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Das Geheimnis der Apothekerin

Das Geheimnis der Apothekerin

Titel: Das Geheimnis der Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Er blieb mit flammenden Augen vor ihnen stehen, die Hände in die Hüften gestemmt. Sein Gesicht wirkte ausgemergelter, als sie es in Erinnerung hatte, und seine Augen mit dem Glitzern und dem unsteten Blick erinnerten sie an die Augen eines tollwütigen Hundes.
    Als sein Blick auf sie fiel, schien er zu zögern. »Miss Haswell … Sie sollten nicht hier sein.« Er wies mit dem Arm zur Tür. »Gehen Sie. Los, gehen Sie.«
    Sie zwang sich, seinem Blick standzuhalten. »Ich bleibe und helfe meinem Vater, was es auch sein mag, wozu Sie uns haben rufen lassen.«
    Er zögerte nur kurz. »Wie Sie möchten.« Dann hob er seinen ausgestreckten Arm und kratzte sich im Nacken. »Ich kann nicht sagen, dass es mich erstaunt. Jedermann weiß ja, dass zurzeit praktisch die ach so kluge Apothekerstochter als unfähige Marionette ihres ebenso unfähigen Vaters mehr schlecht als recht ihre eigene Apotheke betreibt.«
    Die Worte waren wie eine schallende Ohrfeige, nachdem er kürzlich noch so freundlich zu ihr gewesen war. Charles Haswell öffnete den Mund, um zu protestieren, doch dann senkte er ergeben den Kopf.
    Sie legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. »Du bist der größte Apotheker, den Wiltshire je gehabt hat.«
    »So möchte er uns jedenfalls glauben machen. Heute hat er nun die Chance, es zu beweisen, oder er wird ein für alle Mal ruiniert sein.«
    Sie öffnete fassungslos den Mund, brachte jedoch keinen Ton heraus.
    Marlow durchmaß mit wütenden Schritten den Raum. »Ihr verdammten Mediziner. Ihr tut alle so, als hättet ihr wer weiß welche Kräfte und grenzenloses Mitleid mit uns armen Menschen. Doch in Wirklichkeit denkt ihr nur an euren Geldbeutel. Ich lese Zeitung, ich weiß von dem Streit darüber, wer welche Behandlungen durchführen darf. Euch geht es nicht um die Patienten – ihr denkt nur an euch selbst und eure Honorare.«
    Er wies mit dem Daumen zum Schlafzimmer seines Vaters hinüber. »Dr. Foster war letzte Nacht hier und heute Morgen noch einmal. Anscheinend habt ihr allesamt meinen Vater behandelt. Jeder hat ihm ein Gift verabreicht und diese Mischung hat am Ende dazu geführt, dass er das Bewusstsein verlor. Sie alle haben doch in der letzten Woche meinen Vater behandelt, oder?« Er schwieg und durchbohrte jeden Einzelnen von ihnen mit seinem Blick.
    Lilly war völlig verwirrt. Sie hatte nicht gewusst, dass Sir Henry außer von ihrem Vater in letzter Zeit noch von so vielen anderen behandelt worden war. Warum hatte ihr das niemand gesagt?
    »Lady Marlow hat vor drei Tagen nach mir geschickt«, verteidigte sich Dr. Graves. »Ich tat für Sir Henry, was ich konnte. Das war nicht viel, aber als ich ging, war er noch bei Bewusstsein.«
    Lillys Vater nickte. »Ich wurde am Abend desselben Tages zu Sir Henry gerufen. Ich fand ihn zwar sehr geschwächt vor, aber sein Zustand war stabil.«
    Mr Shuttleworths dunkle Brauen standen auf einmal ungewöhnlich hoch auf seiner Stirn. »Sir Henrys Anwalt bat mich vor zwei Tagen um meine Meinung. Er sagte, er sei nicht sicher, dass sein Klient die bestmögliche Behandlung erhielt.«
    Lilly spürte, wie sich ihr Gesicht vor Verwirrung in Falten legte. Sie sagte: »Mr Withers hat mich – ich meine, meinen Vater – gestern erneut gerufen. Ich bin an seiner Stelle gekommen.«
    Mr Marlow ging wieder vor ihnen auf und ab.
    »Und so habt ihr ihn alle mit Elixieren abgefüllt, deren Wirkung sich summierte, sodass er in die Bewusstlosigkeit fiel. Jetzt werden Sie gefälligst alle gemeinsam versuchen, ihn wieder daraus aufzuwecken.«
    Lilly schüttelte bestürzt den Kopf. Sir Henry war bereits bewusstlos gewesen, als sie gestern eingetroffen war, doch sie machte keinen Versuch, sich zu verteidigen. Sie war der Ansicht, wenn ihr Vater eine Verantwortung getragen hatte, dann galt das auch für sie. Als sie Roderick Marlow das letzte Mal gesehen hatte, hatte er nach einem Schuldigen gesucht. Nun schien er einen Sündenbock gefunden zu haben – oder sogar mehrere.
    »Ich weiß, dass Sie meinem Vater nicht aus Barmherzigkeit helfen werden«, fuhr Marlow fort. »Und auch nicht um meinetwillen. Geld scheint bis jetzt als Motivation ebenfalls nicht ausgereicht zu haben, deshalb greife ich jetzt zum Mittel der Drohung. Strafe. Es liegt nicht in meiner Macht, meinen Vater gesund zu machen, aber ich habe genügend Einfluss, um Sie alle zu vernichten. Ich werde Ihre Praxis, ihre Apotheken, Ihren Ruf ruinieren. Ist Ihnen diese Motivation angenehmer – ist sie wirksamer , wie Sie

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