Das Geheimnis der Apothekerin
sie ihm danken.
Am nächsten Morgen hörte Lilly, dass jemand in den Laden kam, und lief rasch in den Verkaufsraum, um ihn zu begrüßen. Doch es war nicht Francis und auch nicht Adam Graves. Es war Dr. Foster.
Er nahm seinen Hut ab und sagte: »Ich weiß, dass es noch sehr früh ist und Sie sich zweifellos erst einmal von dem anstrengenden Tag gestern erholen müssen, aber ich muss Sie leider bitten, eine Bestellung für mich aufzunehmen.«
Sein Ton war überraschend höflich.
»Natürlich.« Sie ging zur Ausgabetheke und holte die Feder. »Was brauchen Sie denn?«
Er fummelte nervös an seiner Hutkrempe herum. »Johanniskraut, gemahlen. Es muss für vierzehn Tage reichen, bei einer Dosis von fünf Quäntchen pro Tag.«
Sie nickte. »Für wen?«
Er sah sie an. »Ich bin sicher, da Sie sich in Ihrem Beruf auskennen, wissen Sie, wofür Johanniskraut verordnet wird, Miss Haswell.«
»Ja, schon, aber …«
»Gut. Können Sie dann bitte die Menge ausrechnen oder soll ich das machen?«
»Ich meinte, wer ist der Patient? Für unser Buch.«
»Oh! Es wird Buch geführt. Haswell ist besser organisiert, als ich dachte.«
War der Mann einfach nur sarkastisch? Sie war sich nicht sicher. »Danke. Wir tun unser Bestes.«
Er atmete tief ein und schwieg dann. »Es ist für Mrs Chester Somersby aus Honeystreet. Kennen Sie die Familie?«
Lilly ließ die Feder sinken. »Ja.«
»Sie hat es an den Nerven, die Ärmste. Haben Sie genügend Pulver vorrätig oder soll ich es später abholen?«
Lilly starrte ihn an. Wusste er wirklich nicht, wonach er da fragte?
»Es macht mir nichts aus, noch einmal vorbeizukommen«, sagte er.
»Das können Sie nicht.«
»Doch, das ist kein Problem. Es ist ja nicht weit.«
»Ich meine, Sie können Mrs Somersby kein Johanniskraut geben. Sie hat schon einmal sehr heftig darauf reagiert.«
Er sah sie friedlich an. »Ich weiß von keiner solchen Reaktion.«
»Aber ich. Und Dr. Graves ebenfalls. Fragen Sie ihn, wenn Sie mir nicht glauben.«
Er blickte ihr offen in die Augen. »Dr. Graves befolgt meine Anweisungen und informiert mich über alle Besonderheiten. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Miss Haswell. Soll ich die Arznei um, sagen wir, sechzehn Uhr abholen?« Er setzte schwungvoll seinen Hut auf, drehte sich um, ohne ihre Antwort abzuwarten und verließ den Laden.
Sie starrte ihm nach. Zorn, Angst und Entsetzen ballten sich in ihrem Magen zusammen. Entweder wusste er es wirklich nicht oder er tat nur so, aus welchem Grund auch immer. In beiden Fällen war Mrs Somersby nicht die Einzige, der dabei Schaden zugefügt würde.
In der Apotheke war so viel los gewesen, dass Lilly um sechzehn Uhr immer noch keine Zeit gefunden hatte, jemanden um Rat zu fragen. Und jetzt stand Dr. Foster wieder vor ihr. Zwischen ihm und ihr befand sich nur die Ausgabetheke als Schutzschild.
»Weigern Sie sich, meine Bestellung auszuführen?«, fragte er.
»Ich sehe, dass Sie noch keine Gelegenheit hatten, mit Dr. Graves zu reden. Wenn Sie doch nur mit ihm sprechen würden …«
»Ja oder nein?« Er hob seine Stimme. »Werden Sie mir die Arznei, die ich Mrs Somersby verordnet habe, aushändigen oder nicht?«
»Ich möchte nicht mit Ihnen streiten, Dr. Foster. Aber ich kann Ihnen nicht mit gutem Gewissen geben, worum Sie mich bitten.«
»Noch ein Mal, Mädchen. Geben Sie mir die Arznei, die ich bestellt habe, oder geben Sie sie mir nicht?«
Sie schluckte. »Ich gebe sie Ihnen nicht.«
Er nickte, eindeutig ärgerlich, aber nicht überrascht. Und gleichzeitig offenbar sehr zufrieden.
Sie ließ den Laden unbeaufsichtigt, obwohl es noch nicht siebzehn Uhr war, lief die High Street hinauf und die schmale Milk Lane hinunter zu Mr Shuttleworth, weil sie sichergehen wollte, dass Dr. Foster die Medizin, die er für Mrs Somersby wollte, nicht bei ihm holte. Mr Shuttleworth stand an seiner großen, zentralen Theke und trocknete mit einem sauberen weißen Tuch gläserne Messgefäße ab. Als sie nach Dr. Foster fragte und erfuhr, dass er den ganzen Tag nicht hier gewesen war, seufzte sie vor Erleichterung auf. Sie stützte sich mit den Ellbogen auf die hohe Theke und erzählte von ihrer Auseinandersetzung mit dem alten Arzt.
Mr Shuttleworth stöhnte auf. »O du meine Güte. Ich weiß nicht, ob das so klug war.«
Sie prallte förmlich zurück. Das war nicht das Mitgefühl, das sie erwartet hatte.
»Aber was hätte ich denn tun sollen?«
»Schon – aber es ihm abschlagen?« Lionel Shuttleworth pfiff
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