Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
Marschieren jäh abbrach. Er starrte einen Moment zu Boden und sah dann zuVaras junger Helferin hinüber. Das Mädchen duckte sich in peinlicher Verlegenheit noch tiefer über den Stoff und versuchte nach Kräften, sich unsichtbar zu machen. »Du da«, sagte Josua. »Würdest du uns eine Weile allein lassen? Meine Frau und ich möchten ungestört sein.«
»Sie hilft mir!«, fauchte Vara wütend.
Josua durchbohrte das Mädchen mit harten grauen Augen. »Geh!«
Varas Helferin sprang auf und entfloh durch die Zelttür. Ihre Näharbeit ließ sie mitten auf die Bodenmatten fallen. Der Prinz sah ihr nach und drehte sich dann zu Vara um. Er schien etwas sagen zu wollen, schwieg aber und wendete den Kopf wieder zum Zelteingang.
»Gesegnete Elysia«, murmelte er, und man hätte nicht sagen können, ob es ein Gebet oder eine Verwünschung war. Er trat durch die Tür und verließ das Zelt.
»Wo willst du hin?«, rief Vara ihm nach.
Josua spähte in die Dunkelheit, bis er vor einem nicht weit entfernten Zelt einen hellen Fleck wahrnahm. Er ging darauf zu, ballte die Faust und öffnete sie wieder.
»Warte.« Er streckte die Hand nach der Schulter des Mädchens aus. Ihre Augen weiteten sich. Sie war vor ihm bis an die Zeltwand zurückgewichen und hob jetzt die Hände, als wollte sie einen Schlag abwehren. »Verzeih mir«, begann Josua. »Es war unrecht von mir. Du bist freundlich zu meiner Herrin gewesen, und sie hat dich gern. Ich bitte dich um Verzeihung.«
»Ver… Verzeihung, Herr? Ich soll Euch verzeihen?«, schniefte sie. »Ich? Ich bin ein Niemand.«
Josua zuckte zusammen. »Vor Gott ist jede Seele gleich wertvoll. Bitte geh jetzt in Vater Strangyeards Zelt. Dort drüben siehst du sein Feuer leuchten. Bei ihm ist es warm, und er gibt dir bestimmt etwas zu essen und zu trinken. Wenn ich mit meiner Gemahlin gesprochen habe, hole ich dich dort wieder ab.« Ein bekümmertes, müdes Lächeln trat auf sein hageres Gesicht. »Manchmal brauchen ein Mann und seine Frau ein bisschen Zeit für sich allein, auch wenn sie ein Prinz und seine Prinzessin sind.«
Sie schniefte wieder und versuchte einen Knicks, der jedoch misslang, weil sie sich so eng an die Zeltbahn gedrängt hatte, dass sie sich nicht bücken konnte. »Jawohl, Prinz Josua.«
Josua sah sie über den verschneiten Grund auf Strangyeards Zelt zueilen. Er stellte fest, dass der Archivar und eine zweite Person aufstanden, um sie zu begrüßen. Dann drehte er sich um und kehrte in sein eigenes Zelt zurück.
Dort erwartete ihn Vara, in deren Miene Neugier und Zorn sich deutlich mischten. Er berichtete ihr, was er gerade getan hatte.
»Du bist der seltsamste Mann, der mir je begegnet ist.« Sie holte tief und unsicher Atem und sah dann mit schmalen Augen auf ihre Näherei hinunter.
»Wenn die Starken die Schwachen unterdrücken, ohne sich zu schämen, worin unterscheiden wir uns dann noch von den wilden Tieren?«
»Tun wir das?« Noch immer vermied sie seinen Blick. »Was soll uns schon unterscheiden? Dein Bruder hetzt seine Soldaten auf uns. Männer sterben, Frauen sterben, Kinder sterben, alles für Weideland und Namen und Fahnen. Wir sind Tiere, Josua. Wusstest du das noch nicht?« Sie sah ihn an, diesmal freundlicher, wie eine Mutter ihr Kind betrachtet, das die rauhe Wirklichkeit noch nicht kennengelernt hat. Dann nahm sie kopfschüttelnd ihre Arbeit wieder auf.
Der Prinz ging zum Bett und ließ sich auf den Haufen von Kissen und Decken nieder. »Komm, setz dich zu mir«, bat er und klopfte auf den Platz neben sich.
»Hier am Feuer ist es wärmer.« Vara schien ganz in ihre Stiche vertieft.
»Wenn du bei mir wärst, könnte es hier genauso warm sein.«
Vara erhob sich seufzend, legte die Näharbeit hin und kam zu ihm. Sie legte sich neben ihn und bettete den Kopf in die Kissen. Gemeinsam starrten sie an die Decke des Zeltes, die sich unter ihrer Schneelast bog.
»Es tut mir leid«, sagte Josua. »Ich wollte nicht so barsch sein. Aber ich mache mir Sorgen. Ich habe Angst um deine Gesundheit und die des Kindes.«
»Warum glauben Männer immer, sie seien stark und Frauen schwach? Frauen sehen mehr Blut und Schmerzen als die meisten Männer, es sei denn, sie führen Krieg – und das ist sinnloses Blut.« Vara verzog das Gesicht. »Frauen sind es, die die Verwundeten und Kranken pflegen.«
Josua antwortete nicht. Stattdessen legte er den Arm um ihre Schultern und ließ seine Finger durch ihre dunklen Locken gleiten.
»Du musst dich nicht um mich
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