry wusste, dass sie nun beide wieder nach unten gingen.
    Was er gehört hatte, kam Henry ziemlich merkwürdig vor. Gleichzeitig aber war er erleichtert, dass Onkel
Frank nicht in sein Zimmer gekommen war. Henry setzte sich auf und schloss die Fächertüren. Dann knipste er seine Lampe an und hängte das zusammengeklebte Poster wieder an die Wand. Als er fertig war, rollte er sich am Kopfende seines Bettes zusammen und löschte das Licht.
    Teile seines Traums verschwanden nun, lösten sich einfach auf. Aber er erinnerte sich an den sprechenden Hund, und er erinnerte sich, was er gesagt hatte. Er erinnerte sich, dass er aufgewacht war, und an das, worüber sich seine Tante und sein Onkel unterhalten hatten.
    Seine Eltern waren in Wirklichkeit gar nicht seine Eltern.
    Henry war fast erleichtert. Er hoffte immer noch, dass sie in Sicherheit waren. Aber es würde ihn auch nicht stören, wenn sie erst wieder zurückkämen, wenn er alt genug war, um aufs College zu gehen. Solange es ihnen gut ging.
     
    Henry wachte auf und wälzte sich herum. Es klopfte an die Tür.
    »Herein«, sagte er.
    Frank kam herein und setzte sich auf das Bett.
    »Hallo, Onkel Frank.« Henry setzte sich auf und gähnte, ebenso müde wie nervös. Er versuchte, nicht auf seine Posterwand zu sehen.

    »Morgen, Henry.« Frank sah Henry nicht an. Er sah durch die Zimmertüren hindurch, über den Dachboden und aus dem Fenster auf der gegenüberliegenden Seite. »Ich wollte dir letzte Nacht etwas sagen, aber Dots meinte, ich sollte bis heute früh warten. Und da bin ich nun.«
    Henry wartete. Als Frank nicht weitersprach, versuchte er, ihm die Sache ein bisschen zu erleichtern. »Worum geht’s denn?«
    »Tja, also, gestern Abend sehr spät hat jemand angerufen. Jemand von der Regierung. Er hat gesagt, dass deine Eltern leben. Es gibt wohl neue Lösegeldforderungen oder so.«
    »Ah«, sagte Henry. »Das war alles?«
    »Ja. Deine Tante Dots fand diese Neuigkeit nicht weltbewegend. Sie fand es nur unerhört spät, um anzurufen und mitzuteilen, was ohnehin schon klar war. Ich persönlich war allerdings erstaunt. Es hätte mich nicht überrascht, wenn sie Ursula etwas angetan hätten. Aber es freut mich natürlich, dass man sie bislang am Leben gelassen hat.« Frank rieb sich das Kinn. Er war unrasiert. »Ich denke, es geht um eine ganze Menge Geld. Wie lange dauert es jetzt schon? Einen Monat?«
    »Etwa. Sie haben es mir ein paar Wochen vor den Ferien gesagt.«
    »Hm«, machte Onkel Frank und saß einfach nur da.
    »Onkel Frank?«, fragte Henry.
    »Ja?«
    »Sind sie meine richtigen Eltern?«
    »Nein«, sagte Frank und starrte weiter aus dem Fenster.
    »Ach«, sagte Henry.
    »Hast du das Bett nass gemacht?«,

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