Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Äbtissin

Das Geheimnis der Äbtissin

Titel: Das Geheimnis der Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marie Jakob
Vom Netzwerk:
von Rothenburg halblaut zu.
    Doch die sah sie nur verständnislos an. »Schmeckt es Euch nicht?«, fragte sie mit vollem Mund. »Probiert von dem Kapaun, er ist köstlich.«
    Judith winkte ab. Ihre innere Unruhe wurde unerträglich. Sobald die Tafel vom Kaiser aufgehoben war, murmelte sie eine halbherzige Entschuldigung und erhob sich. Als sie aus dem Schatten der Tafelüberspannung heraustrat, traf sie die sonnige Wärme des Maitages. Sie taumelte leicht. Der rote Claret war stark gewesen. Doch nach dem langen Weg durch die Stadt hatte sie Durst gehabt und wohl einen Becher mehr getrunken, als ihr guttat.
    Sie eilte über die Wiese und suchte Schatten unter einer ungeköpften Weide, die auf einem kleinen Hügel außerdem Ausblick über die Umgebung versprach. Wo mochten die Pferdekoppeln sein? Die Knechte hatten ihnen die Reittiere am gestrigen Abend abgenommen und weggeführt. Seitdem hatte sie ihren Bellus nicht mehr gesehen. Oberhalb des Flusslaufs erblickte sie Gerüste und Kräne auf einer Baustelle, die, ähnlich wie Mönkelare, auf einer Anhöhe lag. Was ließen die Mainzer dort bauen? Eine Festung? Sie legte die Hand zum Schutz vor der Sonne über die Augen. In der Mitte schien ein Kirchturm emporzuwachsen, was eher auf ein Kloster hindeutete. Das dumpfe Trommeln von Pferdehufen riss sie aus ihren Gedanken. Sie trat aus dem Schatten der Äste heraus. Schnaubend trabte ein Pferd den Hügel herauf, das von einem jungen Mann in Lederwams mit einer Hand gelenkt wurde. Vor sich im Sattel hielt er ein blondes Mädchen in der einfachen Kleidung einer Magd, das sich kichernd an ihn schmiegte. In kurzem Abstand folgte ein älterer Ritter.
    Im ersten Reiter erkannte sie den jungen Friedrich. Sie verneigte sich hastig, doch der Prinz hatte nur Augen für die Vorzüge seiner verlockenden Beute. Er nickte der Frau im unscheinbaren Habit nur flüchtig zu. Dann saß er ab, zog das Mädchen aus dem Sattel und trug es hinter den schützenden Vorhang der Blätter. Sein Begleiter eilte herbei und fasste nach den Zügeln des königlichen Hengstes. Verlegen lächelte er Judith zu. Er war vielleicht in ihrem Alter.
    »Gott sei mit Euch, Schwester«, murmelte er, während er Fußfesseln für die Pferde aus der Satteltasche holte.
    »Und mit Euch, Ritter.« Sie trat zu ihm. »Lasst mich helfen.« Sie griff nach den Zügeln, damit er die Lederriemen leichter um die Hufe schlingen konnte. Dabei redete sie dem Tier beruhigend zu, das offenbar vor Fremden scheute.
    »Ihr kennt Euch aus mit Pferden.«
    »Ein wenig.«
    Eine Weile herrschte Schweigen. Der Mann konzentrierte sich auf den Knoten, der nicht zu fest sein durfte, damit er schnell wieder zu lösen war.
    Aus dem Laub an der Weide drang Kichern.
    »Keine leichte Aufgabe, die Ihr da habt«, versuchte sie das Gespräch erneut in Gang zu bringen.
    Der Mann richtete sich auf und musterte sie neugierig. Er schien zu überlegen, ob sie das Binden des Knotens gemeint hatte. Dann sah er ihr verschmitztes Lächeln und grinste ebenfalls. Er senkte die Stimme. »Nun ja, er muss sich die Hörner abstoßen. Früh genug wird er mit einer Dame verheiratet werden, die er nie zuvor gesehen hat.«
    Die Pferde begannen zu grasen.
    »Was treibt Ihr hier, mit Verlaub? Eine Frau, so ganz allein?«
    »Ich bin auf der Suche nach den Koppeln. Ich dachte, von hier oben würde ich sie sehen.«
    Er schirmte seine Augen mit der Hand ab und wies in Richtung Zeltstadt. »Da habt Ihr kein Glück. Sie sind auf der anderen Seite des Lagers, dort hinten, wo das Wäldchen beginnt.« Er grinste erneut. »Wollt Ihr Euch die Turnierpferde ansehen und wetten, wer übermorgen das Turnier gewinnt? Ich habe auf Odeon gesetzt. Ein Pferd wie ein Elefant. Schaut ihn Euch an, er wird alle anderen schlagen.«
    »Wem gehört er?«, fragte sie höflich, obwohl sie nicht vorhatte zu wetten.
    »Dem Ritter vom Blaustein.« Der Mann warf einen prüfenden Blick in Richtung Weide, doch aus den Zweigen kamen nur zufriedene Laute. Beruhigt fuhr er fort: »Der Ritter selbst ist ein hervorragender Turnierreiter, doch mit diesem Tier ist er einfach unschlagbar.«
    Sie sah nach der Sonne. »Ich muss mich wohl beeilen.«
    Er nickte beflissen. »Wenn Ihr bis zum Sonnenuntergang zurück sein wollt, ganz sicher. Es ist ein gutes Stück Weg bis zu den Koppeln.«
    »Wisst Ihr vielleicht auch, wo der Leibarzt des Kaisers zu finden ist?«
    Sein Gesicht verdüsterte sich. »Ihr meint den schwarzen Teufel? Ist sein Ruf ihm schon vorausgeeilt? Haltet

Weitere Kostenlose Bücher