Das Geheimnis der Diva
gehört unser Mr Pritchard, er ist der Kassenwart des Vereins.«
»Und Steven? Oder dieser Arbeiter, der mit B anfängt?«
»Weiß ich nicht. Ich habe im Internet eine Homepage des Vereins gefunden, aber dort stehen nur Probentermine, ein paar Schauspieler und die Namen der Verantwortlichen – also Produktionsleitung, Regie, Leitung der Technik und so weiter. Ich habe die Namen und Termine aufgeschrieben.« Er wischte sich die fettigen Finger an einem Lappen ab, zog einen Zettel aus der Hosentasche und reichte ihn Justus. »Hier. Der Verein nennt sich ›Die Masken‹. Schön dramatisch, aber die Mitglieder und Schauspieler sind alle nur in ihrer Freizeit aktiv. Berufsschauspieler sind nicht dabei.«
»Klingt alles ganz legal«, meinte Peter. »Warum sollte jemand der Theatertruppe so einen blöden Streich spielen?«
»Wie Steven sagte: vielleicht möchte sich da jemand an Mr Pritchard rächen … wofür auch immer. Oder es war doch nur ein blöder Scherz – der uns allerdings gerade fünfzig Dollar gekostet hat.« Justus las den Zettel und steckte ihn ein. »Die nächste Probe ist heute Abend ab acht. Solche Proben sind oft auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich. Ich schlage vor, wir schauen sie uns mal an.«
Das Stadttheater von Rocky Beach lag mitten in der Stadt, nur drei Straßen vom Zentrum entfernt. In den Jahren seines Bestehens hatte es schon bessere Zeiten erlebt, war aber noch immer ein ungewöhnlicher und beeindruckender Bau – wenn auch lange nicht so groß wie das Los Angeles Theater. Von außen sah es aus wie ein griechischer Tempel. Hohe weiße Säulen trugen ein dreieckiges Dach, hinter dem sich eine riesige Betonkuppel wölbte. Flache Treppenstufen führten zu einer zweiflügeligen Eingangstür aus Glas und vielfach geschwungenem, verschnörkeltem Eisen. Das Stadttheater war zu einer Zeit entstanden, als Film- und Theateraufführungen noch glanzvolle gesellschaftliche Ereignisse, Schauspieler Könige und Kinos Paläste gewesen waren. Rechts und links war das prunkvolle alte Gebäude von gesichtslosen Bürofassaden eingeschlossen, und mit seiner breiten Zufahrt sah es aus, als wollte es rückwärts aus der Betonumklammerung herausschlüpfen.
Auf dieser Zufahrt, wo früher glänzende Luxuslimousinen von Schaulustigen und Fotografen umlagert worden waren, hielt ächzend und quietschend ein rostiger Pick-up mit der Aufschrift »Gebrauchtwarencenter Titus Jonas«.
Bob streckte den Kopf aus dem Beifahrerfenster und blinzelte gegen den strahlend blauen Himmel zu den im Schatten liegenden weißen Anschlagtafeln über dem Eingang hinauf. Dort verkündete eine Reihe schwarzer Steckbuchstaben, dass hier die neueste Weltsensation »Vom Winde verweht« gezeigt wurde. Mehrere Buchstaben war zerbrochen oder herabgefallen. Bob musterte das Gebäude. Die Fenster im Erdgeschoss und der Kartenschalter waren mit Brettern zugenagelt, auf denen mehrere Generationen von Graffitisprayern ihre Signaturen hinterlassen hatten. Über dem ganzen Theater lag eine düstere Stimmung von Alter und Verfall, eine Stille, die sich trotz des allgemeinen Straßenlärms bemerkbar machte.
»Das sieht ja unglaublich einladend aus«, bemerkte Peter, der neben ihm saß. »Hoffentlich stimmt das mit den Probeterminen.«
»Das werden wir ja sehen.« Justus auf dem Fahrersitz warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Es ist zehn nach acht, also müsste schon jemand da sein, der uns hineinlässt. Sehen wir uns mal um.«
Sie kletterten aus dem Wagen, warfen die Türen zu und gingen über die zersprungenen Marmorplatten zum Eingang. Justus zog probeweise an dem säulenartigen Griff der verschnörkelten Glastür, und sie ging auf. Neugierig betraten die drei ??? die Eingangshalle. Sie war sehr groß und lag im Schatten, aber es war noch hell genug, dass die drei Detektive Unmengen von Spiegeln, Säulen und dunkelroten Vorhängen erkennen konnten, die die Halle eher wie einen Ballsaal aussehen ließen. Ein breiter roter Läufer führte geradeaus zu einer riesigen Treppe, die sich in der Mitte gabelte und zwischen Reihen von goldenen Säulen in kühnem Schwung nach oben führte. Hoch oben über der Mitte der Treppe hing ein gigantischer Kronleuchter mit mindestens zweihundert Glaskerzen.
»Kitschig«, befand Peter.
»Kommt darauf an«, meinte Bob. »Stell dir mal das Ganze hier hell erleuchtet vor, alles in Rot und Gold, und dann schreitet Rita Lolyz diese Treppe runter …«
»Sag ich doch.
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