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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Bandolf mit einem Anflug von Sarkasmus.
    »Unter den Goldschmieden, die für eine solche Aufgabe geeignet sind, fiel die Wahl des königs auf einen jüdischen Goldschmied in Worms, der weit über die Stadt hinaus für seine Kunstfertigkeit bekannt ist. Als der König zu Ostern in Worms Aufenthalt nahm, wurden die Einzelheiten besprochen und die Vorgehensweise festgelegt.« Hermann von Bamberg seufzte. »Zweifellos wäre es klüger gewesen, hätte Heinrich die Lanze dazumal dem Goldschmied übergeben. Doch angesichts seiner bevorstehenden Vermählung zu Pfingsten glaubte der König, die Reichsinsignien vollzählig zur Hochzeit in Tribur zu benötigen. Da er gleich nach der Vermählung einen längeren Aufenthalt in Goslar geplant hatte, wurde vereinbart, dass die Lanze von Goslar aus zum Kloster Sankt Mauritius geschafft werden sollte.«

    »Warum just dieses Kloster?«, warf Bandolf ein.
    »Dafür gab es zwei Gründe«, antwortete der Erzbischof. »Zum einen besitzt das Kloster eine Reliquie des heiligen Mauritius, jenes Märtyrers, in dessen Händen sich die Lanze einst befand. Wir glaubten, der Heilige wüsste die Lanze wohl zu beschützen. Zum anderen führt die Handelsroute des jüdischen Kaufmanns Jehuda ben Eliesar von Quedlinburg über Egininkisrod zurück nach Worms. Der Jude handelt vorwiegend mit Erz und Silber aus dem Harudengau und besitzt den besten Ruf. Noch niemals hat er seine Waren an Wegelagerer verloren. Deshalb wurde er damit beauftragt, die Lanze hier in Empfang zu nehmen, sie unter seinen Gütern zu verstecken und nach Worms zu schaffen.«
    Daher also hatte der alte Jehuda von der Lanze gewusst! Darum hatte das Lager des Kaufmanns den Eindruck von Müßiggang erweckt. Er wartete darauf, seinen Auftrag erfüllen zu können. Die Übergabe hatte nicht wie vorgesehen stattgefunden, und gewiss war dem Juden mit äußerst unangenehmen Folgen für sich und die Seinen gedroht worden, falls er sein Schweigen bräche oder der Plan fehlgehen sollte. Hatte der Abt Jehuda die Wahrheit gesagt, oder war er damit abgespeist worden, die Übergabe würde sich verzögern? Offenkundig hatte Vater Hademar versucht, die Lanze auf eigene Faust wiederzubeschaffen, bevor er nach Goslar gereist war, um dem König ihr Verschwinden einzugestehen. Nachdem aber einige Zeit verstrichen war, ohne dass die Übergabe erfolgt wäre, musste Jehuda Angst bekommen haben. Und weil der Burggraf ohnehin auf der Suche nach Bruder Adelbalds Mörder war und der Jude wohl vermutete, dass der junge Mönch in irgendeiner Weise in das Verschwinden der Lanze verstrickt war, hatte er sich an Bandolf gewandt. Doch er durfte sein Schweigen nicht brechen.
Also hatte er ihm eine versteckte Botschaft in Form von Widukinds Handschrift zukommen lassen.
    »Um einen Raub des Kleinods zu verhindern, unterlag das ganze Vorhaben natürlich der strengsten Geheimhaltung. Nur wenige der engsten Vertrauten des Königs wussten darüber Bescheid«, holte der Erzbischof Bandolf aus seinen Gedanken.
    Die Mundwinkel zu einem spöttischen Lächeln verzogen, unterließ der es, dem Erzbischof mitzuteilen, was er von der Verschwiegenheit bei Hof hielt.
    »Wer wusste in Sankt Mauritius darüber Bescheid, dass sich die Reichsinsignie für eine kleine Weile im Kloster befinden würde?«, fragte er stattdessen.
    »Nur der Ehrwürdige Vater und sein Prior.«
    »Was ist mit dem Bruder Sakristan? Wenn die Lanze in der Schatzkammer gehütet wurde, musste dann nicht auch er eingeweiht sein?«
    Der Erzbischof schüttelte den Kopf. »Dem Bruder Sakristan war nur bekannt, dass vorübergehend eine Truhe in der Silberkammer aufbewahrt wurde.«
    »In einer Truhe also«, überlegte Bandolf laut. »War sie verschlossen?«
    Als Hermann von Bamberg nickte, fragte er: »Und wer besaß den Schlüssel?«
    »Nur der Ehrwürdige Vater. Der Schlüssel sollte zusammen mit der Truhe an den Juden übergeben werden.« Der Erzbischof lächelte. »Bevor Ihr Euch aber wegen des Schlüssels den Kopf zerbrecht, Burggraf: Die Truhe wurde aufgebrochen, als der Dieb die Lanze entwendete. Das Wissen, wer den Schlüssel hatte, ist demnach wertlos.«
    In der Silberkammer musste mehr als nur diese eine Truhe stehen. Der Dieb musste also gewusst haben, welche Truhe er aufbrechen musste, um an das Kleinod zu gelangen.
Und von wem hätte er das erfahren können, wenn nicht von Vater Hademar oder dem Prior?, ging es Bandolf durch den Kopf. Hatte Vater Hademar ein unbedachtes Wort darüber fallen lassen? Oder

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