Das Geheimnis der 100 Pforten
spiele nicht allzu gut.«
Zeke zuckte die Schultern. »Immerhin siehst du den Ball. Die meisten Jungs ziehen die Köpfe ein. Und du hast ein paar Schläge echt gut pariert.«
Henry sah auf seine Füße. »Du hast mich dreimal ›aus‹ geschlagen.«
Zeke lachte. »Weil du zu weit ausholst und dich nicht schnell genug drehen kannst, wenn der Ball schnurgerade auf dich zukommt. Blend aus, was um dich herum passiert! Schlag ein bisschen schneller und dann ist alles bestens.« Zeke trat ein paar Schritte zurück. »Bis morgen?«, fragte er.
Henry nickte. »Geht klar.«
»Ich komme vorher bei dir vorbei und wir üben ein bisschen schlagen.« Zeke versetzte dem unteren Ende
seines Schlägers einen Tritt, dann drehte er sich um und lief pfeifend davon.
Henry sah ihm nach. Er war sich nicht ganz sicher, was Zeke gemeint hatte. Aber er wollte auch nicht fragen. Er dachte, dass er es schon herausfinden würde, wenn er weiter gut zuhörte. Bestimmt war es eine ganz klare Sache.
Henry ging weiter und ein paar Minuten später bog er in die Straße der Familie Willis ein. Die Stadt Henry lag rechts von ihm. Zu seiner Linken erstreckten sich kilometerweit Felder. Und ein paar hundert Meter voraus konnte er das Haus sehen und die Scheune, die dahinter aufragte. Da erinnerte er sich wieder an sein Zimmer und die Wand. Er sah auf seine Hand. Den Schnitt auf seinen Fingerknöcheln hatte er ganz vergessen.
Henrietta hatte Tante Dottys Auflaufform schon in den Ofen geschoben und den Tisch gedeckt. Als Henry hereinkam, lächelte sie ihn an, und er lächelte zurück. Sie sagten aber beide kein Wort. Henry stieg die Treppe zum ersten Stock hinauf und wusch sich im Bad das Gesicht. Während er noch beobachtete, wie das schmutzige Wasser ins Becken spritzte und anschließend wirbelnd im Abfluss verschwand, ließ das Donnern von Onkel Franks Truck den Spiegel erzittern. Einen Augenblick später kamen Frank, Dotty und die Mädchen
lautstark ins Haus gepoltert. Henry ging nach unten, um zu hören, was seine Cousinen aus der Stadt zu berichten hatten.
Nach dem Abendessen ging Henry wieder hinauf in seine kleine Dachkammer. Er reckte sich, dann überprüfte er seine Sockenschublade. Irgendwann würde Henrietta heraufkommen, um sich das gelbe Byzanthamum-Postamt anzusehen.
Der Kater Blake schlief am mittlerweile wieder trockenen Fußende des Bettes. Henry setzte sich neben ihn und ließ den Schwanz des Katers durch seine Hand gleiten. Dabei betrachtete er seine Poster, die allesamt dasselbe Motiv zeigten. Henry war mit dem Mann, der seine Wand bedeckte, mittlerweile sehr vertraut. Er kannte jeden Zentimeter seiner Beine und fand, dass er komische Knie hatte. Und seine Nase gefiel ihm nicht. Trotzdem mochte Henry ihn. Der Mann wirkte so unbeteiligt, als gebe es in der Wand hinter ihm keine Fächer. Darin war er weitaus besser als Henry selbst.
Henry seufzte, als er die zusammengeklebten Poster abnahm, das riesige Stück Papier so gut es ging zusammenrollte und in die Ecke schob. Er betrachtete die Fächer und fühlte sich ein bisschen unwohl. Wie kam er eigentlich dazu, Henrietta mit Dingen hantieren zu lassen, die sie nicht verstand? Und warum hatte er immer Angst? Er hasste es, Angst zu haben!
In der Schule war Henry einmal davongelaufen, weil einem Mädchen die Brille gestohlen worden war. In Sport hatte er sich geweigert, auch nur eine Runde zu laufen, weil ihm der Knöchel wehtat. Und er erinnerte sich, dass er oben auf seinem Etagenbett gesessen hatte und eigentlich hinunterspringen wollte - stattdessen aber immer über die alberne kleine Leiter herabgeklettert war.
Henry zog sein Bett so weit wie möglich von der Wand weg. Dort war die kleine schwarze Tür und blickte ihn heimtückisch an. Henry verbot sich, weiter darüber nachzudenken. Er bückte sich, packte den kalten Metallknauf und zog. Die Tür sprang auf, und die kurze Kette, die an der Innenseite befestigt war, rasselte heraus.
Im Inneren des Fachs lag sein Messer. Ordentlich zusammengeklappt und gesäubert. Henry ging in die Knie und linste vorsichtig in das Fach hinein. Es war leer - keine Taschenlampe, kein Shirt, kein Periskop.
Dann griff er hinein und nahm sein Messer in die Hand. Aber irgendwo blieb es hängen. Henry befühlte das hintere Ende des Messers, wobei ihm ein feiner Draht in seinen Finger schnitt. Er war so fein, dass Henry ihn im Licht der Lampe kaum schimmern sehen konnte. Henry zog und auf der anderen Seite, sehr, sehr leise, hörte man ein
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