Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
Komm mit, Simon, wir gehen ihnen entgegen!« Er machte kehrt und wollte zur Tür gehen, drehte sich dann aber wieder um und betrachtete staunend seinen Freund. »Simon? Was hast du? Willst du denn die Prinzessin und Herzog Isgrimnur und den braunen Mann nicht sehen?«
»Die Prinzessin.« Simon starrte hilflos auf Aditu, die den Blick mit katzenhafter Ungerührtheit erwiderte.
»Es klingt nach etwas, das dir Freude machen wird, Seoman. Wir können später weiterspielen.«
Simon stand auf und folgte Jeremias aus dem Zelt, hinaus in den Höhenwind, so langsam und unsicher wie ein Schlafwandler. Wie im Traum hörte er ringsum Menschen rufen, ein anschwellendes, brausendes Murmeln, das in seinen Ohren dröhnte wie das Tosen des Meeres.
Miriamel war zurückgekommen.
21
Erhörte Gebete
uf ihrer Reise durch das weite Grasland war es immer kälter geworden. Als Miriamel und ihre Gefährten schließlich die scheinbar endlose Ebene des Wiesen-Thrithings erreichten, lag auf dem Boden Schnee, und selbst über Mittag blieb der Himmel stumpf und zinngrau, nur von schwarzen Wolkenstreifen durchzogen. Miriamel wickelte sich vor dem schneidenden Wind eng in ihren Reisemantel und war fast dankbar dafür, dass Aspitis Preves sie entdeckt hatte; wären sie wirklich gezwungen gewesen, die Reise zu Fuß zu machen, wäre alles noch viel länger und unangenehmer gewesen. Aber obgleich ihr kalt war und sie sich gar nicht wohlfühlte, erlebte sie doch gleichzeitig ein sonderbares Gefühl von Freiheit. Der Graf hatte sie in ihren Träumen verfolgt, jetzt aber hatte sie, obwohl er noch lebte und vermutlich auch weiter versuchen würde, sich zu rächen, vor ihm und dem, was er vielleicht tun konnte, keine Angst mehr.
Ganz anders verhielt es sich mit Cadrachs Flucht. Seitdem sie zusammen von der Eadne-Wolke entkommen waren, hatte sie angefangen, den Hernystiri mit anderen Augen zu sehen. Ja, es stimmte, dass er sie mehrfach verraten hatte, doch auf seine eigene seltsame Weise schien er sie dennoch gerngehabt zu haben. Der Selbsthass des Mönchs hatte nach wie vor zwischen ihnen gestanden und ihn wohl auch fortgetrieben, aber ihre Gefühle hatten sich verändert.
Den Streit um Tiamaks Pergament bedauerte sie zutiefst. Sie hatte gedacht, sie könnte ihn ganz allmählich zum Reden bringen und so vielleicht den Menschen erreichen, der tief in ihm steckte – einen Menschen, dem sie Zuneigung entgegenbrachte. Aber als hätte sie sich einem verwilderten Hund beim Versuch, ihn zu zähmen,zu schnell genähert, war Cadrach vor ihr zurückgescheut und ausgerissen. Miriamel konnte das dumpfe Gefühl nicht unterdrücken, dass sie eine äußerst bedeutsame Gelegenheit verpasst hatte.
Selbst zu Pferde dauerte die Reise lange, und ihre Gedanken waren nicht immer eine angenehme Gesellschaft.
Sie brauchten eine volle Woche, bis sie in das Wiesen-Thrithing gelangten, und sie ritten vom ersten Morgenlicht bis nach Sonnenuntergang … sofern sie die Sonne überhaupt zu Gesicht bekamen. Das Wetter wurde immer kühler, blieb aber gerade noch erträglich. An den meisten Nachmittagen kämpfte die Sonne sich durch die Wolken wie ein erschöpfter, aber entschlossener Bote und verjagte den Frost.
Das Wiesenland war weit und größtenteils flach und eben wie ein Teppich. Die geringe Steigung, die es gelegentlich aufwies, bedrückte sie fast noch mehr. Nach einem langen Tagesritt einen schier endlosen Hang hinauf kam Miriamel von der Vorstellung nicht los, dass sie irgendwann einen Gipfel in der Mitte des absoluten Nichts erreichen würden. Stattdessen fanden sie sich auf einem ebenen, grasigen Tafelland wieder, das genauso langweilig war wie die Steigung, nur um sich danach ganz langsam an einen ebenso öden Abstieg zu machen. Schon der Gedanke daran, eine so eintönige Strecke zu Fuß zurückzulegen, war entmutigend. Eine leere Fläche folgte der nächsten und Miriamel flüsterte Meile auf Meile leise Dankgebete für Aspitis’ unfreiwilliges Geschenk, die Pferde.
Tiamak saß vor ihr im Sattel und erholte sich schnell. Guten Mutes erzählte der Wranna ihr und Isgrimnur – der selig war, dass ein anderer die Bürde des Geschichtenerzählens mit ihm teilte – von seiner Kindheit in den Marschen und seinem schwierigen Jahr als hoffnungsvoller Gelehrter in Perdruin. Obwohl seine natürliche Zurückhaltung ihn daran hinderte, sich über die schlechte Behandlung, die ihm in seinem Leben zuteilgeworden war, zu beklagen, empfand Miriamel sehr deutlich die vielen
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