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Das Geheimnis der Apothekerin

Das Geheimnis der Apothekerin

Titel: Das Geheimnis der Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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genauer gesagt, der Rotschopf, der ihn zu diesem Testament überredet hat, hat ihn besiegelt. Wenn mein Vater jetzt stirbt, bekommt sie , was rechtmäßig mir gehört.«
    Lillys Gedanken überschlugen sich. »Aber … ich dachte, das Gesetz sei in diesen Dingen ganz eindeutig. Der älteste Sohn ist der Erbe.«
    »Ich werde das Land erben, ja. Das ist Erbbesitz. Aber um die gigantische Summe aufzubringen, die er für sie festgesetzt hat, werde ich das gesamte Vieh, das Haus in London und ich weiß nicht, was noch alles, verkaufen müssen.«
    »Aber Sie würden doch der Witwe Ihres Vaters sicher nicht ihren Lebensunterhalt missgönnen.«
    »Ihren Lebensunterhalt nicht. Doch die Summe ist um ein Vielfaches höher. Ich werde weder meinen Verwalter noch irgendwelche Dienstboten mehr bezahlen können, ganz zu schweigen davon, das große Haus zu heizen. Offenbar hat Vater es zugelassen, dass sie ihn für sehr viel reicher hielt, als er ist. Dabei haben wir schon seit einiger Zeit zu kämpfen. Sie wissen, dass wir nur zwei Kutschen halten und nur ein kleines Haus in London, das wir zudem den größten Teil des Jahres vermieten. Wir geben nicht oft Gesellschaften. Wir leben ruhig und zurückgezogen und schränken uns mehr und mehr ein. Bis jetzt haben wir es immer geschafft, doch das ist das Ende.«
    »Aber hat Ihr Vater das denn nicht gewusst? Er war zwar krank, aber …«
    Er fuhr fort, als hätte er sie nicht gehört. »Vielleicht muss ich sogar das ganze Anwesen verpachten. Mein Zuhause …«
    »Es tut mir so leid. Das muss ein Irrtum sein. Ein Missverständnis.«
    Mit zwei Schritten überwand er die Entfernung zwischen ihnen. »Vielleicht werde ich einen Beruf ergreifen müssen wie Sie, Miss Haswell.« Er schlang einen Arm um sie und zog sie an sich, doch die Glut in seinen Augen rührte von dem erlittenen Verrat her, nicht von Leidenschaft. »Glauben Sie, dass ich ein guter Metzger wäre? Oder vielleicht ein Apotheker … Sie würden mir doch alles beibringen, was ich wissen müsste, oder?«
    »Mr Marlow, bitte. Ich …«
    Als er ihr ängstliches Gesicht sah, ließ er sie los. Das Feuer in seinen Augen wich einem stumpfen Ausdruck. »Verzeihen Sie mir meine Torheit, Miss Haswell. Sie sind mir in einem sehr dunklen Augenblick begegnet.« Er bückte sich, hob seinen herabgefallenen Hut auf und ging zu seinem Pferd. »Ich bitte um Verzeihung. Ich muss mit meinem Vater sprechen und versuchen, die teuflische Überzeugungskraft auszuschalten, die diese Frau auf ihn ausübt.«
    Lilly verstand nicht. »Aber … ich komme gerade von Marlow House. Ihr Vater ist ohne Bewusstsein. Ich dachte, Sie wüssten das.«
    »Nein!« Er wirbelte herum, der Hut war vergessen. »Ich war den ganzen Morgen bei Vaters Anwalt.« Er sank zu Boden und sah fassungslos zu ihr auf. »Wann?«
    »Er befand sich möglicherweise schon die ganze Nacht in diesem Zustand, doch das wissen wir nicht genau. Withers sagte, er dachte zuerst, Sir Henry schliefe. Als er sich dann am Morgen nicht rührte, schickte er nach meinem Vater. Mein Vater war indisponiert, deshalb bin ich an seiner Stelle gekommen.«
    Vorsichtig setzte sie sich neben den völlig Vernichteten auf den Boden und raffte ihre Röcke um sich zusammen. »Wie ich gehört habe, wird Dr. Foster jeden Augenblick erwartet«, fügte sie hinzu in der Hoffnung, ihn damit zu trösten. »Er hat viel Erfahrung mit Ihrem Vater.«
    Doch er saß nur da, die Ellbogen auf den Knien, und starrte wie betäubt vor sich hin. »Mein Vater hat in der Tat eine lange Geschichte mit diversen Vertretern der Medizinerzunft und häufig ihre Gesellschaft genossen, doch soviel ich sehen konnte, hat es ihm nie etwas genützt. Und jetzt das.«
    Er schüttelte den Kopf. »Als wir uns das letzte Mal gesprochen haben, habe ich mich heftig mit Vater gestritten. Ich konnte nicht anders, wie ich es gewohnt bin. Und jetzt werde ich mich nie mehr mit ihm versöhnen können.«
    Er ließ den Kopf sinken und verbarg das Gesicht in den Armen. »Ohne Bewusstsein«, sagte er leise. »Dann ist es zu spät. Alles ist verloren …«
    Impulsiv legte sie ihm die Hand auf den Arm. »Ihr Vater kann sich wieder erholen, das hat er doch früher schon, wissen Sie es denn nicht mehr?«
    Er hob den Kopf und sah sie an. Seine Augen hatten wieder etwas Glanz. »Er könnte also jederzeit zu sich kommen?«
    »Ich weiß es nicht. Aber es ist möglich.«
    »Dann muss ich bei ihm sei, falls er aufwacht.« Er stand rasch auf. »Ich muss ihn bitten, seine Absicht zu

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