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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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waren.
    ›Sei’s drum‹, dachte Bandolf, ›zur Not wende ich mich an den Bischof von Halberstadt um Recht, und wenn auch das nichts fruchtet, an König Heinrich selbst.‹
    Der König … Bandolf zog eine Grimasse. Derzeit war König Heinrich nicht gut auf seinen Burggrafen von Worms zu sprechen. Den für den jungen Herrscher unbefriedigenden Ausgang der Ereignisse im Frühjahr hatte er neben anderem auch Bandolf zur Last gelegt und seinem Zorn Ausdruck verliehen, indem er ihn in den unruhigen Harudengau beorderte. Ob König Heinrichs Zorn inzwischen soweit abgekühlt war, dass er Bandolfs Anliegen unterstützte, erschien dem Burggrafen fraglich.
    »Und wenn Prosperius schuldig ist?«, unterbrach Herwald die Grübelei seines Herrn.
    Der Burggraf schnaubte. »Pah! Der kleine Nichtsnutz kann nicht einmal einem Hasen den Hals umdrehen, ohne dass sein Gesicht grün anläuft. Geschweige denn brächte er es über sich, einem Menschen einen Dolch in den Wanst zu stoßen. Ein einziger Tropfen Blut nur, und er fällt um wie ein nasser Sack.«
    Das hagere Gesicht seines Marschalks heiterte sich merklich auf.
     
    Der Krähenberg, auf dem Tidreads Burg stand, lag in entgegengesetzter Richtung zu Egininkisrod und Sankt Mauritius. Den Bach zu ihrer Linken ritt der kleine Trupp, mit dem Burggrafen und seinem Marschalk an der Spitze, ein gutes Stück des stetig ansteigenden Pfads nach Norden. Allmählich
wurden die Bäume spärlicher und gingen schließlich in die Krüppelgewächse der Hochebene über, die den Mittelberg krönte. Als sie den höchsten Punkt erreicht hatten, mündete der Pfad in einen Hochweg, der vom Kloster im Westen aus über die nördlich gelegene Jagdpfalz Bodfeld zum Krähenberg führte. Auf dem Hochweg gab Bandolf seinem Braunen die Sporen, doch nach einer Weile fiel der Weg wieder ab, und Mann und Ross tauchten erneut in den Wald ein. Auf dem Waldpfad, behindert vom dichten Unterholz rechts und links des Wegs und tief hängenden Ästen, kamen sie nur mehr im Schritttempo vorwärts.
    »Ich verstehe nicht, warum Ihr so bemüht seid, Prosperius in den unwirtlichen Kerker der Buchenburg zu werfen«, unterbrach Herwald schließlich ihr langes Schweigen. »Wäre er in einer Zelle des Klosters nicht besser aufgehoben? «
    Der Burggraf warf ihm einen verständnislosen Blick zu, und Herwald zuckte mit den Schultern. »Im Kloster müsste man Prosperius zumindest nicht dem Scharfrichter übergeben, denn schließlich besitzt der Abt zwar die Gerichtsbarkeit, doch nicht den Blutbann wie Ihr«, meinte der Marschalk.
    »Und du glaubst, dass man Prosperius darum verschont? «, knurrte Bandolf grimmig. »Dann lass dir gesagt sein, wie man in manchen Klöstern mit einem Mörder verfährt: Man wirft ihn in eine finstere Zelle, mauert die Tür zu und lässt ihn kläglich verhungern. Da braucht sich der Abt die Hände nicht schmutzig zu machen.«
    Wortlos nickte der Marschalk, und allmählich breitete sich auf seinen Zügen das Grausen aus.
     
    Anders als die Buchenburg, die auf der Hochfläche einer niedrigen Erhebung erbaut war, starrte die Krähenburg von
einem steilen Felsen auf ein Dorf hinab, das sich im Tal an den Felsen schmiegte. Ein schmaler Pfad schraubte sich durch den dichten Wald nach oben und endete vor dem eisenverstärkten und gut bewachten Tor in der Mauer um Tidreads wehrhafte Behausung.
    Auf dem Burghof herrschte geschäftiges Treiben, und angesichts der großen Anzahl Reisiger, die sich um den Brunnen, vor Ställen und Scheunen tummelten, beschlich Bandolf ein ungutes Gefühl.
    »Mischt euch unter Tidreads Männer und haltet Augen und Ohren offen«, raunte er Herwald zu.
    Der wortkarge Marschalk warf ihm einen fragenden Blick zu.
    »Habt einfach Obacht«, brummte der Burggraf.
    Im Gegensatz zum übervölkerten Burghof erschien Tidreads Halle angenehm ruhig. Der Duft von gebratenem Wildbret, Fisch und würzigen Kräutern hing in der Luft, und Bandolfs Magen knurrte vernehmlich, war er doch aufgebrochen, ohne sich ein Mittagsmahl zu gönnen. Zu seinem Leidwesen hatte Tidread die Mahlzeit bereits beendet.
    Am Tisch saßen nur noch der Burgherr und ein junger Mann, während die Mägde damit beschäftigt waren, leere Schüsseln und fetttriefende Brotscheiben von der Tafel abzutragen.
    »Sieh an. Da kommt Bandolf von Leyen, der Vogt des Steinhaufens vom Buchenfels«, bemerkte Tidread, als Bandolf näher trat, und sein grobkantiges Gesicht verzog sich zu einem mokanten Lächeln.
    Er war weder klein noch

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