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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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zwei Tage höchstens, um Matthäa zu entführen und die Drohung für Bandolf auf den Weg zu bringen.
    Verdammnis! Die Zeit wäre wohl knapp bemessen gewesen, doch sie hätte ausgereicht. Und Gott mochte wissen, warum ihm Garsende keine Botschaft geschickt hatte. Vielleicht hatte sie es getan, und die Nachricht war abgefangen worden. Womöglich war sie auch bei Matthäa gewesen, als man sie entführt hatte, und da man für die Heilerin keine Verwendung hatte, war sie vielleicht schon tot.
    Entmutigt fuhr sich Bandolf durchs Haar.
    Nur wenige Stunden zuvor hätte er noch bezweifelt, dass jemand solche Mühen auf sich nehmen würde, nur um ihn davon abzuhalten, Nachforschungen über den Mord an zwei Mönchen anzustellen. Doch nachdem er begriffen hatte, worauf ihn dieser Passus in Widukinds Handschrift aufmerksam machen sollte, war ihm auch klar geworden, mit welcher Art von Widersachern er es zu tun hatte. Männer, die sich nicht scheuten, sich an einem Reichskleinod wie der Heiligen Lanze zu vergreifen, der machtvollsten Reliquie, die der König besaß, mussten nicht nur einen bestimmten
Plan verfolgen – sie mussten auch über Macht und Einfluss verfügen. Wer immer dahintersteckte, durfte sich keine Fehler erlauben. Solche Männer würden sich auch nicht scheuen, sein Weib zu rauben, um zu verhindern, dass er ihre Pläne stören würde. Und sobald Matthäa ihren Nutzen verloren haben würde, würde man sie …
    Und wenn er sich irrte? Vielleicht hatte er sich etwas völlig Falsches zusammengereimt, hatte den Passus gänzlich missdeutet? Womöglich …
    Tief grub Bandolf die Zähne in seine Lippe.
    »Herr, der Bote ist nicht aufzufinden«, riss ihn Herwalds Stimme aus den Gedanken. »Ich habe einige Männer ausgeschickt, die sich im weiteren Umkreis nach ihm umtun. «
    Für einen Augenblick starrte der Burggraf ihn verständnislos an, während er sich abwesend das Blut von den Lippen wischte.
    Dann stand er entschlossen auf. »Ich brauche ein halbes Dutzend Männer, ausgeruhte Pferde und Proviant für fünf Tage. Bei Sonnenaufgang breche ich auf«, befahl er mit einer Stimme, die ihm in seinen eigenen Ohren fremd klang.
    »Wohin, Herr?«, fragte der Marschalk.
    »Ich reite nach Worms.«
     
    Obwohl der Burggraf keinen Zweifel daran gelassen hatte, dass er nicht die geringste Verzögerung dulden würde, dauerte es doch geraume Zeit, bis er seine dringlichsten Angelegenheiten geregelt hatte.
    Es war nach der Terz, und die Sonnenstrahlen leckten gierig nach dem letzten Tau, der noch auf der Blütenpracht am Ufer des Quellbachs funkelte, als er mit seinem kleinen Gefolge über die Zugbrücke ritt.

    Während er seinen Braunen auf den Hohlweg lenkte, warf Bandolf unwillkürlich einen Blick auf den gegenüberliegenden Mittelberg, wo das Kloster Sankt Mauritius hinter dem undurchdringlichen Grün der Bäume verborgen lag.
    Grimmig knirschte er mit den Zähnen. Sein Entschluss, nach Worms zu reiten, konnte Prosperius die Freiheit und womöglich auch das Leben kosten. Dennoch hatte er keinen Lidschlag lang gezögert. So sehr er dem Bengel auch zugetan war, konnte er für Prosperius doch nicht das opfern, was ihm das Liebste war: Matthäa und seinen ungeborenen Sohn.
    Der kleine Trupp des Burggrafen hatte kaum die Hälfte des Abstiegs hinter sich gebracht, als eine stattliche Anzahl bewaffneter Reiter am Fuß des Buchenfels auftauchten und vor dem Pfad nach oben Halt machte. In ihrer Mitte befand sich eine Sänfte.
    Überrascht hob Bandolf die Hand, um seine Männer zum Stehen zu bringen, während er mit zusammengekniffenen Augen nach unten spähte.
    Die Reiter waren abgestiegen, und aus der Sänfte kletterte ein stattlich gewachsener Mann. Juwelen funkelten am breiten Kragen seiner Albe auf, als er sich aufrichtete und seine Mitra zurechtrückte. Dann begann er, auf seinen Stab gestützt, den Aufstieg zur Buchenburg, sein Gefolge im Schlepptau.
    »Verdammnis! Auch das noch«, fluchte Bandolf laut, als er den Mann erkannte.
     
    Die Ankunft des unerwarteten Besuchers hatte den Burggrafen zur Rückkehr in seine Halle gezwungen. Obwohl Ingild dem hohen Gast mit einer Stärkung aufwartete, die Bandolf zu jeder anderen Zeit zu würdigen gewusst hätte,
gelang es ihm kaum, ein paar Bissen hinunterzuwürgen. Der Anblick seiner Eminenz, des Erzbischofs von Bamberg, verursachte ihm mehr als nur ein flaues Gefühl im Magen.
    Hermann von Bamberg war ihm um etliche Jahre voraus. Bereits ergrautes Haar umrahmte seine kräftigen Züge,

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