Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
Vorräte, die sie gehamstert hatte, reichten nur aus, um eine sehr bescheidene Esserin zu ernähren, nicht aber zwei Erwachsene und eine unersättliche Katze.
»Rhiap, rette mich vor mir selbst«, brummte sie.
Vielleicht lag es daran, dass es die einzige Wohltätigkeit war, die sie in diesen furchtbaren Zeiten ausüben konnte. Aber Rachel warnie ein fanatischer Gutmensch gewesen. Zu viele Bettler waren allem Anschein nach gesund und kräftig und grausten sich wahrscheinlich nur vor der Arbeit.
Aber die Zeiten hatten sich geändert und Rachel mit ihnen. Vielleicht war sie aber auch bloß einsam, überlegte sie. Sie schnaubte und eilte den Gang hinauf.
23
Der Ruf des Horns
n den Tagen, nachdem Prinzessin Miriamel und ihre Begleiter auf dem Sesuad’ra eingetroffen waren, ereigneten sich mehrere seltsame Dinge.
Das erste und am wenigsten wichtige war die Veränderung in Lenti, Graf Streáwes Boten. Der finster blickende Perdruinese hatte die erste Zeit in Neu-Gadrinsett damit zugebracht, auf dem kleinen Marktplatz herumzustolzieren, die Frauen zu belästigen und Streit mit den Händlern anzufangen. Einigen hatte er bereits seine Messer gezeigt und recht unverhüllt angedeutet, dass er davon Gebrauch zu machen pflegte, wenn ihm danach zumute war.
Als jedoch Herzog Isgrimnur mit der Prinzessin auftauchte, zog sich Lenti sofort in das ihm zugeteilte Zelt zurück und kam lange nicht wieder zum Vorschein. Man musste ihn mühsam herauslocken, damit er überhaupt Josuas Antwort an seinen Herrn Streáwe entgegennahm, und als Lenti merkte, dass der Herzog dabei anwesend sein würde, bekam der Bote und Messerheld so weiche Knie, dass man ihm gestatten musste, Josuas Anweisungen sitzend anzuhören. Anscheinend – jedenfalls wurde die Geschichte später so auf dem Markt erzählt – waren Isgrimnur und er einander schon früher begegnet, und Lenti hatte diese Bekanntschaft nicht in angenehmer Erinnerung. Sobald er die Antwort an seinen Herrn in der Tasche hatte, verließ Lenti den Sesuad’ra in aller Eile, und niemand weinte ihm eine Träne nach.
Das zweite und weit erstaunlichere Ereignis war Herzog Isgrimnurs Erklärung, bei dem alten Mann, den er aus dem Süden mitgebracht hatte, handele es sich um keinen anderen als Camaris-sá-Vinitta, den größten Helden des Johaninischen Zeitalters. In derganzen Siedlung wurde darüber getuschelt, dass Josua, als er am Abend ihrer Ankunft davon erfuhr, vor dem alten Ritter auf die Knie gefallen war und ihm die Hand geküsst hatte, offensichtlich ein Beweis dafür, dass Isgrimnur die Wahrheit gesprochen hatte. Seltsamerweise blieb der angebliche Herr Camaris von Josuas Geste völlig ungerührt.
Schon bald verbreiteten sich in Neu-Gadrinsetter Kreisen die widersprüchlichsten Gerüchte – der alte Mann sollte eine Kopfverletzung erlitten, durch Trunksucht, Zauberei oder eine Vielzahl anderer Ursachen den Verstand verloren oder gar ein Schweigegelübde abgelegt haben.
Der dritte und traurigste Vorfall war der Tod des alten Strupp. In derselben Nacht, in der Miriamel und die anderen zurückkehrten, starb der alte Narr im Schlaf. Die meisten waren sich darin einig, dass die Aufregung zu viel für sein Herz gewesen sein musste. Wer allerdings wusste, welchen Schrecknissen Strupp mit Josua und den restlichen Überlebenden von Naglimund auf der Flucht getrotzt hatte, war davon nicht so überzeugt. Doch war er schließlich sehr alt gewesen, und sein Tod war ein natürlicher. Zwei Tage später sprach Josua bei seiner Beerdigung freundliche Worte über ihn und erinnerte die kleine Trauergemeinde daran, wie lange Strupp König Johan gedient hatte. Trotzdem fiel es einigen auf, dass man den alten Narren trotz der vollmundigen Lobrede des Prinzen bei den Gefallenen der Schlacht und nicht neben Deornoth im Garten des Abschiedshauses beisetzte.
Der Harfner Sangfugol sorgte dafür, dass dem alten Mann sowohl eine Laute als auch sein zerfetztes Narrengewand mit ins Grab gelegt wurden, als Andenken daran, dass Strupp ihn seine musikalische Kunst gelehrt hatte. Zusammen mit Simon pflückte er Schneeblumen, die sie ihm, nachdem das Grab aufgefüllt war, über die dunkle Erde streuten.
»Traurig, dass er gerade jetzt sterben musste, als Camaris zurückkam.« Miriamel flocht die restlichen Schneeblumen, die Simon ihr geschenkt hatte, zu einer zierlichen Halskette. »Er war einer der wenigen Menschen, die Strupp noch von früher kannte, und sie hattennicht einmal die Gelegenheit zu einem
Weitere Kostenlose Bücher