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Das Geheimnis der Äbtissin

Das Geheimnis der Äbtissin

Titel: Das Geheimnis der Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marie Jakob
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wirkte ausgeglichen, seit Monaten bereits herrschte Frieden im Land, sein stärkster Rivale – Richard der Löwe – schmollte in England in der Verbannung. Friedrich konnte seine Macht nun ausleben und genießen. Sein mit weißem Pelz verbrämter Mantel trug die gleiche Farbe wie das Kleid der Kaiserin, und so wirkten sie auch äußerlich wie eine Einheit. Ihre Kronen waren von der gleichen Art, die seine nur etwas größer. Alles in allem sah das Kaiserpaar erhaben und schön aus, was von den Schaulustigen laut jubelnd gewürdigt wurde.
    Nach ihnen folgten zwei junge Reiter, ebenfalls auf prächtigen Pferden und in königliches Rot gekleidet. In einem von beiden erkannte sie den vorlauten Halbwüchsigen vom letzten Abend wieder. Der Ältere führte seinen Rappen mit kurzen Zügeln und schaute gelassen über die Köpfe der Menschen hinweg. Er trug bereits die Königskrone.
    »Seht nur, der junge König Heinrich. Was für ein stattlicher Mann«, hörte sie die Witwe des Grafen Rothenburg neben sich sagen. »Doch der junge Friedrich steht seinem Bruder in nichts nach.«
    Judith runzelte die Stirn. »Ihr müsst Euch irren, der Jüngere ist Konrad, des Kaisers Drittgeborener. Friedrich starb im Alter von fünf Jahren, Gott sei seiner zarten Seele gnädig.«
    Die Witwe gluckste empört über so viel Unwissenheit. »Aber meine Liebe, wisst Ihr denn nicht, dass der Junge nach diesem tragischen Ereignis nach dem Verstorbenen benannt wurde? Der Name unseres Kaisers soll doch weitergegeben werden.«
    Judith schauderte innerlich. Was mochte ein Kind dabei empfinden, den Namen seines toten Bruders zu tragen?
    Gemeinsam mit der Witwe und den anderen Erfurter Edelfrauen schloss sie sich hinter den Fürsten und Herzögen dem Zug an und lief nun bei Tageslicht durch die feiernde Stadt. Wie schon am Vorabend hingen Blumengirlanden in den Straßen, und in kostbare Stoffe gekleidete Bürger winkten aus Fenstern und Türen. Doch wurden die schmutzigen Gossen in den Nebenstraßen, die Bettler am Stadtrand und die schiefen Wände der Armeleutehäuser nun nicht von schützender Dunkelheit versteckt.
    »Am Tage ist Mainz nur noch halb so schön«, sagte sie zu ihrer Begleiterin.
    Die zuckte nur mit den Schultern. »Das ist in jeder Stadt so. Ihr solltet Erfurt einmal sehen.«
    Auf dem zentralen Platz der Zeltstadt am Rhein waren im Lauf des Vormittags Tafeln aufgebaut und mit langen weißen Tischtüchern überzogen worden. Darüber errichteten Handwerker in Windeseile Baldachine, die vor der Sonne schützten. Dutzende von Dienern trugen Salzfässchen auf, legten Messer und Löffel zurecht und brachten Schüsseln und Becher herbei. Am Rande der Festwiese standen mehrere Planwagen, von denen Wein und Bier aus Fässern in hohe Kannen gefüllt und aufgetragen wurden. Knechte schleppten Körbe voller duftender Brotlaibe heran und verteilten sie auf den Tischen. In der Mitte der Tafel blinkte das kostbarste Geschirr aus Gold und Silber in der Sonne. Hier nahm die Kaiserfamilie nach ihrer Rückkehr aus der Stadt Platz. Direkt gegenüber den Tafeln waren verschiedene Bühnen aufgestellt worden. Dort fanden sich Spielleute, Gaukler und Narren ein, um die Gesellschaft zu unterhalten. Als die große Menge an Gästen endlich Platz genommen hatte, trat der Truchsess vor den Kaiser, kniete nieder und meldete, dass die Mahlzeit bereit sei und die Zeremonie des Händewaschens beginnen könne. Der Kaiser hob die Hand, und ein Trompetensignal gab den Auftakt für das Mahl auch an den Enden der Tafel bekannt, denn die dort sitzenden Gäste konnten Friedrich aufgrund der enormen Länge des Tisches weder hören noch sehen. Die Kämmerer und Knappen eilten nun herbei, um ihren Herrschaften das Wasser aus kostbaren Kannen über die Hände zu gießen und ein Tuch zum Trocknen zu reichen. Im Hintergrund standen die Herzöge und Fürsten des Reiches und überwachten die Zeremonie. Einige von ihnen bedienten den Kaiser und die Kaiserin persönlich, was als höchste Ehre galt und eifersüchtig angestrebt wurde. Dann marschierte ein wahres Heer von Mägden und Küchenjungen mit Kannen, Schüsseln und Platten herbei, auf denen die verschiedensten Braten, Pasteten und andere Leckerbissen dampften.
    Judith, die mitten im Erfurter Hofstaat saß, beobachtete mit wachsendem Erstaunen bald darauf einen weiteren Aufzug mit Körben voller Früchte und kleinen süßen Kuchen.
    »Mit diesem Essen könnte man ganz Thüringen eine Woche lang versorgen«, raunte sie der Witwe

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