Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
Ohren gekommen?«, forschte er.
    »Mit Geschichten über die Bequemlichkeit des Abts könnte ich Euch erheitern, doch mehr gibt es wohl nicht über ihn zu sagen«, antwortete Jehuda und lächelte. »Was allerdings den Prior betrifft …« Sein Lächeln verschwand. Er senkte die Lider, und es schien Bandolf, als wähle er seine nächsten Worte mit Bedacht: »Hier im Harudengau habe ich nichts gehört, was ihm zum Nachteil gereichen würde.«
    »Anderswo?«
    Als Jehuda aufblickte, war seine Miene ernst: »Ein Gerücht, Burggraf, nichts weiter.«
    »Und was besagt dieses Gerücht?«
    »Es heißt, als junger Mann sei Prior Ordlaf Mönch in einem Kloster bei Magdeburg gewesen, doch musste er es wegen einer verbotenen Neigung verlassen.«
    »Dacht’ ich mir’s doch: ein Weib!«, entschlüpfte es Bandolf.
    Jehuda schüttelte den Kopf. »Es heißt, seine Neigung sei wider die Natur gewesen.«
    Für einen Augenblick starrte Bandolf ihn ungläubig an, dann verzog er die Lippen vor Abscheu. Unversehens tauchten vor seinem inneren Auge Prosperius’ hochrote Wangen auf, und er knirschte hörbar mit den Zähnen.
    ›Wenn sich herausstellt, dass dieser Hundsfott sich an dem Bengel vergriffen hat, breche ich ihm alle Knochen‹, schwor er sich.

    »Wie ich schon sagte, Burggraf, von einer Anschuldigung kann nicht die Rede sein«, drang Jehudas Stimme in seine vergeltungsträchtigen Gedanken. »Nur in Magdeburg munkelte man eine Zeitlang hinter vorgehaltener Hand darüber. Hier im Harudengau habe ich davon noch nie reden hören. Es mag wahr sein, womöglich ist es aber auch nur eine üble Verleumdung, um dem Prior zu schaden.«
    Bandolf biss sich auf die Lippe. Prior Ordlaf wäre nicht der erste Mönch, dem man mit solch übler Nachrede die ehrgeizigen Flügel gestutzt hätte. Prosperius und Wynstan konnten von diesem Gerücht gehört haben, was ihr peinlich berührtes Verhalten auf Bandolfs Frage nach Bruder Ordlaf durchaus erklären würde.
    Doch wenn der Prior …
    Widerstrebend lockerte Bandolf seine Hände, die er unwillkürlich zu Fäusten geballt hatte. Wenn der junge Adelbald von diesem Gerücht gewusst und es benutzt hatte, um sich den Prior für eigene Zwecke geneigt zu machen, dann hatte er womöglich deshalb sterben müssen. Denn ob der Prior nun einer solchen Neigung tatsächlich frönte oder nicht – es würde ihn mehr als nur das Amt des Abtes kosten, wenn ein solcher Verdacht erst in aller Munde wäre. Eben damit mochte Adelbald gedroht haben, und womöglich auch der Novizenmeister.
    Aber wie passte jenes Kleinod, nach dem der Prior so dringlich zu suchen schien, in diese Überlegung hinein? Bandolf runzelte die Stirn.
    Unvermittelt hob er den Kopf. »Ist Euch irgendetwas über einen Gegenstand zu Ohren gekommen, das aus dem Kloster verschwunden ist? Ein Kleinod, das womöglich gestohlen wurde?«
    Jehuda warf ihm einen raschen Blick zu, ehe er die Lider senkte und sein Augenmerk auf die Schale mit den Spezereien
richtete. Langsam griff er nach einem der Gebäckstücke und betrachtete es, als könne er sich nicht entscheiden, ob es seinem Geschmack entspräche oder nicht.
    »Welche Art von Kleinod sollte das sein?«, fragte er endlich.
    »Vielleicht eine Reliquie, vielleicht aber auch ein persönlicher Gegenstand.«
    »Genaueres wisst Ihr nicht?«
    Als Bandolf verneinte, sah Jehuda auf. Ein eigentümliches Lächeln lag auf seinem Gesicht.
    »Wenn ein solches Kleinod aus dem Kloster abhandengekommen ist, man Euch aber nicht davon unterrichtet hat, dann wünscht man sein Verschwinden offenbar geheim zu halten. Warum sollte man in diesem Fall ausgerechnet einem jüdischen Händler davon Mitteilung machen?«
    »Ihr weicht mir aus«, stellte Bandolf mit Schärfe fest.
    Jehuda seufzte. »Ich würde Euch gerne weiterhelfen, aber Euch ausgenommen, hat mich bislang niemand nach einem solchen Kleinod gefragt.«
    Das bohrende Gefühl im Magen, dass der Jude ihm etwas verschwieg, forschte Bandolf in den faltenreichen Zügen. Schließlich hievte er sich aus dem weichen Polster hoch, um sich zu verabschieden. Jehuda ben Eliesar begleitete ihn hinaus.
    Vor dem Zelt blieb Bandolf stehen. »Wie heißt das Gewürz, das Euer Mundschenk dem Wein noch beigemischt hat – das, welches Ihr bei Eurer Aufzählung verschwiegen habt?«, wollte er wissen.
    Für einen Augenblick sah der Jude ihn verdutzt an, dann warf er den Kopf in den Nacken und lachte. »Oi Gwalt! Kardamom, Burggraf, das Gewürz heißt Kardamom. In der Tat ist es das

Weitere Kostenlose Bücher