Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
Narbonne das Arbeitszimmer betrat, stellte er alle der Form halber auf Latein vor. Man machte sich sofort an die Abwicklung des Kredits, aber ohne Fiamma dauerte die Erstellung der Dokumente ein wenig. Während Remigio schrieb, unterhielt sich Hugues angeregt mit den anderen beiden. Sie sprachen über Schlösser und Garnisonen, von Seereisen und von der arabischen Medizin, die Hugues für die fortschrittlichste in ganz Europa hielt. Worauf Mondino entgegnete: »Nicht mehr lange.«
Alle lasen dann mit der gebotenen Aufmerksamkeit die Vertragsklauseln durch und verhandelten darüber. Am Ende war Remigio mit dem Geschäft weniger zufrieden als ursprünglich gedacht. Sein Unmut steigerte sich noch, als Gerardo ihn fragte, ob er ihnen einen Raum zur Verfügung stellen könnte,
um vertrauliche Dinge zu besprechen. Remigio entging nicht, wie zornig Mondino bei diesen Worten wurde. Offensichtlich war dies so nicht vereinbart. Allerdings hatte er keineswegs vor, dieser Bitte zu entsprechen.
»Mein Haus ist kein öffentlicher Ort«, antwortete er kurz angebunden. »Wenn Ihr etwas zu bereden habt, geht in ein Gasthaus.«
Gerardo und Mondino nickten und erhoben sich, aber Hugues de Narbonne blieb sitzen. »Wie Ihr verstehen werdet, Messer Remigio«, sagte er mit einem kalten Lächeln, »müssen wir sehr vorsichtig sein in Bezug auf das, was wir sagen und wo wir es sagen. Dieser junge Mann hier hatte eine ausgezeichnete Idee. Euer Haus ist der einzige Ort, an dem wir sicher sein können, dass uns niemand verrät.« Er griff nach dem Lederbeutel, den er am Gürtel trug, und zog einige Münzen hervor, die er barsch auf den Tisch warf. »Wir werden Euch für die Unannehmlichkeit entschädigen.«
Trotz der Wachen vor der Tür wagte es Remigio nicht, sie einfach davonzujagen, wie er es gerne getan hätte. Hugues hatte ihm schon gezeigt, wie gefährlich es sein konnte, ihn herauszufordern. Außerdem könnte es auch ganz nützlich sein, seiner Bitte zu entsprechen. Vielleicht würde er dabei etwas erfahren, was er gegen ihn verwenden könnte. Und könnte ihn sich dadurch ein für alle Mal vom Hals schaffen.
»Mein Arbeitszimmer steht Euch zur Verfügung«, sagte er und stand auf, ohne die Münzen anzuschauen oder gar zu berühren. »Ich werde Euch Wein und Nüsse bringen lassen, doch fasst Euch bitte kurz. Ich muss heute im Laufe des Tages noch andere Geschäfte abschließen.«
Sobald sie allein waren, entschuldigte sich Hugues de Narbonne für seine unhöfliche Art und fügte hinzu, dies sei leider unumgänglich gewesen. »Ich kenne Messer Remigio
seit langem«, erklärte er, »und weiß, wie man ihn behandeln muss.« Dann wandte er sich an Gerardo. »Worüber wolltet Ihr mit mir sprechen?«
Mondino betrachtete ihn genauer. Das azurblaue Gewand, das bestickte Hemd und die Strümpfe aus feiner Wolle, die er trug, konnten nicht über sein wildes, fast animalisches Wesen hinwegtäuschen. Doch seine hellen Augen blickten keinesfalls stumpf drein wie bei einem Tier. Ganz im Gegenteil zeugten sie von einer gefährlichen Intelligenz, die allzeit bereit schien, jede Situation zum eigenen Vorteil zu nutzen.
Gerardo schien nichts dergleichen zu sehen. Er war glücklich wie ein Kind über die Beachtung, die ihm eine bedeutsame Persönlichkeit seines Ordens schenkte, die, machten die Templer nicht so schwierige Zeiten durch, bestimmt nicht ein Wort an ihn gerichtet hätte. Ohne sich lange bitten zu lassen, erzählte der junge Mann ihm von seiner Befürchtung, die kürzlich in der Stadt geschehenen Morde könnten sich auf den laufenden Prozess auswirken.
»Warum sprecht Ihr im Plural?«, fragte Hugues sofort nach. »Soweit ich weiß, gab es nur einen Mord.«
Mondino versuchte, Gerardo ein Zeichen zu geben, doch der junge Mann achtete nicht darauf. Er erläuterte, dass es zwei Morde gegeben hatte: Den ersten habe er verheimlichen können, weil er in seiner Wohnung geschehen sei, doch beim zweiten sei er machtlos gewesen. Seine Absicht sei es, den Mörder vor der Inquisition zu finden, und er wolle mit Hugues die Informationen, über die er verfüge, teilen. Sicher wisse der Kommandant von Akkon Dinge, die einem einfachen Ritter des Ordens unbekannt seien.
An diesem Wortschwall fand Mondino nur ein Gutes: Gerardo hatte ihn nicht mit hineingezogen, er hatte mit keiner Silbe erwähnt, welchen Anteil sein Meister am Verbergen der Leiche Angelos da Piczano hatte. Dennoch beunruhigte
ihn das blinde Vertrauen, das der junge Mann diesem
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