Das Geheimnis der Burggräfin - Roman
bekomme ein Kind.«
»Jetzt? Nein!«, entfuhr es ihm. »Das ist ein denkbar schlechter Zeitpunkt.«
Ein erstickter Laut, zwischen Lachen und Aufschluchzen, schlüpfte durch Garsendes zusammengepresste Lippen, als sie sah, wie Matthäa ihn mit einem erbosten Blick bedachte.
»Wie weit ist es noch bis zur Abzweigung?«, stieß sie hastig hervor, bevor die Burggräfin noch mehr ihres knappen Atems verschwenden konnte.
»Nicht mehr weit jetzt. Noch eine halbe Wegstunde.«
»Und von dort bis zur Köhlerei?«
»Weniger als eine halbe Wegstunde.«
›Es könnte reichen‹, dachte Garsende. ›Mit Gottes Hilfe könnte es reichen.‹
Das Geräusch des Hufschlags, das schließlich auch in ihre Ohren drang, ließ die vage Hoffnung schwinden. Zwar klang es, als wären die Reiter noch weit entfernt, doch der Waldboden mochte die Geräusche dämpfen.
Plötzlich machte Lothar Halt, und Matthäa ächzte auf, als Garsende noch einen Schritt weitertaumelte, ehe auch sie stehen blieb und entsetzt nach vorne starrte.
»Hörst du das?«, keuchte er. »Pferde.«
Während Garsende spürte, wie ihre Beine ihr den Dienst zu versagen drohten, presste Matthäa sich eine Hand vor den Mund, als wolle sie einen Aufschrei ersticken.
Reiter waren nicht nur hinter ihnen. Es kamen ihnen
auch welche auf dem Weg entgegen, und diese Reiter näherten sich schnell.
»Ragnold und seine Leute«, sagte Lothar matt. »Verdammnis, jetzt sitzen wir in der Falle.«
KAPITEL 33
L othars Niedergeschlagenheit währte nur einen kurzen Augenblick. Rasch sah er sich um, während er Matthäa schon in Richtung Unterholz schob und Garsende leise zurief: »Dort drüben. Eine Mulde bei der Eiche. Siehst du das?«
»Ja, ich sehe sie.«
Hinter sich hörte sie Matthäas unterdrücktes Stöhnen und dann Lothars eindringliche Stimme: »Kommt mir jetzt nicht mit Wehen, Burggräfin, ich flehe Euch an.«
»Sagt das nicht mir«, presste Matthäa atemlos hervor.
Ein Krampf? Die nächste Wehe? Erschrocken warf Garsende einen Blick über ihre Schulter zurück, doch die Burggräfin hielt den Kopf gesenkt, und sie konnte ihr Gesicht nicht sehen.
»Könnten es nicht auch andere Reiter als Ragnold und seine Leute sein?«
Erst als sie die Grube hinter dem modrigen Ast erreicht hatten, gab er ihr Antwort. »Der Weg führt geradewegs nach Monsheim, wo Ragnold ein Gehöft besitzt. Einige von Raouls Burgunden hatten dort vor einiger Zeit Quartier genommen.« Er hatte Matthäa in die Mulde gedrängt. »Jetzt du.«
Umstandslos warf sie sich neben Matthäa, während Lothar neben ihr in die Hocke ging.
Inzwischen war das Hufgetrappel auf dem Weg deutlich näher gekommen.
»Ich fürchte, Ragnold hat den Umweg über sein Gehöft gemacht, um Raouls Männer aufzulesen«, raunte er. »Zwar hatte ich geglaubt, die Burgunden wären längst mit den anderen in Speyer und Worms postiert, aber offenbar habe ich mich geirrt.«
»Wie viele könnten es – ?«
Mit einer unwirschen Geste gebot er ihr zu schweigen.
Das Klappern der Pferde wurde lauter und lauter. Jeden Moment mussten sie in Lothars Sichtweite sein, der über den Ast spähte. Als ein leises Zischen verriet, dass er sein Schwert zog, schloss Garsende die Augen. Auch der Falke würde es mit all den Männern nicht aufnehmen können. Wenn man sie in der Mulde entdeckte …
Die Hufschläge schienen ihr jetzt laut wie Donner in den Ohren zu hallen.
Unwillkürlich hielt Garsende den Atem an.
»Das kann doch unmöglich …?« Lothar sprang auf.
Was machte er da? Entsetzt schlug sie die Augen auf, doch er hatte bereits über den Ast gesetzt, und sie hörte ihn brüllen: »Halt! Wartet! Haltet an!«
Neben ihr wisperte Matthäa. »Was hat er nur vor?«
Ohne Antwort zu geben, schob sich Garsende an den Rand der Mulde. Vorsichtig hob sie den Kopf, bis sie über den Ast hinwegsehen konnte.
Ein halbes Dutzend Reiter hatte auf dem Weg angehalten, während Lothar auf den Trupp zuhielt, so rasch es das zähe Gestrüpp gestattete.
Einer der Reiter, ein großer, stämmiger Mann, schwang sich aus dem Sattel und starrte Lothar entgegen. Garsende konnte sein Gesicht nicht erkennen, doch etwas an seiner Haltung kam ihr vertraut vor. Sie kniff die Augen zusammen. Dann starrte sie fassungslos auf den wild wuchernden Bart in seinem breiten Gesicht.
»Der Burggraf«, hauchte Garsende.
»Bandolf?«
Noch ehe Garsende auf den Beinen stand, hatte sich Matthäa aufgerappelt, schrie nach ihrem Gatten und schwenkte wild die Arme. Mit einem
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