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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Binsen war der Boden mit Teppichen ausgelegt, feines Pelzwerk bedeckte die Bettstatt gegenüber dem Eingang, flankiert von zwei Truhen, die mit ornamentenreicher Schnitzerei geschmückt waren. Inmitten des Zeltes stand ein niedriger Tisch, umgeben von bunten Polstern.

    Im Gegensatz zu dieser offensichtlich kostbaren Ausstattung war der betagte Jude, der sich bei Bandolfs Eintritt erhoben hatte, in einen schlichten schwarzen Kaftan gehüllt. Ein flaches, rundes Käppchen bedeckte sein graues Haupthaar. Das schmale Gesicht war mit unzähligen Falten durchzogen, und die rosige Haut wirkte so dünn wie zerknittertes Pergament. Ein grauer Bart, der ihm bis über die Brust reichte, ließ Kinn und Mund nur erahnen. Obwohl er um gut eine Haupteslänge kleiner war als der Burggraf, drückte seine aufrechte Haltung Würde aus, die ihn größer erscheinen ließ.
    »Schalom, Burggraf«, begrüßte er Bandolf mit einer Verbeugung, nachdem er den Söldner mit einem Wink entlassen hatte. »Euer Besuch ehrt mich. Nehmt Platz an meinem Tisch und seid mein Gast.« Der Blick, den er Bandolf aus seinen tief liegenden dunklen Augen zuwarf, schien ebenso wachsam wie erwartungsvoll zu sein.
    »Ihr seid mir voraus und wisst, wer ich bin«, bemerkte Bandolf, während er sich vorsichtig auf dem ungewohnten Polster niederließ. »Ihr hörte, dass Ihr aus Worms kommt. Sind wir uns schon einmal begegnet?«
    »Nicht von Angesicht zu Angesicht«, erwiderte der alte Jude und nahm ihm gegenüber Platz. »Mein Name ist Jehuda ben Eliesar. Vor zwei Generationen hat sich meine Familie in Worms niedergelassen, und obgleich ich naturgemäß viel auf Reisen bin, ist die Stadt mein Zuhause.« Ein gewinnendes Lächeln vertiefte die Falten in seinem Gesicht. »Ihr habt einen guten Leumund in Worms, Burggraf, und der Scholasticus des Domstifts spricht von Euch als gerechtem Mann.«
    »Ihr kennt Bruder Goswin?«, fragte Bandolf erstaunt.
    Jehuda nickte. »Der Dombruder ist zuweilen Gast in meinem Haus. Einer meiner Söhne, Joschua, studiert die
Tora, und er und der Dombruder pflegen sich die Köpfe über die Bücher Mosches heißzureden.«
    Eingedenk der heftigen Debatten, die er selbst gelegentlich mit seinem Freund über die Werke der alten Römer führte, lächelte Bandolf. »Ja, das glaube ich gern.« Dann fragte er: »Wann habt Ihr Worms verlassen?«
    »Eurer Zeitrechnung nach war es Anfang des Monats Juli, als ich …« Jehuda unterbrach sich, als sein Mundschenk ins Zelt trat und eine Schale mit Spezereien wie auch eine Karaffe auf den niedrigen Tisch stellte. Bandolf klaubte seinen Becher aus einem Beutel an seinem Gürtel. Während er sich einschenken ließ, warf er einen Blick auf das Gebäck in der Schale und unterdrückte ein Seufzen. Etwas Herzhafteres, etwa Brot und Käse, wäre ihm willkommener gewesen. Doch als er den Wein gekostet hatte, fühlte er sich entschädigt.
    »Ein vortrefflicher Roter«, lobte er, nachdem der Mundschenk das Zelt verlassen hatte.
    Dankend neigte Jehuda den Kopf. »Er stammt aus Spanien. Sie nennen ihn dort Romanier. Mein Mundschenk pflegt ihn mit einer Spur Nelken, Zimt und Honig zu versetzen, nur eine Kleinigkeit, damit das Aroma der Traube nicht gestört wird«, erklärte er. Wie beiläufig fügte er hinzu: »Zwei Fass zum Erwerb könnte ich Euch noch anbieten. «
    »Davon bin ich überzeugt«, meinte Bandolf erheitert.
    Eine Weile verging mit müßiger Plauderei, die der Burggraf nutzte, um Neuigkeiten aus Worms zu erfahren. Rasch stellte er fest, dass der alte Händler nicht nur unterhaltsam zu erzählen wusste, sondern auch in vielen Dingen beschlagen war. Als er schließlich zum Gegenstand seines Besuchs zurückkehrte, bedauerte er, das angeregte Gespräch abbrechen zu müssen.

    »Ich bin nicht um eines Handels willen in Euer Lager gekommen«, sagte er nach einem Räuspern.
    Jehuda seufzte. »Bedauerlich, doch ich hatte es mir gedacht. Tatsächlich hatte ich Euren Besuch schon früher erwartet. «
    Fragend hob Bandolf eine Braue.
    »Wenn sich in der Nähe eines Juden ein Unglück ereignet, wird gewöhnlich der Jude verdächtigt. Daher habe ich Euch erwartet, seit ich von der Ermordung des jungen Mönchs erfuhr«, meinte der alte Händler gleichmütig.
    »Hätte ich Grund, Euch zu verdächtigen?«
    »Ausgenommen, dass ich Jude bin?« Jehuda schüttelte den Kopf. »Ich hörte, dass der Leichnam des jungen Mönchs kurz nach der Sext gefunden wurde. Das heißt wohl, dass er vor der Sext ermordet wurde. Und da ich

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