Das Geheimnis der Goldmine
hast mir bestimmt kein Unglück gebracht. Schau doch, nachdem ich dich geheiratet hatte, schrieb mir der Alte und bestellte mich nach Hause, so dass wir Frieden schließen konnten.«
»Ja, und was geschah, als du nach Hause kamst? Ich sage es doch, ich bringe Unglück.«
»Schau, Liebes, das bildest du dir ein. Es ist Aberglaube, schlicht und einfach.«
»Ich kann es nicht ändern. Manche Leute bringen Unglück, und ich bin nun mal so jemand.«
Lance nahm sie bei den Schultern und schüttelte sie heftig. »Du bist meine Pat, und mit dir verheiratet zu sein, ist das größte Glück auf der Welt! Geht das nicht in deinen dummen Kopf?« Dann beruhigte er sich etwas und fuhr mit nüchterner Stimme fort: »Ernsthaft, Pat, sei bitte vorsichtig. Wenn hier ein Verrückter herumläuft, möchte ich nicht, dass ausgerechnet du die Kugel stoppst oder das Bilsenkraut trinkst.«
»Das Bilsenkraut – schön gesagt.«
»Wenn ich nicht hier bin, halte dich an diese alte Dame, wie heißt sie noch, Marple. Warum, glaubst du, hat Tante Effie sie eingeladen?«
»Der Himmel weiß, warum Tante Effie irgendetwas tut. Lance, wie lange werden wir hier bleiben?«
Lance zuckte die Schultern.
»Schwer zu sagen.«
»Ich glaube nicht, dass wir sehr willkommen sind.« Sie zögerte. »Das Haus gehört nun deinem Bruder, nehme ich an. Er will uns bestimmt nicht hier haben.«
Lance kicherte plötzlich. »Nein, aber so schnell wird er uns nicht los.«
»Und was dann, Lance? Was werden wir tun? Gehen wir nach Ostafrika zurück?«
»Möchtest du das?«
Pat nickte heftig.
»Das ist ein Glück«, sagte Lance, »weil ich das nämlich auch will. Diese Gegend bekommt mir nicht.«
Pats Gesicht erhellte sich.
»Wie schön! Ich hatte schon befürchtet, du wollest hier bleiben, nach dem, was du neulich gesagt hast.«
Ein teuflisches Leuchten erschien in Lances Augen.
»Du musst unsere Pläne geheim halten, Pat. Ich habe mir in den Kopf gesetzt, meinen lieben Bruder Percival noch ein bisschen länger zu piesacken.«
»Oh, Lance, sei vorsichtig.«
»Ich bin vorsichtig, mein Liebling, aber ich sehe nicht ein, warum Percy so leicht davonkommen sollte.«
Den Kopf leicht zur Seite geneigt, glich Miss Marple einem freundlichen Papagei. Sie saß im großen Salon und hörte Mrs Percival Fortescue zu. In diesem Salon wirkte Miss Marple besonders fehl am Platz. Ihre helle, ungeschmückte Gestalt passte nicht zu dem ausladenden Brokatsofa mit den üppigen, vielfarbigen Kissen. Miss Marple saß sehr aufrecht, weil man ihr als Kind beigebracht hatte, sich nicht gehen zu lassen. In einem großen Lehnstuhl neben ihr thronte Mrs Percival, ganz in kostbarem Schwarz. Sie plapperte, als würde es morgen verboten.
Genau wie die arme Mrs Emmett, dachte Miss Marple, die Frau des Bankdirektors. Sie erinnerte sich, wie Mrs Emmett eines Tages zu ihr gekommen war, um über einen Wohltätigkeitsbazar zu sprechen, und wie sie plötzlich aus dem Reden nicht mehr herausgekommen war. Mrs Emmett nahm in St. Mary Mead eine eher schwierige Position ein. Sie gehörte nicht zur Garde der allein stehenden, verarmten alten Damen, die in kleinen ordentlichen Häusern rund um die Kirche wohnten und die alles über die Landadligen der Gegend wussten, wenn sie auch selber, streng genommen, nicht zum Landadel gehörten. Mr Emmett, der Bankdirektor, hatte eindeutig unter seinem Stand geheiratet, und das Resultat war, dass seine Frau in trostloser Einsamkeit lebte. Denn mit den Frauen der Kaufleute im Dorf konnte sie sich natürlich auch nicht befreunden. Snobismus hatte sein hässliches Haupt erhoben und Mrs Emmett auf diese Insel der Einsamkeit gedrängt.
Das Bedürfnis zu reden war in ihr gewachsen, und an diesem bestimmten Tag war es explodiert. Miss Marple hatte die volle Sturzflut empfangen. Mrs Emmett hatte ihr Leid getan. Und heute tat ihr Mrs Percival Fortescue Leid.
Mrs Percival hatte eine Menge Kränkungen mit sich herumgetragen, und die Erleichterung, sie bei einer mehr oder weniger Fremden abladen zu können, war enorm.
»Natürlich will ich mich nicht beklagen«, sagte sie gerade. »Ich war nie eine, die jammert. Ich sage immer, man muss sich abfinden. Was man nicht ändern kann, muss man ertragen, und ich habe bestimmt nie auch nur ein Wort darüber verloren. Ich wüsste ja nicht einmal, mit wem ich darüber sprechen sollte. In mancher Hinsicht ist es sehr isoliert hier. Sehr isoliert. Es ist natürlich praktisch und eine große Ersparnis, unsere Wohnung hier im
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