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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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das Ragnold auf den Boden geworfen hatte. Ungelesen steckte er das Pergament in seinen Gürtel. Für einen Augenblick sah Joschua einen kalten Ausdruck in seinen Zügen, der ihn erschauern
ließ. Dann hatte er sich auch schon umgedreht, war auf den Stall zugerannt und verschwand aus Joschuas Sicht.
    ›Jetzt!‹, befahl sich Joschua. Mit zusammengekniffenen Augen vergewisserte er sich, dass auch die beiden Hörigen, die das Tor geöffnet hatten, nicht zu sehen waren.
    Just hatte er sich ein paar Schritte rückwärts bewegt, hörte er das Geräusch klappernder Hufe aus dem Stall kommen. Aus dem Augenwinkel sah er noch, wie sich der Falke in den Sattel schwang und hörte, wie er jemandem befahl, das Tor zu öffnen, ehe er sich flach gegen die Bretterwand des Verschlags zu seiner Rechten drückte.
    Nicht nur er schien die Geräusche der Pferdehufe gehört zu haben. In das Quietschen des Tors hinein hörte Joschua die wütende Stimme des Söldners, der offenbar aus dem Haus gestürmt kam und dem Falken etwas nachrief. Gleich darauf ertönten ein Fluch und die Geräusche eines davonpreschenden Pferds.
    »Was, zum Henker, ist hier los?«, kam Ragnolds Stimme aus der Richtung des Hauses.
    »Wie’s scheint, hat der Falke Fersengeld gegeben«, knurrte der Söldner.
    »Fersengeld? Pah! Ich möchte wetten, dass er schnurstracks zur Kapelle prescht, um sich sein Teil vom Silber zu holen. Zur Hölle mit ihm, das werde ich zu verhindern wissen!« knurrte Ragnold. »Schaff dich in den Stall und sattle die Pferde. Du reitest zum Monsheimer Gehöft, holst Karren und Knechte für das Silber. Wir treffen uns in der Kapelle. Und mach Winand Beine. Er muss die Kisten zum Boot bringen.«
    »Lasst mich zur Kapelle reiten«, drängte der Söldner. »Ich habe mit dem Bastard noch etwas zu begleichen, und von der Hufe aus kenne ich den Weg ohnehin nicht.«zu
    »Du tust, was ich dir sage!«, fuhr Ragnold ihn an. »Die
Knechte wissen, wohin sie den Karren bringen müssen. Mach ihnen Feuer unterm Hintern und sag ihnen, sie sollen dort auf mich warten. Du reitest aber vom Gehöft aus am Bach entlang Richtung Süden, beim nächsten Abzweig links, danach siehst du rechter Hand einen Trampelpfad. Zu schmal für einen Karren, gerade noch breit genug für ein Pferd. So kommst du rascher zur Kapelle.«
    Gleich darauf hörte Joschua Schritte, die zum Stall liefen, und kurze Zeit später den Söldner von dort rufen: »Ihr müsst jemand anderen finden, der die Kisten zum Boot schaffen lässt. Winand ist tot.«
    Für einen Augenblick war es still. Die Stille wurde abgelöst von einem Fluch und einem gebellten: »Du weißt, was du zu tun hast. Mach hin!«
    Und endlich hörte Joschua auch Ragnolds Schritte, die sich entfernten.
    Vorsichtig reckte er den Kopf. Keiner der Männer schien mehr in seiner Sichtweite zu sein. Joschua raffte seinen Kaftan bis über die Knie, drehte sich um und rannte mit wild klopfendem Herzen auf den schmalen Durchlass hinter dem Pachtgrund zu. Atemlos zwängte er sich seitwärts in den engen Gang. Dann blieb er für einen Augenblick stehen und schloss die Augen. Ein schmerzlicher Laut entrang sich seiner Kehle.
    Er war entwischt. Doch wie schnell er auch rennen würde, das Wissen um den Standort der Kapelle käme jetzt womöglich zu spät.

KAPITEL 30
    Worms, 14. Juli im Jahre des Herrn 1066
     
    H eilige Jungfrau«, ächzte Matthäa und presste sich mit schmerzverzogenem Gesicht die Hände auf den prallen Leib.
    Garsende warf ihr einen mitfühlenden Blick zu. »Wieder ein Krampf?«
    »Der zweite heute Morgen«, stieß die Burggräfin zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Einen Augenblick später entspannten sich ihre Züge, und sie holte tief Luft. »Und jedes Mal denke ich: Jetzt ist es soweit«, fügte sie mit einem Seufzen hinzu.
    Unwillkürlich lächelte Garsende. »Noch habt Ihr keine Wehen«, erläuterte sie. »Erst wenn die Krämpfe in regelmäßigen Abständen kommen und länger währen, müssen wir uns vorbereiten.«
    »Und wann wird das sein?«
    »Das lässt sich schwer sagen«, meinte Garsende. Jede Schwangerschaft folgte eigenen Regeln, und der Verlauf entzog sich eigensinnig einer genauen Vorhersage. Es war nicht das erste Mal und würde gewiss auch nicht das letzte Mal sein, dass sie sich um zwei, drei Wochen verschätzt hatte. Doch just bei dieser Niederkunft wünschte sie sich, dass sie den Zeitpunkt genau bestimmen könnte, wann das Kind zur Welt käme, und dass es nicht zu früh sein

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