Das Geheimnis der Goldmine
glaube, er wollte nicht einmal, dass das Personal von meinem Besuch erfuhr. Wie gesagt, wir verblieben so, dass ich die Sache überdenken und mit Pat besprechen und ihm meine Entscheidung dann schriftlich mitteilen würde, was ich auch getan habe. Ich schrieb ihm den ungefähren Zeitpunkt meiner Ankunft und schickte dann gestern ein Telegramm aus Paris.«
Inspektor Neele nickte. »Das Telegramm hat Ihren Bruder aus heiterem Himmel getroffen.«
»Das möchte ich wetten. Natürlich gewinnt Percy am Ende, wie immer, doch. Ich bin zu spät gekommen.«
»Ja«, stimmte Neele nachdenklich zu, »Sie sind zu spät gekommen.« Er wechselte das Thema: »Haben Sie bei Ihrem Besuch hier ein anderes Mitglied der Familie getroffen?«
»Meine Stiefmutter hat uns beim Tee Gesellschaft geleistet.«
»Hatten Sie sie schon kennen gelernt?«
»Nein.« Plötzlich grinste er wieder. »Der Alte hatte einen guten Geschmack, das muss man ihm lassen. Sie ist bestimmt dreißig Jahre jünger als er.«
»Nehmen Sie mir die Frage nicht übel, aber hat Sie die Wiederverheiratung Ihres Vaters schockiert? Oder Ihren Bruder?«
Lance wirkte überrascht. »Mich bestimmt nicht, und ich glaube, Percy auch nicht. Immerhin ist unsere Mutter gestorben, als wir vielleicht zehn, zwölf Jahre alt waren. Mich überrascht eher, dass er nicht viel früher wieder geheiratet hat.«
»Man könnte es für unklug halten, eine so viel jüngere Frau zu heiraten«, murmelte Neele.
»Sagt das mein lieber Bruder? Klingt ganz nach ihm. Percy ist ein Meister der düsteren Andeutung. Hat er Recht, Inspektor? Verdächtigen Sie meine Stiefmutter, meinen Vater vergiftet zu haben?«
Inspektor Neeles Gesicht blieb ausdruckslos. »Es ist noch zu früh, um irgendetwas anzunehmen, Mr Fortescue«, sagte er freundlich. »Darf ich nach Ihren Plänen fragen?«
»Pläne?« Lance überlegte. »Ja, ich nehme an, ich muss mir etwas Neues ausdenken. Wo ist die Familie? Alle im Haus Zur Eibe?«
»Ja.«
»Ich fahre besser direkt dahin.« Er wandte sich an seine Frau. »Du nimmst dir am besten ein Hotel.«
»Nein, nein, Lance«, widersprach sie schnell, »ich komme mit dir.«
»Nein, Liebling.«
»Aber ich möchte es.«
»Wirklich, Liebling, besser nicht. Nimm dir ein Zimmer im – hm, ich bin lange nicht in London gewesen – Barnes’. Barnes’ Hotel war immer ein nettes, ruhiges Haus. Ist das noch so, Inspektor?«
»Oh ja, Mr Fortescue.«
»Sehr gut. Wenn sie ein Zimmer frei haben, bringe ich dich da unter, Pat, und dann fahre ich zum Haus Zur Eibe raus.«
»Warum kann ich nicht mit dir kommen, Lance?«
Seine Züge verhärteten sich. »Um ehrlich zu sein, Pat, ich weiß nicht, wie willkommen ich da bin. Vater hat mich eingeladen, aber Vater ist tot. Ich weiß nicht mal, wem das Haus nun gehört. Percy, nehme ich an, oder vielleicht Adele. Jedenfalls möchte ich erst sehen, wie ich aufgenommen werde, bevor ich dich dahin bringe. Abgesehen davon – «
»Was?«
»– möchte ich dich nicht in ein Haus bringen, in dem ein Giftmörder frei rumläuft.«
»Ach, das ist doch Unsinn.«
Aber Lance blieb fest: »Mit dir, Pat, gehe ich kein Risiko ein.«
Elftes Kapitel
M r Dubois war verärgert. Wütend riss er Adele Fortescues Brief in Fetzen und warf sie in den Papierkorb. Dann, plötzlich vorsichtig, fischte er die Stücke wieder heraus, riss ein Streichholz an und schaute zu, wie sie zu Asche zerfielen. Zu sich murmelte er: »Warum sind Frauen nur so verdammte Närrinnen? Der gesunde Menschenverstand müsste doch…«
Andererseits, dachte Mr Dubois schmollend, hatten Frauen ja noch nie gesunden Menschenverstand bewiesen. Ein Umstand, der ihm oft zugute gekommen war und der ihn nun verärgerte. Er selber hatte jede Vorsicht walten lassen. Falls Mrs Fortescue anrief, sollte man sagen, er sei ausgegangen. Sie hatte bereits dreimal angerufen, und nun hatte sie ihm geschrieben. Alles in allem war der Brief schlimmer als ein Anruf. Er überlegte einen Augenblick, dann ging er zum Telefon.
»Kann ich bitte Mrs Fortescue sprechen? Ja. Mr Dubois.« Nach einer Minute oder zwei hörte er ihre Stimme.
»Vivian, endlich!«
»Ja, ja, Adele, sei doch vorsichtig. Von welchem Apparat aus sprichst du?«
»Dem in der Bibliothek.«
»Bist du sicher, dass niemand mithört? Ist niemand in der Halle?«
»Warum sollte jemand mithören?«
»Man kann nie wissen. Ist die Polizei noch im Haus?«
»Nein, sie sind gegangen. Für heute wenigstens. Oh, Vivian, es war furchtbar.«
»Ja, das
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