Das Geheimnis der 100 Pforten
mein Vater auf dem Hof und sah einem Spiel zu. Neben ihm stand ein Junge. Ich wollte den Jungen nicht
unbedingt kennenlernen, darum schlich ich mich zur Hintertür und ging ins Haus.
Der Junge blieb zum Essen, aber er sprach kein Wort mit mir. Er war älter als ich, und er war mager und geheimnisvoll, hatte aber ein strahlendes Lächeln und wundervolle Augen. Ich hatte nie zuvor einen Jungen gesehen, der so kerzengerade saß oder so durch einen hindurchsehen konnte wie er, und er hatte kein bisschen Angst vor Daddy. Eure Tante Ursula hat die ganze Zeit mit ihm geflirtet. Mama und ich haben nicht viel gesagt, und Daddy hat uns in einem fort erzählt, was für ein guter Schlagmann der Junge war. Er trug einen Ring an seinem Daumen, ein riesiges silbernes Ding, mit dem die Leute früher Wachs gesiegelt haben. Drei Seesterne waren darauf, und Ursula muss ihn mindestens ein Dutzend Mal gebeten haben, ihn genauer betrachten zu dürfen.
Als ich am nächsten Tag nach Hause kam, sah ich denselben Jungen im Park Baseball spielen. Ich blieb stehen und sah zu, und er war wirklich ein guter Schlagmann. Am Tag darauf traf ich ihn in der Schule. Alles sprach nur noch von ihm - auch die Erwachsenen -, wobei es immer nur um Baseball ging und darum, was für ein Glücksfall er für die Highschool von Henry wäre. Ein altes Ehepaar, die Willis’, nahmen ihn zu sich.«
»Wie bitte?«, fragte Penelope. »Wirklich? Ist das vielleicht der Grund, warum …«
Dotty lächelte. »Wart’s ab. Ich bin jetzt schon zu langsam. Es verging fast ein Jahr, bevor ich zum ersten Mal mit ihm gesprochen habe. Ich war wieder auf dem Heimweg und er holte mich ein. Er sagte, er bräuchte meine Hilfe, um zurück nach Hause zu kommen. Er stammte aus einer Stadt an einem anderen Ort, wo kein Baseball gespielt wurde, und er musste zurück. Er brachte mich dazu, stehen zu bleiben und mich mit ihm hinzusetzen. Und dann erzählte er mir eine sehr seltsame Geschichte.
Die Jungen aus seiner Familie wurden immer für ein Jahr fortgeschickt, um Abenteuer zu erleben und Erfahrungen zu sammeln, bevor sie ihren Platz in der Stadt, aus der er stammte, einnehmen konnten. Zwei seiner Brüder waren in den Krieg gezogen und getötet worden. Sein Abenteuer aber war ein ganz anderes.
Mein Vater war oft in seiner Stadt gewesen. Er war dort immer nur in ihre Bibliothek gegangen und zunächst hatte sich niemand darüber Gedanken gemacht. Aber dann begannen Bücher zu verschwinden, die offenbar bedeutsam waren. Dein Großvater wurde davongejagt und der Junge sollte ihm folgen.
Er blieb meinem Vater auf der Spur: aus der Stadt hinaus und die Straße entlang, über Berge und durch Wälder und schließlich zu einem versteckten Hochtal. In diesem Tal, überwachsen von Dickicht und Kletterpflanzen, standen die Ruinen eines alten Tempels.
Der Junge beobachtete meinen Vater aus einiger Entfernung. Er sah zu, wie er an eine Öffnung in der verfallenen Mauer herantrat und hindurchschritt. Dann war er verschwunden. Der Junge wartete eine Weile, doch schließlich folgte er ihm. Und als er durch die Öffnung trat, drückte ihn etwas mit der Brust zu Boden, und er kroch im Schlafzimmer meiner Eltern hervor.
So schnell er konnte, verließ er das Zimmer und traf meinen Vater vor der Haustür an, wo er gerade saß und Limonade trank. Mein Vater erkannte den Jungen wieder, und der Junge fragte ihn, ob er ein Zauberer sei und ob er die Bücher aus der Bibliothek gestohlen hätte. Mein Vater lachte und erklärte ihm, dass er nur ein Entdecker sei, und nahm ihn mit auf den Hof, um ihm Baseball beizubringen. Auf diese Weise wurde sein Abenteuer-Jahr zu einem Baseball-Jahr in Henry.«
Anastasia konnte das Ende kaum noch abwarten. »Großvater war ein Magier?«, fragte sie. »Wirklich?«
Dotty seufzte. »Nein. Das war er nicht. Aber er hatte etwas Magisches entdeckt. Der Junge erzählte mir, dass euer Großvater eine Pforte in seinem Zimmer hatte, die ihn an verschiedene Orte führte, und dass er einen Weg finden musste, wie er durch sie in seine Stadt zurückgelangen konnte. Euer Großvater hatte ihm gesagt, dass dies nicht mehr möglich sei. Die verfallene Mauer auf der anderen Seite sei eingestürzt und der Durchgang
verschlossen. Der Junge glaubte meinem Vater aber nicht und er wollte nun, dass ich ihm half.
Als meine Eltern eines Abends auswärts essen gegangen waren und Ursula bei einer Freundin war, kam er zu mir, und wir gingen ins Schlafzimmer und sahen uns das Fach an. Es führte
Weitere Kostenlose Bücher