Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
Lichter, als würden die Seelen aller Glühwürmchen der ganzen Welt auf einmal befreit und tanzten und hüpften. Dann wurde alles dunkel. Eolair merkte, dass er fiel, wie ein Stein fiel, ein Stein, den man in endlose Leere wirft …
»Ihr lebt.«
Die Erleichterung in Jirikis Stimme war unverkennbar. Eolair öffnete die Augen und gewahrte einen bleichen, verschwommenen Fleck, aus dem nach und nach das Gesicht des Sitha wurde, der sich dicht über ihn beugte. Die kühlen Hände berührten seine Schläfen.
Eolair winkte ihn matt von sich fort. Der Sitha gehorchte und ließ ihn sich aufrichten. Eolair empfand eine unbestimmte Dankbarkeit, dass der andere nicht versuchte, ihm zu helfen, auch wenn er lange brauchte, um seinen zitternden Körper zur Ruhe zu bringen. In seinem Kopf hämmerte es, als riefe Rhynns Kessel die Krieger zur Schlacht. Er musste kurz die Augen schließen, um sich nicht zu übergeben.
»Ich warnte Euch davor, mich zu berühren«, sagte Jiriki, aber es lag kein Vorwurf in seiner Stimme. »Es tut mir sehr leid, dass Ihr so für mich gelitten habt.«
»Was … was ist geschehen?«
Jiriki schüttelte den Kopf. Er bewegte sich ungewohnt steif, aber wenn Eolair dachte, wie lange der Sitha ausgehalten hatte, was er selbst nur einen kurzen Moment ertragen konnte, erfüllte ihn Ehrfurcht. »Ich bin selbst nicht sicher«, erklärte der Prinz. »Irgendetwas wollte nicht, dass ich die Straße der Träume erreichte oder den Scherben benutzte – etwas, das sehr viel mächtiger und klüger ist als ich.« Er verzog das Gesicht und zeigte die weißen Zähne. »Ich hatte recht, Simon vor der Traumstraße zu warnen – hätte ich mich nur an meinen eigenen Rat gehalten! Meine Mutter Likimeya wird vor Wut außer sich sein.«
»Ich dachte, Ihr müsstet sterben«, stöhnte Eolair. Ihm war zumute, als werde hinter seiner Stirn ein großer Ackergaul beschlagen.
»Wenn Ihr mich nicht aus der Falle gestoßen hättet, in der ich gefangen war, hätte mich wohl Schlimmeres als der Tod erwartet.« Er lachte plötzlich scharf auf. »Ich schulde Euch den Staja Ame, Graf Eolair – den Weißen Pfeil. Leider hat ihn schon jemand anderes von mir bekommen.«
Eolair rollte sich auf die Seite und versuchte aufzustehen. Er brauchte mehrere Anläufe, schaffte es aber endlich mit Jirikis Hilfe, die er diesmal gern annahm, auf die Füße zu kommen. Der Scherben schien sich beruhigt zu haben. Gedämpft flackerte er inmitten der leeren Arena und warf zögernde Schatten hinter die Steinbänke. »Weißer Pfeil?«, murmelte Eolair. Sein Kopf tat weh, und die Muskeln waren steif, als hätte man ihn hinter einem Karren von Hernysadharc nach Crannhyr geschleift.
»Ich werde es Euch bald erklären«, versprach Jiriki. »Wahrscheinlich werde ich mich an diese Art Schmach gewöhnen müssen.«
Sie gingen auf den Tunnel zu, der aus der Arena führte. Eolair hinkte. Jiriki stand etwas fester auf den Beinen, bewegte sich aber immer noch langsam.
»Schmach?«, fragte Eolair matt. »Was meint Ihr damit?«
»Von Sterblichen gerettet zu werden. Es scheint mir zur Gewohnheit zu werden.«
Das Echo ihrer unsicheren Schritte verhallte im Dunkel der riesigen Halle.
»Hier, Miez-Miez-Miez. Komm, Grimalkin!«
Es war Rachel etwas peinlich. Sie wusste nicht so genau, wie man Katzen anredete. Früher hatte sie von den Tieren bloß erwartet, dass sie ihre Arbeit machten und die Zahl der Ratten kleinhielten. Das Streicheln und Verwöhnen überließ sie ihren Kammerfrauen. Ihrer Ansicht nach gehörte es nicht zu ihren Pflichten, an Untergebene, ob zwei- oder vierfüßig, Koseworte und Süßigkeiten zu verteilen. Jetzt aber hatte sie ein Anliegen – zugegeben, ein törichtes und schwachköpfiges –, und darum vergaß sie ihren Stolz eine Zeitlang.
Dank dem barmherzigen Usires, dass mich hier keiner sieht.
»Miez-Miez-Miez.« Rachel schwenkte das Stückchen Pökelfleisch. Sie gab sich Mühe, ihre Rückenschmerzen und den harten Stein unter ihren Knien zu vergessen, und rutschte noch eine halbe Elle vor. »Ich will dich doch nur füttern, du Rhiap-bewahr-uns schmutziges Ding.« Mit finsterem Gesicht wedelte sie mit dem Fleischbrocken. »Oder sollte ich dich doch lieber in den Kochtopf stecken?«
Doch selbst die Katze, die ein kleines Stück außerhalb von Rachels Reichweite mitten im Gang stand, schien zu wissen, dass die Drohung nicht ernst gemeint war. Nicht wegen Rachels Weichherzigkeit – sie hätte ihr ohne Gewissensbisse eins mit dem Besen
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