Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
zwar unsterblich, aber aus Fleisch und Blut wie Ihr und ich.«
Maegwin lächelte jetzt den Sitha schelmisch an. »Guter Herr, Eolair scheint fiebrig. Hast du ihn vielleicht auf deinem heutigen Weg über den Himmel der Sonne zu nah gebracht?«
Der Graf von Nad Mullach war entsetzt. War sie wirklich wahnsinnig oder spielte sie nur ein rätselhaftes Spiel?
»Maegwin!«, fuhr er sie an.
Jiriki berührte seinen Arm. »Kommt mit mir, Graf Eolair. Wir wollen darüber sprechen.«
Maegwin machte einen zweiten Knicks. »Du bist sehr freundlich, Brynioch, Herr. Ich werde jetzt mit deiner Erlaubnis meine Arbeit fortsetzen. Es ist wenig genug, um dir für deine Güte und Gastlichkeit zu danken.«
Jiriki nickte. Maegwin drehte sich um und setzte ihren langsamen Gang über den Hügel fort.
»O ihr Götter!«, murmelte Eolair. »Helft mir! Sie hat den Verstand verloren. Es ist noch ärger, als ich befürchtet hatte.«
»Selbst jemand, der nicht von Eurer Art ist, kann sehen, dass ihr großes Leid widerfahren ist«, sagte Jiriki.
»Was kann ich tun?«, klagte der Graf. »Und was geschieht, wenn sie nicht wieder zur Vernunft kommt?«
»Ich habe eine Freundin – Ihr würdet sie eine Base nennen –, die Heilerin ist«, meinte Jiriki. »Ich weiß nicht, ob sie etwas für diese junge Frau tun kann, aber ich denke, ein Versuch wird nicht schaden.«
Er wartete, bis Eolair wieder in den Sattel gestiegen war, schwang sich dann mit einer einzigen fließenden Bewegung selbst aufs Pferd und führte den schweigsamen Grafen den Hang hinauf zum Taig.
Als sie die näherkommenden Schritte hörte, hätte Rachel sich fast tiefer in den Schatten gedrückt, bevor ihr einfiel, dass das ja nicht nötig war. Innerlich schalt sie sich eine Törin.
Die Schritte waren so langsam, als stammten sie von jemandem, der sehr schwach war oder eine schwere Last trug.
»Wohin gehen wir?« Es war ein heiseres Flüstern, tief und rauh, eine Stimme, die nur noch selten benutzt wurde. »Wohin gehen wir? Gut, gut, ich komme ja mit.« Ein dünnes, schnaufendes Geräusch, das Lachen oder Weinen sein konnte.
Rachel hielt den Atem an. Als Erste erschien die Katze, mit erhobenem Kopf und nach fast einer Woche jetzt ganz sicher, dass hier ein guter Happen auf sie wartete. Gleich hinter ihr folgte der Mann, schlurfte aus dem Schatten ins Licht der Lampe. Ein langer, graumelierter Bart überwucherte sein blasses, narbiges Gesicht, und die von seiner zerlumpten, schmutzigen Kleidung nicht bedeckten Körperteile waren bis auf die Knochen abgemagert. Seine Augen waren geschlossen.
»Langsam«, krächzte er. »Bin schwach. Kann nicht so schnell.« Erhielt an, als spüre er im Gesicht, auf den Lidern der zerstörten Augen, das Lampenlicht. »Wo bist du, Katze?«, fragte er unsicher.
Rachel bückte sich, um die Katze zu streicheln, die mit dem Kopf gegen ihren Knöchel stieß. Sie reichte ihr das Stückchen Pökelfleisch, auf das sie wartete, und richtete sich wieder auf.
»Graf Guthwulf.« Nach Guthwulfs Flüstern schien ihr die eigene Stimme so laut, dass sie selbst erschrak. Der Mann zuckte zusammen, wich zurück und wäre um ein Haar gestürzt. Aber anstatt zu fliehen, hielt er schützend die zitternden Hände vor sich.
»Lasst mich in Ruhe, verfluchte Ungeheuer!«, schrie er. »Sucht euch ein anderes Opfer! Lasst mich in meinem Elend! Soll mich das Schwert doch haben, wenn es das will.«
»Lauft nicht fort, Guthwulf!«, sagte Rachel hastig, aber als er zum zweiten Mal ihre Stimme hörte, drehte der Graf sich um und stolperte den Gang wieder hinunter.
»Ich werde Euch Essen hierlassen!«, rief sie ihm nach. Das zerlumpte Gespenst antwortete nicht, sondern verschwand im Schatten hinter dem Lampenschein. »Ich werde es hinstellen und wieder gehen. Jeden Tag! Ihr braucht nicht mit mir zu sprechen.«
Als das Echo verklungen war, legte sie der Katze eine kleine Portion Dörrfleisch hin, die sofort hungrig verspeist wurde. Die Schüssel mit Fleisch und Trockenobst stellte sie in eine staubige Wandnische, die die Katze nicht erreichen konnte. Dort musste die lebende Vogelscheuche sie entdecken, sofern sie den Mut zur Rückkehr fand.
Rachel, die immer noch nicht recht wusste, warum sie das alles tat, nahm ihre Lampe und machte sich auf den Weg zurück zum Treppenhaus, das in die höheren, vertrauteren Bereiche des Burglabyrinths führte. Sie hatte es getan; es gab kein Zurück mehr. Aber warum? Sie würde sich nun wieder in die Oberburg wagen müssen, denn die
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