Das Geheimnis der Apothekerin
Hatfield …«
Ihre Tante erhob sich halb. »Warum ziehen wir Ladies uns nicht zurück und lassen die Herren in Ruhe ihren Port trinken?«
»Da fällt mir ein, der Apotheker hatte ein kleines Kind bei sich, ein Mädchen.«
»Miss Haswell?« Dr. Graves wandte sich zu ihr, die Stirn in tiefe Falten gelegt.
Lilly schluckte.
»Kennen Sie diesen Mann, den Apotheker?«
»Ähh … ja.«
»Nun, ich denke, jedermann in Wiltshire kennt diesen Mann«, sagte ihre Tante und ging zur Tür. »Komm, Lillian.«
»Aber erinnern Sie sich an seinen Namen?«, beharrte Mr Bromley. »Ich hasse es, wenn mir ein Name nicht einfällt.«
Lilly blieb stehen. Sie sah zu ihrer Tante hinüber, doch Ruth Elliott wandte den Blick ab. Es gab keinen Ausweg.
»Sein Name ist Charles Haswell, Sir«, sagte Lilly. »Er ist mein Vater.«
Sie warf einen Blick zur Seite und sah, dass Roger Bromley sie anstarrte und Dr. Graves den Kopf schüttelte.
Am Ende dieses verwirrenden Abends brachte Lilly Dr. Graves zur Tür.
»Nun, das war ein Abend der Überraschungen für uns alle«, begann er. »Die Tochter eines Apothekers …« Er holte tief Luft. »Jetzt ist mir alles klar. Was Sie für Mr Price-Winters getan haben, ihre Kenntnis der lateinischen Sprache … warum haben Sie es mir denn nicht gesagt?«
»Meine Tante möchte nicht, dass es sich herumspricht.«
»Warum denn nicht? Damit Sie sich unter falschen Vorspiegelungen einen Gentleman angeln können?«
Sie drehte sich um und sah ihn zornig und entschlossen an. »Bitte, betrachten Sie sich nicht als geangelt, Dr. Graves. Sie sind im Gegenteil völlig frei.«
Er öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder und sagte nichts. Anscheinend wollte er gerade neu ansetzen, als Roger Bromley aus dem Esszimmer trat und leise die Tür hinter sich schloss. Ihre Tante und Mrs Bromley waren noch im Wohnzimmer, wo Tante Elliott zweifellos nach Kräften Schadensbegrenzung betrieb.
Dr. Graves verbeugte sich steif. »Dann gute Nacht, Miss Haswell. Bromley.«
Als sich die Tür hinter Dr. Graves schloss, nahm Roger Bromley ihren Arm und führte sie behutsam zu einer gepolsterten Bank neben der Treppe. Sie setzte sich und er nahm neben ihr Platz.
»Das Ganze tut mir sehr leid. Ich glaube nicht, dass meine Eltern Sie quälen wollten. Meine Mutter hat es immer sehr mit der Herkunft. Mein Vater ist tief beeindruckt. ›Die Tochter eines echten Wunderheilers‹, sagte er. ›Nicht schlecht, so jemand in der Familie zu haben.‹« Er sah sie an, als ihr die Bedeutung seiner Worte klar wurde. »Ich muss sagen, ich bin ganz seiner Meinung.« Er nahm ihre Hände. »Für mich spielt das alles keine Rolle.«
Aber er weiß nicht alles , dachte Lilly, wenn er es wüsste, würde es sehr wohl eine Rolle spielen .
»Ich schätze Sie so, wie Sie sind, Miss Haswell. Ohne den Snobismus und die Vornehmtuerei, die ich gewohnt bin.« Er grinste. »Und absolut keine Strafe anzuschauen.«
Einen Augenblick lang tat ihr das Herz weh, aber dann dachte sie an ihre unausgesprochenen Geheimnisse und an seine Gefühle für eine andere Frau und lächelte freundlich.
»Mr Bromley, ich danke Ihnen. Aber Sie haben es selbst ausgesprochen: Sie schätzen mich. Ich schätze Sie ebenfalls. Aber lieben – Ihre Liebe, glaube ich, gehört einer anderen.«
»Sie meinen Miss Whittier?«
Sie nickte. »Sie können es nicht leugnen. Ihr Gesicht verrät Sie, jedes Mal, wenn Sie sie anschauen.«
Er zog eine Grimasse. »Aber sie will mich nicht. Das hat sie schon gesagt.«
»Vielleicht. Aber Sie dürfen die Hoffnung nicht aufgeben. Immerhin hat sie noch keinen anderen geheiratet, oder?«
Seine Antwort kam fast stöhnend: »Nein.«
»Sie sind ein echter Gentleman, Mr Bromley. Die Frau, die ihr Herz besitzt, kann sich glücklich schätzen!«
»Miss Whittier ist anderer Ansicht als Sie.«
»Im Moment vielleicht noch.«
Sie drückte freundschaftlich seine Hand, bevor sie ihm die ihre entzog. »Vielleicht können wir etwas tun, um die Dinge ein wenig zu beschleunigen.«
14
Der Empfänger zahlte teuer dafür … vier Pennys kostete der Brief, der aus einem einzigen großen Blatt Papier bestand,
das mehrmals gefaltet und mit Wachs versiegelt war.
Sharon Laudermilk und Theresa Hamlin, The Regency Companion
Am folgenden Montag kam ihr Onkel in die Bibliothek und nahm ihr gegenüber Platz. Seine Schultern waren hochgezogen, die Ellbogen hatte er auf die Knie gestützt und sein Gesicht war in tiefe, nachdenkliche Falten gelegt.
Lilly ließ den
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