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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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schien stets ein Auge auf uns Novizen zu haben, und irgendwann bemerkten wir, dass er just Wynstan ganz eigentümliche Blicke zuwarf. Wir zogen Wynstan damit auf und dachten, es wäre wegen der Farbe seines Haars«, berichtete er endlich in zusammenhängenden Sätzen. »Dann war Wynstan eines Tages in der Marienkapelle der Kirche und wischte den Boden, als der Prior hinzukam. Wynstan sähe blass aus, meinte er und fragte, ob er sich nicht wohlfühle. Dabei legte er ihm den Arm um die Schulter. Zuerst hatte sich Wynstan nichts dabei gedacht. Doch der Prior ließ nicht von ihm ab und begann, ihn … nun … zu kosen. Bevor Wynstan aber noch recht begriffen hatte, was geschah, tauchte Bruder Edmund plötzlich in der Marienkapelle auf und bat Prior Ordlaf, ihm zu folgen.« Der junge Schreiber räusperte sich. »Wynstan war noch ganz bestürzt, als er mir von dem Vorfall erzählte. Ich meinte, er solle es Vater Abt berichten, aber das wollte er nicht. Und ich dürfe auch niemandem davon erzählen. Das ließ er mich schwören. Es sei ja nichts geschehen, hat er gemeint, und bestimmt hätte er alles nur falsch verstanden. Ich dachte mir ja schon mein Teil, aber weil Wynstan niemals mehr davon sprach …« Mit einem Seufzen schüttelte Prosperius den Kopf.

    »Hat sich der Prior Bruder Wynstan später noch einmal auf diese Weise genähert?«, wollte der Burggraf wissen.
    »Ich glaube nicht. Zumindest hat er nie etwas dergleichen gesagt.«
    »War Bruder Adelbald dabei, als Wynstan dir von dem Vorfall erzählte?«
    »Nein. Wir waren allein«, meinte Prosperius. Dann schürzte er die Lippen und fügte mit einem Anflug von Ärger hinzu: »Was nicht bedeutet, dass er es nicht wusste. Adelbald schien immer alles über jeden zu wissen.«
    ›Er muss es gewusst haben. Und der Novizenmeister ebenfalls‹, dachte Bandolf. »Kennst du Tidread von Krähenburg nur dem Namen nach oder auch von Angesicht?«, fragte er unvermittelt.
    Prosperius runzelte die Stirn und warf ihm einen verwirrten Blick zu. »Er war des Öfteren in der Kirche zur Messe«, sagte er dann.
    »Und an jenem Tag, als Bruder Edmund ermordet wurde, hast Du Tidread nicht unter den anderen Besuchern im Kloster gesehen?«, vergewisserte sich Bandolf.
    Als Prosperius zögernd den Kopf schüttelte, fragte Bandolf scharf: »Bist du dir völlig sicher? Denk genau nach.«
    Gehorsam schloss Prosperius die Augen und schien angestrengt zu überlegen. »Nein, bei meiner Seele, ich schwör’ es Euch, ich habe ihn nicht gesehen«, sagte er schließlich.
    »Und als du in Liutbirgs Klause gewesen bist, hast du da denselben Geruch wahrgenommen, wie dazumal in der Silberkammer? «, fragte der Burggraf weiter.
    Der junge Bursche warf ihm einen neugierigen Blick zu, dann schloss er wieder die Augen. Plötzlich erschien ein triumphierendes Lächeln in seinen Mundwinkeln.

    »Ihr habt recht. Da war auch so ein eigenartiger Geruch«, sagte er eifrig. »Woher wusstet Ihr …?«
    »War es derselbe Geruch?«, unterbrach ihn Bandolf.
    »Ich möcht’s nicht beschwören, aber ich denke schon. Warum wollt Ihr – «
    Mit einer ungeduldigen Geste brachte der Burggraf ihn erneut zum Schweigen. »Eine letzte Frage noch: Was wollte der Prior von dir, als er heute in deiner Zelle gewesen ist?«
    Prosperius zog die Nase kraus. »Das war wirklich eigentümlich«, meinte er. »Zuerst glaubte ich, er wolle mich wieder nach dem Kleinod fragen. Das Kleinod, von dem ich Euch erzählte. Vom dem ich doch nichts weiß. Stattdessen sagte der Prior, er wüsste, dass Adelbald und ich uns als Novizen trotz strikten Verbots des Öfteren davongestohlen hätten, um die Höhlen auszuforschen. Er wollte wissen, ob ich jemals mit Bruder Adelbald in der Bärenhöhle gewesen wäre.«
    Bandolf spürte, wie die Säfte in seinem Magen zu rebellieren begannen. »Und bist du mit Bruder Adelbald je in dieser Höhle gewesen?«, fragte er scharf, als Prosperius verstummte.
    Eine Spur Röte färbte Prosperius’ blasse Wangen. »Die Bärenhöhle ist größer und viel verwinkelter als das Hundsloch oder Liutbirgs Klause. Sie war Adelbalds liebste. Mich gruselte ja darin, aber ich wollte eben nicht hinter ihm zurückstehen«, gestand er.
    »Und das sagtest du dem Prior?«
    Der junge Schreiber nickte.
    »Mit der Bärenhöhle meinst du jene Höhle im Garkenholz? «, wollte Bandolf wissen.
    Zu seiner Überraschung schüttelte Prosperius den Kopf.

    »Nein, die Höhle im Garkenholz ist das Hundsloch. Aber die Höhle, nach der sich der

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