Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
Leben gelassen hatte. Der
Leichnam stank. Zum Ergötzen der Raben und zum Grausen der Vorübergehenden würde er jedoch aufgeknüpft bleiben, bis seine angenagten Gebeine morsch wurden und von selbst abfielen.
    Am Galgen vorbei verlief ein breiter Pfad durch Rüben-und Roggenfelder nach Westen. Hinter den Äckern befanden sich einige der Erzgruben, um die sich der junge König mit seinen sächsischen Edlen stritt. In nördliche Richtung führte ein Karrenweg zur königlichen Jagdpfalz Bodfeld.
    Der Burggraf und sein Begleiter schlugen den Pfad ein, der schnurgerade nach Osten wies. Kaum hatten sie die Fischteiche der Dörfler zu ihrer Rechten passiert, mündete der schmale, schwach ansteigende Weg in den Wald, und die Sonne verlor sich im tiefgrünen Laub der Baumkronen.
    Nach einiger Zeit, die Bruder Fridegist damit verbrachte, den Burggrafen mit einer Schilderung seiner kaum zu bewältigenden Pflichten gründlich zu langweilen, wurde das Unterholz links des Wegs lichter. Etwa fünfzig Schritte waldeinwärts, halb verborgen hinter den Bäumen, erhob sich dort ein felsiger Hügel, auf dem das Kloster Sankt Mauritius wie ein Vogelnest thronte. Ein ausgetretener Trampelpfad führte hügelan zur Pforte in der hohen Mauer, die das Kloster umgab.
    Die Kirche, ein rechteckiges Bauwerk aus rotem Sandstein, zeigte schon erste Spuren der rauen Witterung, wogegen der vorgebaute Glockenturm offenbar erst in jüngerer Zeit errichtet worden war. Für die übrigen Gebäude hatte man das Holz des Waldes genutzt und die Dächer mit Stroh gedeckt.
    Der Bruder Pförtner gab Bandolf zu verstehen, dass man ihn unter vier Augen zu sprechen wünsche, und während
sich Bruder Fridegist mit tief gekränkter Miene in Richtung Kirche davonmachte, winkte der Pförtner einen seiner Mitbrüder herbei, der sich in der Nähe des Tors die Beine zu vertreten schien.
    Der Mönch, ein junger Bursche mit runden, apfelroten Wangen und karottenfarbenem Haar, führte den Burggrafen ins Kapitelhaus und einen langen niedrigen Gang entlang, der von ein paar Fackeln erhellt wurde.
    Nach einer Weile bemerkte Bandolf, dass der junge Mönch ihn verstohlen musterte.
    »Wie heißt du?«, fragte er.
    »Mein Name ist Wynstan, Herr.« Der junge Mönch blickte auf und lächelte scheu. »Ich war Novize mit – «
    »Bruder Wynstan.«
    Obwohl die Stimme in ihrem Rücken milde geklungen hatte, zuckte Bruder Wynstan heftig zusammen und blieb mit augenblicklich gesenktem Kopf stehen.
    Bandolf hingegen drehte sich um.
    › Euryalus von herrlichem Wuchs und blühender Jugend ‹, fuhr ihm eine Zeile aus der Aeneis durch den Kopf, als der Sprecher nach wenigen Schritten vor ihm stehen blieb und ihn mit einem leisen »Benedicite« begrüßte.
    Kettenhemd und Lanze hätten dem Mönch weit besser zu Gesicht gestanden als Kreuz und Kutte. Nur wenige Fingerbreit kleiner als der stattliche Burggraf, besaß er einen wohlgeformten Leib mit kräftigen Schultern, die sich deutlich unter seiner matt schimmernden Robe abzeichneten. Der Ausdruck seiner auffallend schönen Züge wirkte beherrscht und eigentümlich ausdruckslos, als würde er jede Regung in seinem Gesicht sorgfältig im Zaum halten. Während Bandolf den Gruß erwiderte, fragte er sich unwillkürlich, was er dahinter wohl zu verbergen trachtete.
    »Ich bin Bruder Ordlaf, Prior in Sankt Mauritius«, sagte
er und schenkte Bandolf ein kühles Nicken. Dann bedeutete er dem jungen Mönch mit einer sparsamen Geste, dass er sich entfernen dürfe. Bruder Wynstan schien zu zögern. Mit einem raschen Blick auf den Burggrafen biss er sich auf die Lippe, ehe er der Anweisung des Priors folgte. Aus dem Augenwinkel sah Bandolf ihn hinter einem Holzpfeiler verschwinden.
    Auch der Prior hatte Bruder Wynstan nachgesehen, doch der reglose Ausdruck seiner ebenmäßigen Züge hatte sich nicht verändert. »Wenn Ihr mir folgen wollt, Burggraf.«
    Schweigend führte er Bandolf in eine Zelle neben dem Kapitelsaal, in der der Abt ihn auch bei seinem ersten Besuch empfangen hatte. Die kleine Kammer war leer.
    Der Burggraf hob eine Braue. »Man sagte mir, Vater Hademar wünsche mich in einer dringlichen Angelegenheit sprechen«, bemerkte er und wandte sich zu Bruder Ordlaf um, der hinter ihm eingetreten war und die Tür geschlossen hatte.
    Der Prior gestattete sich ein schwaches Lächeln. »Zu seinem größten Bedauern ist der Ehrwürdige Vater augenblicklich verhindert. Er bat mich, Euch zu sagen, was zu sagen ist.«
    »Schön. Dann heraus

Weitere Kostenlose Bücher