Das Geheimnis der Götter
Diener wagte nicht, den Körper seines gemarterten Herrn anzufassen.
»Wir müssen sofort Gua holen!«
Endlich in Sicherheit schloss Sekari die Augen und holte tief Luft. Diesmal war er wirklich nur mit knapper Not entkommen. Noch nie zuvor war er auf eine ähnlich gut geführte Bande gestoßen, die mit ihrem schnellen Handeln ihren Zusammenhalt bewiesen hatte.
Jetzt begriff er auch, warum es den Sicherheitskräften nicht gelang, die Widerständischen in der Stadt zu enttarnen. Sie hatten sich hier in diesem Viertel, und wahrscheinlich auch in anderen, vollkommen eingenistet – sie arbeiteten, gründeten Familien, knüpften Freundschaften und unterschieden sich in nichts von den Ägyptern um sie herum. Niemand behandelte sie als Fremde, keiner verdächtigte sie.
Welche alles andere als beruhigende Schlussfolgerung musste man daraus ziehen? Der Prophet ging nach einem Plan vor, den er von langer Hand vorbereitet hatte.
Wie viele Jahre lebten diese Mörder wohl schon in Memphis?
Zehn, zwanzig, vielleicht bereits dreißig Jahre lang!
Unbeachtet, namenlos und als anständige Leute, die von ihren Nachbarn geschätzt wurden, warteten sie auf die Befehle ihres Herrn und schlugen nur zu, wenn nichts schief gehen konnte. Keine Untersuchung würde ihr Vorhandensein ans Licht bringen. Gab es nicht sogar einige Spitzel der Sicherheitskräfte in der Gefolgschaft des Propheten? Ja, aber ganz offensichtlich logen sie, wiegelten ab und lieferten nur Hinweise, die zur Verhaftung harmloser kleiner Gauner führten – ein wahrer Eiferer war nie darunter.
Bei genauerem Hinsehen würde sich herausstellen, dass jedes ihrer Viertel so sicher wie eine Festung war. Sobald die Späher einen Neugierigen entdeckten, warnten sie sofort das gesamte Netz.
Sekari hatte mehrere Grenzen übertreten und damit sein Todesurteil gefällt. Er hatte sich so verhalten, dass der Feind ihm nicht abnehmen konnte, er sei nur ein gewöhnlicher Streuner. Und das bedeutete, dass er beseitigt werden musste. Was bin ich nur für ein Dummkopf, dachte Sekari. Diese Leute hetzen zwar nicht ihre Nachbarschaft auf und benehmen sich auch sonst sehr zurückhaltend, aber sie werden ihr Vorhaben, mich zu töten, nicht aufgeben! Jetzt habe ich es also nicht mehr mit einer Meute zu tun, die mir auf den Fersen ist, sondern mit einem Vollstrecker, der solche niederen Dienste schnell und unauffällig erledigt.
Der Mörder sprang vom Dach eines kleinen Hauses und riss Sekari zu Boden.
Von dem Sturz benommen, reagierte Sekari zu langsam und konnte sich nicht aus der Umklammerung befreien. Der Aufständische legte ihm eine dicke Lederschnur um den Hals und zog daran, so fest er konnte.
Der letzte verzweifelte Widerstand seines Opfers machte ihm Spaß. Gleich würde der Ägypter mit gebrochenem Kehlkopf den Erstickungstod sterben.
Der Angriff war so heftig, dass der Mörder die Schnur losließ
und zunächst gar nicht wusste, wie ihm geschah. Doch dann spürte er, wie sich die Fangzähne eines großen Hundes in seinen Schädel gruben und ihn zerbrachen.
Nach getaner Arbeit leckte Fang Sekari die Hände, der noch nach Atem rang.
»Du weißt wirklich, wann du gebraucht wirst, mein Guter!«
Ausgiebig streichelte er seinen Retter, dessen Augen vor Stolz und Freude nur so strahlten.
»Ich muss sofort Sobek warnen!«, sagte er dann und stand auf.
Sekari war zwar noch unsicher auf den Beinen, erholte sich aber schnell wieder. Doch ein Gedanke machte ihm Angst: Hatte der Feind wirklich nur einen einzelnen Mörder auf ihn gehetzt?
Jetzt beeilte sich Sekari und sah zu, dass er das Gewirr von Gassen hinter sich ließ. Er gelangte zu einem Platz, auf dem ihn Nordwind erwartete, der mehrere Wasserschläuche trug. Das kühle Wasser linderte das Brennen in seiner Kehle. Eilig machten sich die drei dann auf den Weg in den Palast. In der Nähe von Sobeks Arbeitsräumen herrschte
ungewohnte Unruhe. Rauch stieg auf, und viele Wasserträger liefen im Gebäude hin und her.
»Was ist hier los?«, fragte Sekari einen Sicherheitsbeamten, der Wache hielt.
»Ein Brand ist ausgebrochen. Geh nach Hause, wir kümmern uns schon darum.«
»Ist Sobek gesund und munter?«
»Dürfte ich fragen, was dich das angeht, Freundchen?«
»Ich habe eine Botschaft für ihn.«
Der Ernst der Lage zwang Sekari, seine sonst
uneingeschränkte Geheimhaltung aufzugeben.
Der Sicherheitsmann sah ihn sich genauer an.
»Was hast du da am Hals? Hat man dich angegriffen?«
»Ach, das ist nicht weiter
Weitere Kostenlose Bücher