Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Apothekerin

Das Geheimnis der Apothekerin

Titel: Das Geheimnis der Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
Vom Netzwerk:
davon erfahren und mich gefragt. Ich konnte ihm nicht ins Gesicht lügen.«
    »Natürlich nicht.« Sie seufzte auf. »Er hat uns praktisch vorgeworfen, Mrs Kilgrove vorsätzlich vergiftet zu haben. Charlie würde nie absichtlich jemandem wehtun. Und sie, die sonst zu allen so giftig ist, ist richtiggehend in ihn vernarrt.«
    Sie schüttelte immer wieder den Kopf. Ihr wurde erst allmählich klar, was ihnen bevorstand. »Er ist so unschuldig, so kindlich. Wenn sie ihn einsperren würden, ihn ins … Gefängnis steckten oder in eine Anstalt … das könnte ich nicht ertragen. Er könnte es nicht ertragen.«
    Die Tränen strömten ihr über die Wangen und er wusste nicht, wie er sie trösten sollte. Er erinnerte sich daran, dass Francis wie selbstverständlich ihre Hand genommen hatte. Warum konnte er das nicht auch tun?
    Sie drückte ihr Taschentuch erst auf das eine, dann auf das andere Auge. »Ich muss ihn beschützen. Ich liebe ihn mehr als mein Leben. Bitte, Dr. Graves. Ich flehe Sie an, helfen Sie ihm.«
    Auch ihn packte die Angst. »Ich versuche es, Miss Haswell, aber was kann ich schon tun? Sie wissen genau, dass Foster den Vorfall dem Konstabler melden wird.«
    »Diesem Mann! Jeder weiß doch, dass man Bill Ackers nur eine Pfundnote zustecken muss, und er macht, was man will.«
    »Aber wird er den Fall nicht vor den Friedensrichter bringen, damit dieser entscheidet, ob ein Vergehen vorliegt?«
    »Aber es war ein Versehen! Ein Unfall!«
    »Beides ist in unserem Beruf nicht erlaubt«, sagte er, so sanft er konnte. »Das müssten Sie eigentlich wissen.«
    Sie ließ den Kopf hängen. »Dann sagen Sie ihnen, dass es mein Fehler war. Charlie hat doch nur auf meine Anweisung gehandelt.«
    Er seufzte. »Miss Haswell, ich hasse es, so rücksichtslos zu sein, aber Sie haben keine Befugnis dazu. Wissen Sie denn nicht, was passieren kann, wenn man Sie für schuldig befindet, jemanden vergiftet zu haben?«
    »Vergiftet …? Was für ein Alptraum! Aber … vielleicht überlebt sie ja! O Gott, lass sie überleben. Um unser aller willen.«
    Er trat hinter das Sofa. »Ich weiß es nicht. Sie könnte durchkommen, aber ich würde mich nicht darauf verlassen.«
    Sie verbarg ihr Gesicht in ihren Händen. Endlich streckte er die Hand aus und berührte sanft ihre Schulter.
    »Ich kann die Strafe ertragen, worin immer sie bestehen mag«, sagte sie. »Aber Charlie muss verschont werden.«
    Törichtes Mädchen ! Er ging um das Sofa herum und blieb vor ihr stehen. »Sie wissen ja nicht, was Sie da sagen! Frauen sind schon für ein viel geringeres Vergehen deportiert oder ins Gefängnis gesteckt worden. Und wenn das, was Sie getan haben, der Ehrwürdigen Apothekergesellschaft zu Ohren käme, hätte diese alles Recht, den Laden Ihres Vater kurz und klein zu schlagen, alles niederzubrennen und ihm Berufsverbot zu erteilen. Dann wäre die Haswell-Apotheke, die Sie doch retten wollten, für immer ruiniert.«
    »Aber Charlie ist wichtiger als der Laden. Vater wäre der gleichen Ansicht.«
    Er starrte sie an. »Sie haben es ihm nicht erzählt?«
    »Noch nicht. Ich hatte Angst, dass es seiner Gesundheit schadet.«
    »Sagen Sie es ihm, Lillian. Sie können das nicht allein tragen. Ich tue, was ich kann, um Ihnen zu helfen, aber ich fürchte, es wird nicht viel sein.«

    Lilly saß auf einem Stuhl neben Mrs Kilgroves Bett, als die Lider der Frau sich endlich flatternd hoben.
    »Mrs Kilgrove?« Lilly streckte die Hand aus und nahm die dürre Hand der Kranken in die ihre. Die alte Frau sah sie mit wässrigen Augen an.
    »Rosamond?«, flüsterte sie heiser. »Ich wusste, dass du zurückkommen würdest.« Ihr Kopf rollte auf die andere Seite und Lilly musste aufstehen und sich über das Bett beugen, um ihr Murmeln zu verstehen: »Das erste Mal bist du ja auch zurückgekommen.«
    Lillys Herz hämmerte. »Was meinen Sie damit, Mrs Kilgrove?«
    Doch die alte Frau antwortete nicht, sondern schielte zum Nachttisch hinüber. »Warum haben die Kerzen blaue Höfe?« Dann schlossen sich ihre Augen wieder und sie sagte nichts mehr.
    Lilly begriff, dass Mrs Kilgrove Halluzinationen hatte. Sie hatte sie sogar für ihre Mutter gehalten. Zweifellos war das, was sie über Rosamonds Rückkehr gesagt hatte, ebenfalls nur ihrem verwirrten Geist entsprungen.
    Trotz der Halluzinationen der Kranken regte sich eine zögernde, zaghafte Hoffnung in Lilly, die sie jedoch unterdrückte aus Furcht, dass sie sich als trügerisch erweisen könnte. In angstvoller Sorge, dass der

Weitere Kostenlose Bücher