Das Geheimnis der Apothekerin
Krankenhaus kommen. Aber ich hoffe sehr, dass wir später noch miteinander reden können. Werden Sie zu der Gesellschaft mit Tanz und Kartenspiel bei den Bromleys kommen? Ich bin freundlicherweise eingeladen worden.«
»Ich glaube, wir werden ebenfalls hingehen«, sagte Lilly. Wenn man sie nach den neuesten Enthüllungen nicht wieder auslud.
»Dann sehe ich Sie also dort.«
Lilly hatte kein besonderes Faible fürs Kartenspiel, aber sie war gespannt auf das Heim der Bromleys, das, wie man hörte, ständig im Umbau begriffen war. Wände wurden eingerissen, Zimmer hinzugefügt oder miteinander verbunden, Böden neu verlegt. Im Augenblick prunkte es im klassizistischen Stil, wobei auf der Galerie und im Erdgeschoss zudem exotische ägyptische Kunstwerke, chinesische Laternen, italienische Ölbilder, Schattenbilder und Radierungen zu sehen waren, die den Räumen eine museumsartige Atmosphäre verliehen.
Als Lilly am Freitagabend in das überfüllte Vestibül trat, sah sie gerade noch, wie Susan Whittier den Kopf schüttelte und sich von Roger Bromley abwandte. Im Weggehen bewegte sie langsam ihren Fächer – eine Geste, die besagte: Verschwende nicht deine Zeit. Mir liegt nichts an dir.
Der klägliche Ausdruck auf Rogers Gesicht griff Lilly ans Herz. Sie bahnte sich einen Weg durch die Menge und lächelte ihn mitleidig an. »Wieder einmal abgeblitzt?«
»Miss Haswell. Welch eine Freude.« Er seufzte. »Ja, leider. Wenn nur alle Frauen so liebenswürdig wären wie Sie.« Er verbeugte sich tief vor ihr. Als sie daraufhin knickste, spürte sie die Augen ihres Onkels und ihrer Tante voller Begeisterung auf sich ruhen.
»Gehen wir ein Stückchen?« Er deutete mit einer lässigen Handbewegung auf die lange Galerie vor ihnen.
»Ja, gern.«
Er bot ihr seinen Arm und sie nahm ihn. Sie hoffte, dass Susan Whittier es sah.
Er führte sie die Galerie entlang und zeigte ihr zwei neue Gemälde, die seine Eltern auf ihrer letzten Romreise erworben hatten. »Sie haben natürlich recht«, begann Roger ruhig, »Ich kann nicht leugnen, dass ich Susan Whittier schon lange und leidenschaftlich bewundere. Ich glaube, inzwischen weiß es alle Welt und bemitleidet mich, einschließlich Miss Whittier selbst, die offenbar ihre Freude daran hat, mich zu quälen.«
Lilly konnte ihm nicht widersprechen.
Sie spazierten die Galerie entlang. Einmal blieb er noch stehen und zeigte ihr eine schlichte Holzschnitzerei, die Admiral Roth, der Bruder seiner Mutter, aus Jamaica mitgebracht hatte.
Dann führte er sie in die Bibliothek, wo das Holz und die in Leder gebundenen Folianten sanft im Licht der an der Decke aufgehängten Lampen und der beiden Kandelaber auf dem Schreibtisch schimmerten.
Er wandte ihr sein Gesicht zu und hielt ihre Hand fest. »Ich schätze Sie hoch, Miss Haswell«, sagte er in elegischem Flüsterton. »Ich darf wohl nicht darauf hoffen, dass Sie meinen Antrag annehmen, obwohl Sie wissen, dass mein Herz einer anderen gehört?«
Wie freundlich er war. Ein untadeliger Gentleman. Einen Augenblick geriet sie in Versuchung, doch dann dachte sie an ihre Mutter und Quinn und ein Schauer lief ihr über den Rücken. Bedauernd schüttelte sie den Kopf. Sie würde keinen Mann heiraten, der sich nach einer anderen verzehrte.
»Roger, da bist du ja.«
Rogers Mutter kam in die Bibliothek. Hinter ihr betrat Susan Whittier den Raum, zögerte jedoch, als sie Lilly sah. Lilly konnte sich gut vorstellen, was für ein Bild sie und Mr Bromley abgaben, wie sie Hand in Hand hier im Kerzenlicht standen. Sie hoffte, dass die Szene den gewünschten Effekt hatte.
Mrs Bromley lächelte schmallippig. »Susan und ich haben uns schon gefragt, wo du wohl bist.«
Miss Whittier wechselte ihren Fächer von einer Hand in die andere. Du hast also durchaus noch einen Blick für andere Frauen . Ob Roger wohl den eifersüchtigen Ausdruck auf ihrem Gesicht auch sah?
Mrs Bromley entschuldige sich bei Lilly, musste aber darauf bestehen, dass Roger mitkam und mit ihr zusammen die Gäste begrüßte, da sein Vater diesen Posten verlassen und sich bereits zu einem Pharospiel in den Salon zurückgezogen hatte.
Roger Bromley lächelte entschuldigend. Lilly und er wussten sehr wohl, dass seine Mutter froh war, einen Grund zu haben, ihn von ihr fortzulotsen.
Allein gelassen ging Lilly an den Regalen in der Bibliothek entlang und blieb stehen, um einen schönen Globus mit herrlich geschnitztem hölzernem Fuß zu bewundern. Wie jedes Mal erinnerte der Anblick eines
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