Das Geheimnis der antiken Kette
Jon sprechen.
Jonathan kam die Stufen herunter und legte ihm aufmunternd die Hand auf die Schulter. »Ich war auch da«, sagte er leise. »Kommen Sie hinein, und ich gieße Ihnen eine Tasse von meinem besonderen medizinischen Kaffee ein.«
Zum ersten Mal seit einer Woche lächelte Farley. »Wie wäre es, wenn Sie mir einfach eine Tasse von der Medizin mit etwas Kaffee darin geben?«
Rue lag einen Monat nach Farleys dramatischem Verschwinden im Bett, als die Erinnerung voll zurückkehrte.
Sie sah sich selbst auf dem Friedhof von Pine River mit einem dunkelhaarigen jungen Mann sprechen. Michael Blake hieß er, und Elisabeth und Jonathan Fortner waren seine Ururgroßeltern gewesen. Und sie hörte noch, wie er sie einlud, sich mit seiner Großmutter in Verbindung zu setzen.
Rue sprang aus dem Bett. Michael hatte einen Namen und eine Telefonnummer auf eine Seite seines Notizbuches geschrieben. Noch während sie in ihrem Gedächtnis forschte, zog sie sich an. An jenem Tag hatte sie ihre Windbreaker-Jacke getragen …
Ihr Magen verkrampfte sich, während sie weiter ihrer Erinnerung folgte.
»Meine Handtasche!«, schrie sie und schaltete die Lichter ein. Sie riss ihre Tasche von dem Sekretär und leerte sie über dem Bett aus, sodass Pennys und Kaugummipapier, Kreditkartenquittungen und zerknüllte Papiertaschentücher herumflogen. Nach einer fieberhaften Suche öffnete sie den Reißverschluss der Seitentasche für Kleingeld und fand das zusammengefaltete Blatt darin.
Mrs Elisabeth R. Blake, hatte Michael darauf geschrieben, und eine Telefonnummer.
Rue griff nach dem Telefon neben dem Bett, als ihr Blick auf den Wecker fiel und sie erkannte, dass es vier Uhr morgens und in Seattle erst drei Uhr war.
»Verdammt«, murmelte sie und fragte sich, wie sie sich bis zu einer menschlichen Uhrzeit zurückhalten sollte. Vielleicht war Mrs Blake eine dieser alten Damen, die Schlafstörungen hatten, und sie war wach und machte Kreuzworträtsel oder sah sich einen der Kabelkanäle an.
Rues Spekulationen änderten nichts. Michael hatte gesagt, seine Großmutter würde bei seinen Eltern leben, und die schliefen höchstwahrscheinlich, ohne zu ahnen, was für ein Mysterium ihre Existenz in Wirklichkeit war.
Sie ging nach unten und machte sich eine Tasse Tee, weil sie keinen Kaffee mehr vertrug, obwohl sie ihn sonst immer geliebt hatte. Sie fühlte sich auch manchmal schwindelig, und sie war gereizt wie ein Bär mit Zahnschmerzen – Symptome, die sie auf den Stress schob, unter dem sie seit fast einem Monat stand.
Schwangerschaft war ein Aspekt, der gleichzeitig zu wunderbar und zu schrecklich war, um in Betracht gezogen zu werden.
Soldier, der wie üblich auf dem Läufer vor dem Herd geschlafen hatte, trottete zu ihr und leckte ihr freundlich den Arm. Sie streichelte ihn und nippte weiterhin an ihrem Tee.
Vielleicht war diese Verzögerung gut. Rue hatte keine Ahnung, was sie Mrs Blake sagen sollte, aber sie wusste, dass die Frau ihre einzige Verbindung zu Elisabeth und Farley war, nachdem die Halskette fort war.
Langsam wurde das eisgraue Licht vor den Fenstern heller. Rue fütterte Soldier, ließ ihn ins Freie und kehrte in das Arbeitszimmer zurück.
Die Fotos von der Hochzeit lagen dort an einem Ehrenplatz in einer Schublade von Großvaters Kirschholzschreibtisch. Obwohl es sie immer schmerzte, die Bilder zu betrachten, hätte Rue sie ebenso wenig ignorieren können, wie sie zu atmen aufhören konnte.
Sie blätterte sie durch und lächelte sogar, als Tränen in ihre Augen schössen. Farley mit Kokosnussglasur um seinen Mund. Sie selbst in dem Spitzenkleid vom Dachboden. Braut und Bräutigam, wie sie sich küssten, unmittelbar nachdem der Friedensrichter sie zu Mann und Frau erklärt hatte …
Rue schob die Fotos sorgfältig in den Umschlag zurück, zog dann Mantel und Stiefel an und ging zum Holzschuppen. Sie brachte eine Armladung harziger Tannenscheite zurück und fühlte sich besser, nachdem sie die Axt geschwungen hatte.
Sie machte Feuer und sah sich eine morgendliche Nachrichtensendung im Arbeitszimmer an. Als es acht Uhr wurde, konnte sie einfach nicht länger warten. Sie setzte sich an den Schreibtisch, zog das Telefon heran und tippte die Nummer ein, die Michael ihr auf dem Friedhof gegeben hatte.
Es knackte ein paarmal in der Leitung, dann ertönte ein langes Klingelzeichen, dann noch eines.
»Blake«, meldete sich eine angenehme männliche Stimme.
»Mein Name ist Rue Claridge-Haynes«, platzte sie heraus.
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