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Das Geheimnis der Apothekerin

Das Geheimnis der Apothekerin

Titel: Das Geheimnis der Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Hintertür und bedeutete ihm einzutreten. Mrs Mimpurse hatte die Arbeitsgeräte vom Tisch gefegt und es irgendwie geschafft, ihre Tochter hinaufzuhieven. Das arme Mädchen hatte schwerste Krämpfe. Ihre Augäpfel waren völlig verdreht, der Holzlöffel ragte ihr grotesk aus dem Mund. Ihre Mutter tat ihr Bestes, sie auf dem Tisch festzuhalten. Ein junges Mädchen half ihr dabei. Dr. Graves war über sich selbst erstaunt, dass er sofort zugriff und sie unterstützte.
    »Vater hält Baldrian für das beste Mittel«, sagte Miss Haswell, die plötzlich neben ihm am Tisch stand. »Es ist nur nicht ganz einfach, es ihr zu verabreichen, wenn sie in diesem Zustand ist.«
    »Dann geben Sie mir bitte fünfzig Milliliter.«
    »So viel? Beträgt die normale Dosis denn nicht zwei bis vier Milliliter?«
    »Könnten wir die verschiedenen Lehrmeinungen vielleicht später diskutieren? Rasch, bitte, Miss Haswell.«
    Er half den beiden Frauen, Miss Mimpurse zu fixieren, während Lilly die Medizin in einen Messbecher goss und ihm dann reichte.
    »Helfen Sie mir, ihr den Mund zu öffnen.« Sie benutzten den Holzlöffel als Hebel und gossen ihr damit die übel riechende Flüssigkeit tief in den Rachen. Der Schluckreflex tat dann ein Übriges.
    »Jetzt helfen Sie uns, sie festzuhalten, bis das Mittel wirkt. Wenn es wirkt …«
    »Es wird wirken. Es hat immer gewirkt.«
    Schon jetzt hatte man den Eindruck, dass sich der Körper der jungen Frau entkrampfte, ob von dem Medikament oder einfach, weil der Anfall vorüber war und von selbst abflachte, vermochte er nicht zu sagen. Es störte ihn, dass Miss Haswell offenbar das Gefühl hatte, sein Vorgehen in Frage stellen zu müssen, statt einfach seinem fachlichen Urteil zu vertrauen.
    Während sie Miss Mimpurse festhielten, erklärte er ihr: »Sie haben recht, die vorbeugende Dosis sind zwei bis vier Milliliter drei- bis viermal täglich. Doch um einen voll ausgebildeten Anfall zu behandeln, ist eine sehr viel höhere Dosis nötig.«
    »Ich verstehe.«
    »Auf jeden Fall bin ich nicht davon überzeugt, dass Baldrian bei einem solchen Anfall überhaupt wirkt, und keinesfalls kuriert es die Ursache des Übels.«
    »Was würde denn die Ursache kurieren?«, fragte sie.
    Er sah die Mutter an, deren Gesicht totenblass war, und dann wieder Miss Haswell. »Ich fürchte, es gibt kein Mittel dagegen.«

    Später, nachdem er Mrs Mimpurse geholfen hatte, ihre völlig erschöpfte Tochter zu Bett zu bringen, und die Mutter sich bei ihm für seine Hilfe bedankt hatte, ging Adam mit Miss Haswell hinaus.
    »Meinen Sie, sie sollte täglich Baldrian nehmen?«, fragte Lilly.
    »Nicht zu diesem Zeitpunkt. Ich empfehle eine Infusion von Helmkraut.«
    »Verrückter-Hund-Kraut?«
    »Es wirkt krampflösend und nervenberuhigend. Vielleicht wären Sie so gut, es zuzubereiten?«
    »Natürlich«, sagte sie, geschmeichelt über die Bitte.
    Als sie zur Haswell-Apotheke kamen, blieb sie stehen und blickte zu ihm auf. Wie ernst sie dreinschaute, das herzförmige Gesichtchen gekrönt von dem herrlichen rotbraunen Haar.
    »Darf ich Sie bitten, diese Sache für sich zu behalten?«, begann sie. »Es versetzt Mary immer in allergrößte Verlegenheit, wenn jemand davon erfährt. Es ist so lange her, dass sie einen Anfall hatte; bestimmt hat sie gedacht, dass sie aus der Krankheit herausgewachsen ist.«
    Er fragte sich, wie er Miss Haswell irgendetwas abschlagen konnte, wenn sie ihn dermaßen bezauberte. Sie hatte zwar nicht gefragt, aber ihr war sicherlich bewusst, dass er allein ihretwegen die Partnerschaft in Bedsley Priors angenommen hatte.
    »Dr. Foster will eventuell wissen, wo ich war. Wenn nicht, werde ich das Ganze selbstverständlich für mich behalten, aber das hätte ich sowieso.«
    Dann dachte er an die nächste Visite, die ihm bevorstand. »Dürfte ich Sie vielleicht ebenfalls um einen Gefallen bitten?«
    An der Cottagetür wurden sie von einem der neun Somersby-Kinder und einem Schwall von Gerüchen begrüßt. Drinnen saßen Mr und Mrs Somersby am Tisch, vor sich ein Stück Käse, Salzheringe und zwei Gläser Ale. Auf dem Boden hockten zwei Kleinkinder, die mit Holzlöffeln auf die Dielen schlugen. Vier andere bliesen und jagten eine Feder durch das Zimmer und versuchten zu verhindern, dass sie den Boden berührte. Das Cottage war klein und die Kleider, die seine Bewohner trugen, abgetragen, doch da Mr Somersby mit Geflügel und Käse handelte, hatten sie immer gut und reichlich zu essen. Vielleicht, so dachte Lilly bei

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