Das Geheimnis der Götter
nahe, und ich halte mich dafür noch für sehr ungeeignet.«
»Alle ständigen Priester, angefangen bei mir, werden Euch bei den Vorbereitungen zu diesem großen Ereignis unterstützen. Macht Euch keine Sorgen, Ihr werdet es bestimmt schaffen. Kommt Ihr mit Eurem Auftrag gut voran?«
»Das Goldene Haus hat eine neue Statue von Osiris und eine neue Barke hervorgebracht, und ich hoffe sehr, dass es keine Zwietracht unter den Priestern gibt. Ich weiß, meine Nachforschungen haben euch entsetzt, Euch und eure Kollegen, aber sie waren unerlässlich.«
»Das ist längst vergessen«, versicherte Bega. »Wir schätzen Eure zurückhaltende und alles andere als überhebliche Art sehr. Es war richtig, dass Ihr die aufrechte Haltung der ständigen Priester und ihre tief empfundene Verbundenheit mit den osirischen Ritualen überprüft habt. Als spiritueller Mittelpunkt Ägyptens darf Abydos keinen Makel haben. Deshalb gehört es sich, sich davon in gewissen Abständen zu überzeugen. Seine Majestät beweist einmal mehr
Weitsichtigkeit, indem er diese Untersuchung anordnet und sie dem richtigen Mann anvertraut hat.«
Bega war eisig wie immer und seine Stimme rau, aber seine Worte beruhigten Iker. Der strenge Ritualist verteilte nur selten Lob und war kein Freund von Schmeicheleien. Sein Urteil gab die Meinung der gesamten Priesterschaft wieder, die sich in Zustimmung äußerte, und zerstreute die Spannungen.
»Ich gebe zu, wir waren erstaunt, dass die Goldene Palette einem so jungen Mann anvertraut wurde, der unsere Riten und Mysterien nicht kennt«, gestand Bega, »und ich habe den Kahlen selten so unzufrieden gesehen. Aber weil wir so auf uns angewiesen sind, haben wir uns geirrt und das Ausmaß der königlichen Weitsicht unterschätzt. Verabscheuenswürdige Eitelkeit, ein unverzeihlicher Fehler! Alter und Erfahrung lullen uns ein. Tag für Tag vollzieht sich Gottes Werk, und unsere Aufgabe besteht lediglich darin, ihm ergeben zu dienen und unseren lächerlichen Ehrgeiz zu vergessen. Eure Anwesenheit hier in Abydos ist uns eine gute Lehre, Iker. Besser hätte man unsere Wachsamkeit nicht wecken und uns nicht eindringlicher an den Zweck unseres Dienstes erinnern können. Entfernt sich ein Pharao von Abydos, droht Ägypten unterzugehen; bleibt er Abydos nahe, sorgt das Erbe der Vorfahren für unerschöpflichen Segen, und die Zwei Länder genießen Frieden und Wohlstand. Sesostris’ Taten sind vorbildlich, sein Ansehen und sein Beliebtheit mehr als verdient. Ihr und ich, wir haben das Glück, einem König dienen zu dürfen, dessen weise Entscheidungen unseren Weg erleuchten.«
Iker hatte nicht damit gerechnet, dass ihn dieser strenge und abweisende Ritualist in sein Vertrauen ziehen würde, und er schätzte seine Offenheit, die er als Beweis für die unwiderrufliche Bindung der ständigen Priester an Abydos sah. Trotzdem stellte er sich weiter die Fragen, die ihn beschäftigten, seit Isis behauptet hatte: »Gergu ist ein durch und durch schlechter Mensch.«
»Die ständigen Priester verlassen Abydos offenbar nur sehr selten?«
»So gut wie nie, dabei schreibt uns unsere Regel diese Zurückgezogenheit nicht vor. Aber wohin sollten wir schon gehen? Wir haben unser Leben hier frei gewählt, wir lieben das Reich von Osiris und rühren an den Sinn des Daseins. Was will man mehr?«
»Etwas würde ich gern wissen: Wie habt Ihr Gergu kennen gelernt?«
Bega verzog das Gesicht.
»Durch Zufall. Ich beaufsichtige die Versorgung der ständigen Priester mit Lebensmitteln und anderen Dingen, die sie benötigen. Gergu hat sich dafür angeboten, und ich habe es mit ihm versucht.«
»Wer hat ihn nach Abydos geschickt?«
»Das weiß ich nicht.«
»Habt Ihr ihn etwa nicht danach gefragt?«
»Ich bin nicht sehr neugierig. Warum hätte ich auch misstrauisch sein sollen, nachdem man ihm den Zutritt zu Abydos gewährt hat? Ich erwarte, dass er pünktlich und gewissenhaft arbeitet, und er hat mich bisher nicht enttäuscht.«
»Stellt er Euch nicht vielleicht Fragen, die, sagen wir mal, unangebracht sind?«
»Wenn er das täte, hätte ich ihn sofort aus Abydos verjagen lassen! Nein, er begnügt sich damit, meine Listen in Empfang zu nehmen und die Waren so schnell wie möglich zu liefern.«
»Macht er das immer selbst?«
»Gergu ist ein äußerst gewissenhafter Beamter. Er würde es nie jemand anderem überlassen, die Ladung zu überprüfen und dafür zu sorgen, dass sie ihren Bestimmungsort einwandfrei erreicht. Für seine gute,
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