Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Goldmine

Das Geheimnis der Goldmine

Titel: Das Geheimnis der Goldmine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
er war ein großer Mann.«
    »Glauben Sie, dass diese Sache demnächst richtig erledigt werden wird?«
    »Rex Fortescue ist tot, das haben Sie selbst gesagt.«
    »Er wurde vergiftet«, sagte Inspektor Neele.
    Überraschend lachte Mrs MacKenzie laut auf. »Unsinn! Er starb am Fieber!«
    »Ich spreche von Rex Fortescue.«
    »Ich auch.« Sie schaute auf und fixierte ihn mit ihren blassblauen Augen. »Kommen Sie schon, er starb in seinem Bett, nicht? Er starb in seinem Bett.«
    »Er starb im St.-Jude’s-Krankenhaus«, sagte Inspektor Neele.
    »Niemand weiß, wo mein Mann gestorben ist. Niemand weiß, wie er gestorben ist oder wo er begraben wurde… Alles, was wir wissen, ist, was Rex Fortescue gesagt hat. Und Rex Fortescue war ein Lügner.«
    »Sie meinen also, es sei nicht ganz mit rechten Dingen zugegangen?«
    »Nicht ganz, nicht ganz, die Gans legt Eier, nicht wahr?«
    »Glauben Sie, dass Rex Fortescue den Tod Ihres Mannes zu verantworten hat?«
    »Ich hatte heute ein Ei zum Frühstück«, sagte Mrs MacKenzie. »Es war ganz frisch. Erstaunlich, nicht wahr, wenn man bedenkt, dass es dreißig Jahre her ist?«
    Inspektor Neele atmete tief ein. Es schien unwahrscheinlich, dass er auf diese Art irgendetwas erreichen würde, aber er versuchte es trotzdem weiter: »Jemand hat tote Amseln auf Rex Fortescues Schreibtisch gelegt, einen oder zwei Monate, bevor er starb.«
    »Interessant. Sehr interessant.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wer das getan haben könnte?«
    »Ahnungen nützen nichts. Nur Taten helfen. Ich habe sie dazu erzogen, wissen Sie. Zur Tat.«
    »Sprechen Sie von Ihren Kindern?«
    Sie nickte eifrig. »Ja. Donald und Ruby. Sieben und neun Jahre alt waren sie und hatten keinen Vater mehr. Ich sagte es ihnen, ich sagte es ihnen jeden Tag. Sie mussten mir schwören.«
    Inspektor Neele beugte sich vor. »Was mussten sie schwören?«
    »Dass sie ihn töten würden natürlich.«
    »Verstehe.« Inspektor Neele sagte das, als sei es die natürlichste Sache der Welt.
    »Haben sie es getan?«
    »Donald ging nach Dünkirchen. Er ist nie zurückgekehrt. Ich habe ein Telegramm bekommen. ›Tiefstes Mitgefühl. Im Kampf gefallen.‹ Eine Tat, sehen Sie, aber nicht die richtige.«
    »Das tut mir Leid zu hören, gnädige Frau. Und Ihre Tochter?«
    »Ich habe keine Tochter«, sagte Mrs MacKenzie.
    »Sie haben sie eben erwähnt. Ihre Tochter Ruby.«
    »Ruby, ja, Ruby.« Sie beugte sich vor. »Wissen Sie, was ich mit Ruby gemacht habe?«
    »Nein. Was haben Sie mit ihr gemacht?«
    Plötzlich flüsterte sie: »Schauen Sie sich das Buch an.«
    Nun sah er, dass das Buch in ihrem Schoß eine Bibel war. Eine sehr alte Bibel. Als sie sie aufschlug, sah Neele auf dem Deckblatt verschiedene Namen. Offenbar eine Familienbibel, in die nach alter Sitte jede Geburt eingetragen wurde. Mrs MacKenzie zeigte mit ihrem dünnen Finger auf die letzten beiden Namen: Donald MacKenzie mit seinem Geburtsdatum und Ruby MacKenzie mit ihrem. Aber Ruby MacKenzies Name war mit einer dicken Linie durchgestrichen.
    »Sehen Sie? Ich habe sie aus dem Buch gestrichen. Für immer ausgestrichen! Der Engel des Jüngsten Gerichts wird ihren Namen nirgends finden.«
    »Sie haben den Namen aus dem Buch gestrichen? Warum?«
    Mrs MacKenzie sah ihn listig an. »Sie wissen, warum.«
    »Nein, ich weiß es nicht. Wirklich nicht.«
    »Sie hat den Glauben verloren. Das wissen Sie. Sie hat den Glauben verloren.«
    »Wo ist Ihre Tochter jetzt, Mrs MacKenzie?«
    »Ich hab Ihnen doch gesagt, ich habe keine Tochter. Es gibt keine Ruby MacKenzie mehr.«
    »Ist sie gestorben?«
    »Gestorben?« Die alte Frau lachte kurz. »Es wäre besser für sie, wenn sie tot wäre. Viel besser. Viel, viel besser.«
    Sie seufzte und rutschte rastlos auf ihrem Stuhl nach vorn. Ihre Haltung wandelte sich zu förmlicher Höflichkeit, als sie sagte: »Sie müssen mich entschuldigen, ich kann mich nicht länger mit Ihnen unterhalten. Sehen Sie, ich habe nur noch sehr wenig Zeit und ich muss mein Buch lesen.«
    Auf Inspektor Neeles weitere Bemerkungen ging Mrs MacKenzie gar nicht mehr ein. Mit einer schwachen, ungeduldigen Geste verscheuchte sie ihn. Sie las in ihrer Bibel, mit dem Finger den Zeilen folgend.
    Neele stand auf und ging. Er führte nur noch ein kurzes Gespräch mit dem Leiter der Klinik.
    »Kommen irgendwelche Verwandten, um sie zu besuchen?«, fragte er. »Eine Tochter, zum Beispiel?«
    »Ich glaube, eine Tochter kam zu Zeiten meines Vorgängers her. Aber ihr Besuch regte die Patientin so auf,

Weitere Kostenlose Bücher