Das Geheimnis der Apothekerin
Aufmerksamkeiten diese Enttäuschung doch merklich gelindert.
»Liebes …« Tante Elliott nahm ihre Brille ab. »Versprich mir, dass du Roger Bromley nicht dieses Graves' wegen abweisen wirst.«
Würde sie das tun? Hatte sie Dr. Graves denn nicht erlaubt, mit ihrem Onkel zu sprechen – allerdings in dem Glauben, dass Mr Bromley für sie verloren war?
Ihre Tante beugte sich zu ihr hinüber. »Lillian, wenn Roger Bromley sich dir erklärt – versprich mir, dass du dir dann nicht wegen eines Mannes wie Dr. Graves eine so ausgezeichnete Partie entgehen lässt. Dein Onkel und ich werden dir eine bedeutende Mitgift und eine jährliche Zuwendung geben. Was das betrifft, werden die Bromleys also nichts gegen eine Ehe einzuwenden haben.«
Aber aus mehreren anderen Gründen , dachte Lilly, sagte aber nichts. »Das ist sehr großzügig von euch. Ich wusste das nicht.«
»Wie sollen wir unsere Gefühle dir gegenüber sonst ausdrücken?« In den Augen ihrer Tante schimmerten Tränen. »Du bist uns wie eine Tochter und wir wollen nur, dass du glücklich bist. Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um dich gut zu verheiraten.«
Bewegt streckte Lilly die Hand aus und drückte die Hand ihrer Tante. »Gut, wenn Mr Bromley mir einen Antrag macht, werde ich ihn in Erwägung ziehen.« Sie bezweifelte zwar, dass das nötig werden würde, denn trotz des bevorstehenden Dinners glaubte sie immer noch, dass Roger Bromley schon bald einer anderen Frau einen Antrag machen würde.
»Gutes Mädchen!«, strahlte ihre Tante. »Vor dir liegt eine leuchtende Zukunft!«
Am Samstag ging Lilly gerade durch die Halle, als sie hörte, wie draußen eine Kutschentür zugeschlagen wurde. Kamen die Bromleys etwa schon? Hoffentlich nicht! Ihre Tante war noch nicht fertig angekleidet und sie wollte doch ihre Gäste begrüßen, wenn diese eintrafen. Lilly trat an das Fenster. Der Anblick des Besuchers rief allerdings noch größeres Entsetzen in ihr hervor, als ein unangebracht frühes Erscheinen ihrer Gäste es getan hätte. Erschrocken riss sie die Tür auf, noch bevor der Mann, der draußen stand, geklopft hatte.
»Dr. Graves! Wir haben Sie nicht erwartet!«
Er lächelte über ihre scheinbar begeisterte Begrüßung. »Sie haben doch gesagt, ich dürfe mich an Ihren Onkel wenden. Hier bin ich.«
»Habe ich das gesagt? Ja, aber ich fürchte, der Zeitpunkt ist schlecht gewählt. Wir erwarten jeden Moment Gäste.«
»Oh wirklich?« Er zog erwartungsvoll die Brauen hoch, doch sie nannte keine Namen.
»Ja. Wären Sie vielleicht so freundlich, ein anderes Mal wiederzukommen?«
»Lillian?« Ihr Onkel erschien hinter ihr in der Halle. »Wo ist denn Fletcher? Du brauchst doch nicht … o, guten Tag. Graves, nicht wahr?«
»Ja, Sir. Ich hatte gehofft, Sie sprechen zu können. Haben Sie vielleicht einen Augenblick Zeit für mich?«
Lilly warf ein: »Ich habe Dr. Graves gerade gesagt, das wir jeden Augenblick Gäste erwarten.«
»Das stimmt«, sagte Jonathan Elliott. »Aber sie sind ja noch nicht da. Meine Frau ist noch beim Ankleiden, aber ich bin so gut wie fertig.« Er lachte leise. »Wenn Sie also in die Bibliothek mitkommen möchten, Graves, und mir sagen, worum es geht …«
Eine Viertelstunde später ging Lilly wieder durch die Halle, diesmal jedoch aus einem anderen Grund. Sie hatte gehofft, Dr. Graves loszuwerden, bevor die Bromleys eintrafen, aber er und ihr Onkel hatten zu lange gebraucht. Fletcher nahm den Gästen bereits die Hüte und Mäntel ab, als Dr. Graves und ihr Onkel wieder in die Halle traten.
»Graves?«, fragte Roger. »Ich hatte nicht erwartet, Sie hier vorzufinden.«
»Ich hatte ebenso wenig mit Ihnen gerechnet.«
Roger wandte sich an seine Eltern. »Darf ich euch Dr. Graves vorstellen, einen frischgebackenen Arzt – soviel ich weiß, hat er das gleiche College besucht wie Onkel Thomas.«
Mr Bromley lächelte wohlwollend. »Ein Oxford-Mann. Ausgezeichnet.«
»Meine Eltern«, fuhr Roger fort. »Mr und Mrs Bromley.«
»Vielleicht möchten Sie zum Dinner bleiben, Dr. Graves«, schlug Onkel Elliott freundlich vor.
»Sehr freundlich, Sir, aber ich möchte mich nicht aufdrängen.«
Ein verlegenes Schweigen breitete sich aus. Schließlich meinte Lillys Tante pflichtbewusst, wenn auch ohne jede Wärme: »Sie sind natürlich herzlich eingeladen, Dr. Graves.«
Mr Bromley senior, der ihr gegenüber am Tisch saß, betrachtete sie aufmerksam. »Und Ihre Eltern, Miss Haswell? Kenne ich sie?«
Wachsam entgegnete sie: »Das
Weitere Kostenlose Bücher