Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
lassen, ohne dass es albern aussieht.«
»Josua fragen? Da könnt Ihr jeden fragen!« Simon war hin- und hergerissen zwischen der Freude darüber, dass sie sich wieder ein wenig so benahm wie früher, und dem Ärger über ihre Worte. »Und nicht alt genug? Ich bin so gut wie sechzehn! In vierzehn Tagen, am Sankt-Yistrins-Tag.« Ihm war selbst erst kürzlich klargeworden, dass sein Geburtstag so nah bevorstand, als nämlich Vater Strangyeard eine Bemerkung darüber gemacht hatte, es sei nicht mehr lange bis zum Tag dieses Heiligen.
»Tatsächlich?« Miriamels Blick wurde ernst. »Ich habe meinen sechzehnten Geburtstag auf dem Weg nach Kwanitupul gefeiert. Cadrach war sehr lieb, er stahl mir ein Marmeladentörtchen und ein paar rosa Seenlandnelken – aber es war trotzdem kein großes Fest.«
»Dieser verfluchte Dieb«, knurrte Simon. Er hatte seine Börse und die Schande ihres Verlustes noch nicht vergessen, soviel seit damals auch geschehen war.
»Sag das nicht.« Ihre Stimme klang auf einmal scharf. »Du weißt nichts von ihm, Simon. Er hat viel gelitten. Sein Leben war hart.«
Simon schnaubte angewidert. »Er hat gelitten? Und was ist mit den Leuten, die er bestiehlt?«
Miriamel bekam schmale Augen. »Ich möchte kein Wort mehr über Cadrach hören. Kein Wort.«
Simon öffnete den Mund und machte ihn wieder zu. Verflixt, dachte er, wie schnell man mit Mädchen Streit bekommen kann! Als ob sie es alle darauf anlegten, wie Rachel der Drache zu werden. Er holte Atem. »Es tut mir leid, dass Ihr keinen schönen Geburtstag hattet.«
Sie sah ihn einen Moment an und ihr Zorn verflog. »Vielleicht können wir deinen zusammen feiern, Simon. Wir können uns etwas schenken, wie sie es in Nabban tun.«
»Ihr habt mir schon etwas geschenkt.« Er griff in seine Manteltasche und holte einen schmalen blauen Stoffstreifen heraus. »Erinnert Ihr Euch? Als ich mich von Euch verabschiedete, um mit Binabik und den anderen in den Norden zu reiten.«
Miriamel starrte auf den Stoff. »Du hast ihn immer noch?«, fragte sie leise.
»Ich habe ihn fast ständig getragen. Natürlich habe ich ihn noch.«
Ihre Augen wurden groß, dann wandte sie sich ab und stand abrupt von der Steinbank auf. »Ich muss jetzt gehen, Simon«, sagte sie mit einem seltsamen Unterton. »Bitte sei mir nicht böse.« Sie raffte ihre Röcke und lief über die schwarzweißen Steinplatten des Feuergartens davon.
»Verdammt«, fluchte Simon. Eben schien doch noch alles in Ordnung gewesen zu sein? Was hatte er denn nur getan? Wann würde er endlich lernen, Frauen zu begreifen?
Binabik, dessen Stellung der eines Vollmitglieds des Bundes der Schriftrolle am nächsten kam, nahm Tiamak und Vater Strangyeard den Eid ab. Als sie geschworen hatten, leistete er seinerseits den Eid vor ihnen. Geloë hörte spöttisch zu, während sie die Litaneien sprachen. Sie hatte von den Ritualen des Bundes nie viel gehalten, was einer der Gründe dafür war, dass sie trotz des ungeheuren Respekts, den ihr die Mitglieder entgegenbrachten, nie selbst eine Schriftrollenträgerin geworden war. Es gab auch andere Gründe, aber Geloë sprach nie davon, und von ihren alten Freunden, die vielleicht eine Erklärung dafür gehabt hätten, war keiner mehr am Leben.
Tiamak schwankte zwischen Begeisterung und Enttäuschung. Er hatte lange von diesem Tag geträumt, in seiner Phantasie aber das Schriftrollen-und-Federkiel-Zeichen stets aus der Hand von Morgenes empfangen, während Jarnauga und Ookequk mit dem Ausdruck strahlender Zustimmung zuschauten. Stattdessen musste er Dinivans Anhänger, den Isgrimnur ihm gegeben hatte, selbst aus Kwanitupul mitbringen und saß nun bei den ebenfalls recht unerfahrenen Nachfolgern jener großen Seelen.
Trotzdem lag auch in dieser eher schlichten Verwirklichung seines Traums etwas unaussprechlich Erregendes. Vielleicht würde man sich noch lange an diesen Tag erinnern – der Tag, an dem eine neue Generation von Schriftrollenträgern den Bund zu seiner alten Bedeutung zurückführen würde …
Tiamaks Magen knurrte. Geloë warf ihm einen gelben Blick zu, und er lächelte beschämt. Morgens bei den Vorbereitungen hatte ervor lauter Aufregung das Essen vergessen. Peinliche Verlegenheit überkam ihn. Natürlich! Das waren Sie-die-wachen-und-gestalten , die ihn daran erinnerten, wie unwichtig er war. Ein neues Zeitalter – von wegen! Die hier Versammelten würden sich mächtig anstrengen müssen, um nur halb die Schriftrollenträger zu werden, die ihre
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