Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
»Aber vorsichtig, wir haben jetzt kein Licht mehr.«
Sie trieben die Pferde an. Schon auf halber Höhe des langgestreckten Hügels erkannte Simon in der Ferne Lichter, eine kleine Ansammlung glimmender Punkte.
»Dort!« Er deutete mit dem Finger und machte sich sofort Sorgen, vielleicht zu laut geredet zu haben. Sein Herz klopfte. »Ist das Fengbalds Lager?«
»Das ist das, was von Gadrinsett noch übrig ist«, erwiderte Sludig. »Fengbalds Lager wird ganz in der Nähe sein.«
Unter ihnen im Tal, dort, wo der unsichtbare Stefflod auf den ebenso unsichtbaren Ymstrecca stieß, brannten nur vereinzelte Feuer. Aber auf der anderen Seite – Simon vermutete, dicht am Nordufer des Ymstrecca – konnte man eine weit größere Anzahl von Lichtern erkennen, Unmengen feuriger Punkte, zu unregelmäßigen Kreisen geordnet.
»Du hast recht.« Simon sah genau hin. »Das da drüben muss die Erkynwache sein. Fengbald hält sich wahrscheinlich in der Mitte dieser Zeltringe auf. Wäre es nicht wunderbar, wenn man ihm einen Pfeil durch die Decke schießen könnte?«
Hotvig kam ein Stück näher. »Ja, er ist dort, und ich würde ihmam liebsten selbst den Hals umdrehen, um ihm das heimzuzahlen, was er bei unserer letzten Begegnung über den Hengststamm gesagt hat. Aber heute Nacht haben wir andere Aufgaben.«
Simon holte tief Atem. »Natürlich«, meinte er dann. »Josua muss wissen, wie groß das Heer ist.« Er überlegte. »Wie wäre es, wenn wir die Feuer zählten?«
Sludig sah skeptisch drein. »Solange wir nicht wissen, wie viele Männer auf ein Feuer kommen, nützt uns das nicht viel.«
Simon nickte nachdenklich. »Ja. Darum zählen wir zuerst von hier aus die Feuer und reiten dann näher heran, um herauszufinden, ob jedes Zelt sein eigenes Feuer hat oder vielleicht nur jedes Dutzend Zelte.«
»Nicht zu dicht«, warnte Sludig. »Ich schätze den Kampf nicht weniger als jeder andere gottesfürchtige Mann, aber ich ziehe doch ein etwas weniger ungleiches Verhältnis vor.«
»Wie weise du bist«, grinste Simon. »Du solltest dir Binabik zum Lehrling nehmen.«
Sludig schnaubte.
Sie zählten die kleinen Feuerpunkte und setzten ihren Ritt bergab fort.
»Wir haben Glück«, bemerkte Hotvig gedämpft. »Ich denke, die Steinhäusler werden heute Nacht brav bei ihren Feuern bleiben und sich nicht dem Wind aussetzen.«
Simon zitterte vor Kälte und schmiegte sich an Heimfinders Hals. »Nicht alle Steinhäusler sind so schlau.«
Als sie zu den verschneiten Wiesen kamen, fing Simons Herz von neuem an zu klopfen. Es hatte etwas Berauschendes und Erregendes, dem Feind so nahe zu sein und kaum einen Pfeilschuss von seiner Armee entfernt lautlos durch die Dunkelheit zu streifen. Er fühlte sich hellwach und seine Haut prickelte, als wehe ihm der Wind durch Mantel und Hemd bis auf die Haut. Gleichzeitig war er fast davon überzeugt, Fengbalds Truppen hätten seine kleine Schar längst entdeckt. Vielleicht wartete schon mit gespannten Bögen und glitzernden Augen die gesamte Erkynwache im Schatten der Zelte, bereit dazu, jeden Moment loszuschlagen.
Langsam umkreisten sie Fengbalds Lager. Sie gaben sich Mühe, imSchutz der Baumgruppen zu bleiben. Aber Bäume waren hier am Rande des Graslands leider knapp. Erst als sie den Fluss und damit die westlichste Ecke des Lagers fast erreicht hatten, fühlten sie sich eine Weile vor Späherblicken sicher.
»Wenn hier weniger als tausend Bewaffnete sind«, erklärte Sludig, »will ich ein Hyrka sein.«
»Es sind auch Thrithingmänner darunter«, fügte Hotvig hinzu. »Stammlose Männer aus den Seen-Thrithingen, wenn ich mich nicht irre.«
»Woher wollt Ihr das wissen?«, fragte Simon. Aus dieser Entfernung ließen sich weder Bemalungen noch sonstige Besonderheiten an den Zelten feststellen. Viele davon waren kaum mehr als ein Windschutz aus festem Tuch, im Boden verankert und mit Stricken an Büschen oder Felsblöcken befestigt. Von den Bewohnern dieser Zelte am äußeren Rand des Lagers hielt sich bei dem grimmigen Wetter niemand im Freien auf.
»Horcht.« Hotvig legte die Hand ans Ohr. Sein narbiges Gesicht war ernst.
Simon hielt den Atem an und lauschte. Das Lied des Windes lag über allem und übertönte selbst die Geräusche der neben ihm reitenden Männer. »Worauf soll ich horchen?«
»Hört genau hin«, erklärte Hotvig, »es sind die Geschirre.« Neben ihm nickte einer seiner Stammesbrüder ebenso ernst.
Simon strengte sich an, zu hören, was der Grasländer meinte. Ihm war,
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