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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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sorgsam gehütete Geheimnis meines Mundschenks. «

    »Was verlangt Ihr dafür?«
    In die Augen des alten Juden trat ein Funkeln. »Für eine Unze achtzig Schillinge Silber.«
    »Achtzig Schillinge?«, rief Bandolf. »Bei allen Heiligen! Wollt Ihr mich an den Bettelstab bringen?« Mit gerunzelter Stirn schüttelte er den Kopf. »Ich gebe Euch vierzig.«
    »Wenn Ihr bedenkt, dass Kardamom noch schwerer zu bekommen ist als Pfeffer, dann seid Ihr mit achtzig Schillingen für die Unze beschenkt«, meinte Jehuda. Er stieß ein tiefes Seufzen aus. »Aber gut. Weil Ihr im Grunde mein Nachbar seid und ich Euch leiden mag, sollt Ihr die Unze für siebzig haben.«
    »Fünfzig Schillinge Silber, und keinen hohlen Pfennig mehr.«
    »Sechzig Schillinge, und ich habe Euch die Unze nachgeworfen. «
    »Sechzig Schillinge beträgt der Königsbann in Worms«, brummte der Burggraf. »Dafür könnte ich mich eines lästigen Kämmerers entledigen, anstatt meinen Wein damit zu würzen.« Mit einem unterdrückten Stöhnen dachte er an Matthäa, für die er sich die Unze des fremden Gewürzes als Geschenk wünschte, zog eine Grimasse und nickte schließlich. »Also schön. Gebt mir für die sechzig Schillinge noch ein Fass des spanischen Roten mit dazu, und wir sind einig.«
    Er streckte die Hand aus. Jehuda zögerte einen Lidschlag lang und schien zu überlegen, doch dann schlug er ein. »Gemacht, Burggraf. Ich lasse beides noch heute auf die Buchenburg bringen.«
    Überzeugt davon, dass der gewiefte Jude ihm das Fell über die Ohren gezogen hatte, verließ Bandolf das Lager. Als er sich am Rand der Lichtung noch einmal umdrehte, sah er Jehuda ben Eliesar noch immer vor dem Zelt stehen
und ihm mit nachdenklich geneigtem Kopf hinterherschauen.
     
    Schon nach der Vesper traf die Lieferung des Juden auf der Buchenburg ein. Zu Bandolfs Überraschung brachte Jehudas Mann jedoch nicht nur das kostspielige Gewürz und den Wein, den Bandolf erstanden hatte, sondern überreichte dem Burggrafen auch noch ein schweres, in Leinen eingeschlagenes Bündel.
    »Ein Geschenk meines Herrn für Euch«, richtete der Bote aus. »Mein Herr hat gehört, dass Ihr Euch für die Werke der Römer zu begeistern wisst. Er hofft, Ihr würdet auch an diesem Werk Gefallen finden, und empfiehlt, Euer Augenmerk insbesondere auf den ersten Teil und hierbei auf den fünfundzwanzigsten Abschnitt zu richten.«
    »Warum gerade dieser Abschnitt?«, erkundigte sich der Burggraf, doch der Bote zuckte nur mit den Schultern.
    Als der Mann gegangen war, schlug Bandolf neugierig das Tuch beiseite. Leise pfiff er durch die Zähne. Zwischen den silberbeschlagenen und mit feinem Kalbsleder überzogenen Buchdeckeln prangte die Abschrift der »Res gestae Saxonicae«, ein Werk über den Stamm der Sachsen, das der Mönch Widukind von Corvey vor über hundertfünfzig Jahren für die Tochter Kaiser Ottos verfasst hatte.
    Eine solche Abschrift überstieg gewiss den Preis, den Bandolf für das fremdländische Gewürz berappt hatte. Was, in aller Welt, mochte Jehuda ben Eliesar veranlasst haben, ihm ein so kostbares Geschenk zu machen?
    Ehrfurchtsvoll blätterte der Burggraf ein Blatt Pergament nach dem anderen um, bewunderte die Federzeichnungen am Rand des Textes und bestaunte die akkurate Schrift des Kopisten.
    Das Werk war in drei Teile gegliedert, diese wiederum
in Abschnitte, und behandelte den Werdegang der Sachsen vom Ursprung des Stammes bis zum Aufstieg des sächsischen Geschlechts der Ottonen.
    Als Bandolf schließlich im ersten Teil den Abschnitt fünfundzwanzig gefunden hatte, begann er zu lesen:
    » Rex autem profectus in Baioariam dimicavit cum Arnulfo … Der König aber zog nach Bayern und kämpfte mit Arnulf …«, hieß es da.
    Der Abschnitt erzählte von Konrad I., der König über die Franken gewesen war, bevor die Krone auf das sächsische Geschlecht der Ottonen übergegangen war. König Konrad habe gegen den bajuwarischen Herzog Arnulf gekämpft und sei verwundet worden, schrieb Widukind. Als er sein Ende nahen fühlte, habe König Konrad beschlossen, dass die Krone nicht auf seinen Bruder übergehen solle, da Konrads Geschlecht glücklos sei, sondern stattdessen an den starken Sachsenherzog Heinrich, der mit mehr Glück gesegnet sei. So wies der sterbende König seinen Bruder an, die Reichsinsignien nach seinem Tod den Sachsen zu bringen, zum Zeichen, dass Herzog Heinrich von Sachsen der nächste König werden solle.
    Der Abschnitt endete mit » Post haec autem rex ipse

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