Das Geheimnis der Goldmine
EUCH.
HOFFE AUF KALBSBRATEN ZUM ABENDESSEN.
LANCE.
Inspektor Neele hob die Brauen. »Der verlorene Sohn ist also nach Hause gerufen worden.«
Sechstes Kapitel
I m selben Augenblick, in welchem Rex Fortescue seine letzte Tasse Tee getrunken hatte, saßen Lance Fortescue und seine Frau unter den Bäumen auf den Champs-Élysées und schauten den Passanten zu.
»Das sagt sich leicht: ›Beschreib ihn mir‹, Pat. Ich hab kein Talent für so was. Was willst du wissen? Der alte Herr ist ein ziemlicher Gauner, weißt du. Aber das wird dir wohl nichts ausmachen. Du bist das ja mehr oder weniger gewohnt.«
»Oh ja«, sagte Pat. »Ja, du sagst es, ich bin es gewohnt.«
Sie versuchte, eine gewisse Traurigkeit aus ihrer Stimme zu verbannen. Vielleicht, dachte sie, war die Welt ja einfach voller Gauner – oder hatte sie wirklich immer Pech?
Sie war groß und langbeinig, nicht wirklich schön – ihre Lebhaftigkeit und warmherzige Ausstrahlung machten ihren Charme aus. Sie bewegte sich gewandt und hatte prächtiges, glänzendes, kastanienbraunes Haar. Vielleicht dank ihrer jahrelangen Beschäftigung mit Pferden hatte sie selber etwas von einem Vollblutfohlen angenommen.
Sie kannte die Betrügereien aus dem Rennmilieu. Nun sollte sie Betrügereien in der Finanzwelt kennen lernen. Obwohl ihr Schwiegervater, dem sie noch nicht begegnet war, geradezu als Pfeiler der Ehrbarkeit galt, was das Gesetz betraf. Diese Leute, die immer mit ihren »gerissenen« Geschäftstaktiken prahlten, brachten es irgendwie immer fertig, technisch gesehen im Rahmen der Legalität zu bleiben. Doch für sie hatte Lance, ihr Lance, den sie liebte und der zugab, in seiner Jugend gegen das Gesetz verstoßen zu haben, eine Anständigkeit, die diesen erfolgreichen Gaunern fehlte.
»Ich sage nicht, dass er ein Betrüger ist«, sagte Lance, »nichts dergleichen. Aber er weiß schon, wann man zuschlagen muss.«
»Manchmal«, sagte Pat, »hasse ich Leute, die wissen, wann man zuschlagen muss.« Sie fügte hinzu: »Du hast ihn gern.« Es war eine Feststellung, keine Frage.
Lance überlegte einen Augenblick und gab dann überrascht zu: »Weißt du, Liebling, ich glaube, ich habe ihn wirklich gern.«
Pat lachte. Er wandte den Kopf, um sie anzuschauen. Seine Augen verengten sich. Sie war so wundervoll! Er liebte sie. Sie war die ganze Sache wert.
»Eigentlich«, sagte er, »ist es die Hölle. Zurückzukehren. Zur Arbeit in die City zu fahren. Und mit dem Vorortzug um 5 Uhr 18 wieder nach Hause. Das ist nicht mein Lebensstil. Mir ist das Vagabundenleben viel lieber. Aber einmal muss man sich wohl niederlassen. Und wenn du dabei meine Hand hältst, wird der ganze Prozess vielleicht sogar ganz angenehm. Und da der Alte schon mal nachgegeben hat, muss ich das doch ausnutzen. Ich war ja sehr überrascht, als ich seinen Brief bekam. Dass sich ausgerechnet Percival einen Ausrutscher geleistet hat! Percival, der gute kleine Junge. Aber täusch dich nicht, Percival war immer schon hinterhältig. Ja, das war er immer schon.«
»Ich glaube nicht«, sagte Patricia Fortescue, »dass ich deinen Bruder Percival ins Herz schließen werde.«
»Lass dich von mir nicht beeinflussen. Percy und ich sind einfach nie miteinander ausgekommen. Ich hab mein Taschengeld verschleudert, er hat seines gespart. Ich hatte zweifelhafte, aber unterhaltsame Freunde – er stellte nützliche Kontakte her. Wir waren immer entgegengesetzte Pole, er und ich. Ich hielt ihn für ein armes Würstchen, und er – weißt du, manchmal glaube ich gar, er hasste mich. Warum, weiß ich auch nicht.«
»Ich glaube, ich weiß es.«
»Ja, Liebling? Ach, du bist immer so klug. Weißt du, ich habe mich immer gefragt – natürlich ist es absurd, so etwas zu sagen, aber – «
»Was? Sag es doch.«
»Ich hab mich immer gefragt, ob Percy nicht hinter der Geschichte mit dem Scheck steckte – damals, als mein Alter mich hinauswarf. Und er war umso wütender, weil er mir bereits einen Anteil an der Firma übertragen hatte und mich nicht enterben konnte! Aber das Komische an der Sache ist, dass ich diesen Scheck gar nicht gefälscht hatte. Natürlich glaubte mir das keiner, nachdem ich schon einmal Geld aus der Kasse genommen und auf ein Pferd gesetzt hatte. Ich war todsicher, dass ich es wieder ersetzen könnte, und überhaupt war es ja sozusagen auch mein Geld. Aber das mit dem Scheck – nein. Ich weiß nicht, woher ich diese absurde Idee habe, dass Percival dahinter steckte, aber ich habe sie
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