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Das Geheimnis der Apothekerin

Das Geheimnis der Apothekerin

Titel: Das Geheimnis der Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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sie lächelte nicht, ja sie schien ihn gar nicht wahrzunehmen. Sie starrte völlig ausdrucklos vor sich hin. Ihre Hände, die immer noch irgendetwas klein schnitten, wurden langsamer. Plötzlich fingen sie an zu zucken.
    »Mary!« Er sprang mit einem Riesensatz durch den Raum, aber es war schon zu spät. Sie brach zusammen, wo sie stand, doch ihrem Aufprall auf dem Boden ging ein Übelkeit erregendes Knacken voraus.
    Er kniete neben ihr auf dem harten Fliesenboden nieder. Auf ihrer Stirn war ein tiefer Schnitt, anfangs weiß, doch dann begann das Blut förmlich zu sprudeln. Und auch zwischen den Fingern ihrer einen Hand – der Hand, die noch immer das Messer umklammerte – war Blut.
    Jane kam aus der Spülküche hereingelaufen und schrie bei dem Anblick auf. Mrs Mimpurse eilte ebenfalls herbei; wahrscheinlich hatte sie gehört, wie er ihre Tochter beim Namen rief. Sie keuchte auf und schlug eine zitternde Hand vor den Mund.
    »Frisches Leinen, schnell«, rief Francis.
    Das Küchenmädchen lief los. Währenddessen tastete er Marys Glieder ab und prüfte ihre Pupillen. Als Jane zurückkam, presste er eine leinene Serviette auf den Schnitt auf ihrer Stirn.
    »Sie braucht einen Wundarzt. Schicken Sie jemand zu Shuttleworth.«
    Lilly erschien an der Hintertür, wie er sehnlichst gehofft hatte, wenn auch aus anderen Gründen. »Ich gehe.« Ihr Gesicht war blass, aber entschlossen.
    »Warte«, rief Francis. »Ich glaube, in seinem Sprechzimmer wird er sie besser behandeln können. Sie hat nichts gebrochen, das weiß ich. Hilf mir, ihre Hand zu verbinden, dann trage ich sie rüber.«
    Lilly nickte und half ihm geschickt dabei, Marys Handfläche und Finger zu verbinden, während Mrs Mimpurse und Jane zuschauten und schluchzten. Es schien ihm aus mehreren Gründen geraten, Mary an einem anderen Ort zu behandeln.
    Marys Augen öffneten sich flatternd. »Was ist passiert?«, murmelte sie, die blauen Augen schon wieder geschlossen.
    »Du hast dich geschnitten und brauchst einen Wundarzt«, sagte Francis. »Wir bringen dich zu Mr Shuttleworth.«
    Der Ausdruck von Schmerz und Demütigung, der ihr blasses Gesicht überzog, entging ihm nicht. Warum wollte Mary sich nicht von einem Mann helfen lassen, den sie so offensichtlich bewunderte und der ihre Gefühle erwiderte? Es sei denn, Mr Shuttleworth wusste nicht …
    Lilly sah erst ihn an, dann ihre Freundin. Sie sagte leise: »Diesmal geht es nicht anders, mein Liebling.«
    Ergeben nickte Mary fast unmerklich und schloss die flatternden Augenlider wieder.
    Bitte, lass ihn in seiner Apotheke sein , betete Francis, als er Mary hochhob.
    Lilly rannte neben Francis her. Seine Kraft war beeindruckend. Mrs Mimpurse lief mit ängstlichem, kummervollem Gesicht hinter ihnen, die Hand an ihrem schweren Busen. Sie überquerten gerade die Milk Lane, als Lilly erleichtert sah, dass Mr Shuttleworth bereits seine Tür öffnete, noch bevor sie bei ihm waren. Er hatte die kleine Gruppe kommen sehen und wirkte zutiefst entsetzt, als er sah, wer die Patientin war, die Francis mit solcher Entschlossenheit trug. Das Blut hatte das weiße Leinen, mit dem ihr Kopf und ihre Hand verbunden waren, bereits durchtränkt.
    »Sie hielt ein Messer in der Hand und ist gefallen«, rief Francis keuchend.
    Einen winzigen Augenblick suchte Mr Shuttleworth Lillys Blick und hielt ihn fest.
    Sie wartete, während Mr Shuttleworth geschickt den Schnitt auf Marys Stirn und auch die tieferen Schnitte an ihrem Finger nähte. Mary befand sich in einem seltsamen, traumähnlichen Zustand und schien den Schmerz, den die Stiche verursachten, überhaupt nicht zu spüren. Trotzdem gab er ihr Laudanum, um die Schmerzen zu lindern, die sicher bald einsetzen würden.
    Er versicherte Mrs Mimpurse, dass beide Wunden gut heilen würden. Dann fragte er sie, wie es zu dem Unfall gekommen war und ob dergleichen schon früher passiert sei. Als Mrs Mimpurse anfing, es ihm mit ruhiger Stimme zu erklären, verließ Lilly das Behandlungszimmer.
    Ein paar Stunden später kam Mr Shuttleworth zu Lilly. Sie hatte gewusst, dass er kommen würde, und hatte ihn schon erwartet. Als er sie allein im Laden antraf, sage er mit leiser Stimme: »Ich kann nicht fassen, dass ich es nicht wusste. Wissen es alle?«
    Lilly nickte. »In Bedsley Priors ja.« Sie seufzte. »Unter uns sprechen wir offen darüber, doch vor Außenseitern, wie Sie es waren, schützen wir sie.«
    »Warum haben nicht wenigstens Sie es mir gesagt?«
    Vor dem Schmerz in seinen dunklen Augen

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