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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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in eine verbotene Liebschaft mit ihm verstrickt wäre? Das ergab keinen Sinn. Zweifelnd strich Bandolf über seinen Bart. So manche Äußerungen des sprunghaften jungen Weibes schienen ihm keinen Sinn zu ergeben.
    Was hatte sie noch gesagt? Der Prior habe in Wahrheit das Sagen im Kloster, besitze aber nicht den nötigen Einfluss, um in das Amt des Abtes gewählt zu werden?
    Auch eine niedere Herkunft machte den Abtsstab nicht gänzlich unerreichbar, doch zweifellos würde Bruder Ordlaf es um vieles schwerer haben, ein solches Amt zu erlangen, als ein Mann von Stand. Wenn er jedoch bei einer verbotenen Tändelei ertappt würde, noch dazu mit einem verheirateten Weib vom Rang Melisends, würde das seine ohnehin geringe Aussicht vollends zunichtemachen. Würde ein ehrgeiziger Mönch wie Bruder Ordlaf ein solches Wagnis eingehen?
    Andererseits vermochten weibliche Reize oft mühelos solche Bedenken im Kopf eines Mannes auszulöschen, dachte der Burggraf mit einem schiefen Lächeln. Wusste er das nicht selbst gut genug? Wenn er an Matthäa dachte, an
ihren weichen Leib, der sich an ihn schmiegte, den Duft ihres prachtvollen Haars, an ihre Lippen, die …
    Unversehens spürte er, wie ihm das Blut heiß in die Lenden schoss, und für einen quälerischen Augenblick gab er sich der Erinnerung an die lustvollen Freuden des Ehestandes hin, die er schon allzu lange vermisste. Abhilfe tat da längst schon not.
    Ob er nicht …? Nur einmal …?
    Mit einem tiefen, langen Seufzen riss er sich von der verführerischen Einflüsterung los und lenkte seine Gedanken widerstrebend erneut auf den vermaledeiten Prior.
    Ob nun mit Melisend oder mit einem anderen Weib, Bruder Ordlaf hatte die Folgen seines Tuns also womöglich nicht bedacht. Die Auseinandersetzungen, die er mit dem Novizenmeister und später mit Bruder Adelbald gehabt hatte, mochten darauf schließen lassen, dass er ertappt worden war. Hatten Bruder Edmund und Bruder Adelbald am Ende vielleicht sterben müssen, damit die geheime Leidenschaft des Priors nicht bekannt würde und seinem ehrgeizigen Streben im Weg stand?
    Ein ungutes Gefühl beschlich den Burggrafen und ließ das Blut in seinen Lenden vollends erkalten.
    Prosperius!
    Wenn Bruder Ordlaf im Kloster das Sagen hatte, wie Melisend glaubte, dann war es auch die Entscheidung des Priors und nicht die des Abtes gewesen, den Burggrafen von seinem Schreiber fernzuhalten. Dafür musste es doch einen besseren Grund geben als die fadenscheinige Ausrede, eine Unterredung mit dem Burggrafen könnte Prosperius’ Seelenheil gefährden? Was, wenn Prosperius über das Treiben des Priors ebenso Bescheid wusste wie der Novizenmeister und Bruder Adelbald? Oder hatte der unselige junge Bursche gar einen der Morde beobachtet? Oder
alle beide? Kannte er den Täter? Wenn dem so war, dann befand sich der kleine Nichtsnutz zweifelsohne selbst in Gefahr.
    Scharf sog Bandolf den Atem ein. Lebte Prosperius überhaupt noch? Hatte jemand ihn zu Gesicht bekommen, mit ihm gesprochen, seit man ihn ins Kloster gebracht hatte?
    Noch ehe er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, war Bandolf auf den Beinen. Darüber würde er sich Gewissheit verschaffen, und wenn er dafür jede Tür jeder Zelle im Kloster in Stücke hauen müsste!
     
    Nur die Rückkehr seines Kaplans, der just diesen Moment wählte, um mit Bruder Wynstan im Schlepptau die Halle zu betreten, hielt den Burggrafen davon ab, seinen Gedanken umgehend in die Tat umzusetzen.
    Mit einem selbstgefälligen Lächeln erklärte Bruder Fridegist, der Ehrwürdige Vater sei noch nicht zurückgekehrt, doch man würde in den nächsten Tagen mit seiner Ankunft rechnen. Wie befohlen, habe er aber Bruder Wynstan mitgebracht, obwohl er noch immer nicht einsehen könnte, wie der junge Mönch ihm bei seinen schwierigen Aufgaben zu helfen vermöchte.
    Es träfe sich ausgezeichnet, dass Bruder Fridegist allein zurechtkäme, denn er benötige just selbst Bruder Wynstans Dienste, knurrte Bandolf unwirsch, während er den offenkundig überrumpelten jungen Mönch bereits am Arm packte und zur Tür zog.
    »Aber ich dachte …«, hörte er noch Bruder Fridegists überraschten Protest, dann hatte er Bruder Wynstan auch schon durch das Mannsloch geschoben und kletterte hinter ihm die schmale Holzstiege zum Burghof hinunter.
    »Wohin gehen wir?«, wollte der junge Mönch wissen,
als sie unten angelangt waren und Bandolf den Unterkünften der Reisigen zustrebte. Er musste die Stimme erheben, um den Baulärm zu

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