Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
dünnen Griff und zwei Zinken, die in Haken ausliefen, von der Art, wie sie Chirurgen benutzten, um damit während der Operationen Hautlappen und Muskelenden anzuheben. »Sie ist seit gestern fertig, Meister«, sagte er nur. Mondino begutachtete sie zufrieden und zahlte, ohne um den Preis zu feilschen. Danach wandten sie sich wieder der Straße zu, wo gerade zwei Frauen mit Holzbottichen voller schmutziger Wäsche auf dem Kopf vorübergingen. Sie traten aus dem Toreingang heraus, und Mondino wollte gerade den Weg nach Hause einschlagen, als Gerardo ihm am Arm berührte, um ihn aufzuhalten.
»Meister, ich möchte Euch um einen Gefallen bitten.«
»Noch einen? Habe ich dir nicht schon genügend Gefallen erwiesen?«
Gerardo blieb so lange schweigend mit gesenktem Kopf stehen, bis der Arzt ihn endlich fragte, worum es sich handelte.
»Ich habe Euch doch erzählt, dass ich zu einem Bankier gegangen bin und ihn um eine Anleihe gebeten habe, doch er verlangt zwei Bürgen. Einer steht schon bereit, der andere …«
»Soll ich sein«, ergänzte Mondino.
»Ich weiß, dass es ungebührlich ist, Euch darum zu bitten, doch ich kenne niemanden sonst, an den ich mich wenden könnte«, gestand Gerardo. »Ich verspreche Euch, dass Ihr dabei kein Risiko eingeht, ich habe die Mittel, um meine Verbindlichkeiten einzulösen.«
»Wo wohnt dieser Bankier?«, fragte Mondino knapp.
»Nicht weit von hier«, antwortete Gerardo sofort. »Wir sollten möglichst gleich zu ihm gehen, ehe er seinen Laden schließt.«
Ein Diener klopfte an die Tür, steckte den Kopf ins Zimmer und meldete, dass Gerardo da Castelbretone mit einem Bürgen für den Kredit gekommen war. Remigio Sensi nickte und sagte ihm, er solle sofort gehen und den bewussten Edelmann bitten, so schnell wie möglich zu kommen. Dann entließ er ihn mit einer Handbewegung und nahm die Unterhaltung mit dem Klienten, der vor ihm saß, wieder auf.
»Also, dann ist alles in Ordnung, Messere. Meine Tochter hat hier die Dokumente zur Unterschrift bereit.«
Der Klient, ein beleibter Grundbesitzer aus Casalecchio di Reno, las sich die Dokumente aufmerksam durch, wobei er Zeile für Zeile mit dem Finger verfolgte. Schließlich nahm er den Gänsekiel, tauchte ihn in die Tinte und unterschrieb jedes Blatt.
»Sehr gut«, sagte Remigio glücklich, weil das Geschäft nun endlich abgeschlossen war. Er übergab das Geld, der Mann verbeugte sich leicht vor ihm, und Fiamma und ging dann hinaus auf die Straße, wo eine Eskorte auf ihn wartete. Gleich danach
befahl Remigio den beiden Dienern, die Ladenluke zu schließen und Gerardo und seinen Bürgen einzulassen.
Gerardo stellte Mondino vor, und Remigio schmeichelte ihm, als er ihm sagte, natürlich sei ihm der große Mondino de’ Liuzzi bekannt. Fiamma erhob sich und knickste erst vor Mondino, dann vor Gerardo, indem sie einen Fuß nach hinten setzte und leicht das Knie beugte. Doch während sie den Arzt mit gesenktem Kopf begrüßte, wechselte sie mit Gerardo einen Blick, der Remigio überhaupt nicht behagte.
»Wir werden wohl noch etwas warten müssen«, sagte der Bankier zu seinen Gästen. Er schlug einen Zünder gegen einen Feuerstein und entzündete drei Lampen, denn wenn die Ladenluke geschlossen wurde, war es im Geschäftsraum selbst am helllichten Tag dunkel. »Und du, meine Tochter, kannst dich jetzt zurückziehen. Mit diesen Edelmännern hier komme ich allein zurecht.«
»Mit Verlaub, ich muss den Brief beenden, den Ihr mir heute Morgen zu schreiben aufgetragen habt«, erwiderte Fiamma entschlossen. »Falls ich das noch länger aufschiebe, könnten wir ihn heute Abend vielleicht nicht mehr überbringen lassen.«
Mit diesen Worten setzte sie sich schnell wieder hinter den Tisch, als wolle sie die Diskussion damit beenden. Sie nahm ein Blatt Pergament, tauchte die Feder in die Tinte und begann, etwas von einem Notizzettel aus Papier abzuschreiben.
Remigio presste die Lippen zusammen und wandte sich an Mondino. »Ihr müsst ein wenig Geduld haben, Magister«, sagte er. »Ich habe gerade erst nach dem zweiten Bürgen geschickt, es wird wohl noch ein Weilchen dauern, ehe er hier eintrifft.«
Misstrauisch fuhr Gerardo auf. »Ihr habt mich doch nicht verraten, oder, Messer Remigio?«
Er fuhr mit einer Hand unter sein Gewand, dann schaute er zu Fiamma hinüber, und der Bankier hatte den Eindruck, dass
einzig die Anwesenheit der jungen Frau ihn davon abhielt, seinen Dolch zu ziehen.
Beschwichtigend hob er die Hände. »Beruhigt
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