Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
Vorgänger gewesen waren. Das würde Tiamak, den Wilden aus Haindorf, lehren, sich so an seinen eigenen Phantasien zu berauschen!
Sein Magen knurrte erneut. Tiamak vermied Geloës Blick und zog die Knie enger an den Körper. Er hockte auf den Bodenmatten von Strangyeards Zelt wie ein Verkäufer von Töpferwaren an einem kalten Markttag.
»Binabik hat mich gebeten zu sprechen«, begann Geloë, als alle Gelübde abgelegt waren. Sie war so kurz angebunden wie die Frau eines Dorfältesten, die einer Jungvermählten alles über Haushalt und Kleinkinder erklärt. »Weil ich die Einzige bin, die alle anderen Schriftrollenträger kannte, habe ich eingewilligt.« Unter ihrem strengen Blick fühlte sich Tiamak unbehaglich. Vor seiner Reise zum Sesuad’ra hatte er mit der Waldfrau nur Briefe gewechselt und von der Kraft, die von ihr ausging, keine Ahnung gehabt. Jetzt versuchte er sich fieberhaft an den Inhalt dieser Briefe zu erinnern und hoffte nur, dass sie höflich genug gewesen waren. Geloë gehörte zweifellos nicht zu den Frauen, mit denen man sich anlegen wollte.
»Ihr seid in einer Zeit Schriftrollenträger geworden, die vielleicht die schwerste ist, die die Welt je gesehen hat, übler noch als Fingils Zeitalter der Eroberung und Plünderung und Zerstörung. Ihr habt alle genug gehört, um zu begreifen, dass es hier um weit mehr geht als nur um einen Krieg zwischen Fürsten. Elias von Erkynland hat sich auf irgendeine Weise der Unterstützung von Ineluki Sturmkönig versichert, dessen untote Hand sich jetzt von den Nornfjällen herunter nach uns ausstreckt, so wie Eahlstan Fiskerne es vor Jahrhunderten schon befürchtete. Das ist die Aufgabe, vor der wir stehen – zu verhindern, dass diese böse Macht einen Bruderzwist in eine endgültige Finsternis verwandelt. Und der erste Teil dieser Aufgabe, scheint mir, besteht in der Lösung des Rätsels der Klingen.«Ihre Debatte über Nisses’ Schwertreim dauerte bis weit in den Nachmittag. Bis Binabik endlich auf die Idee kam, ihnen allen etwas zu essen zu holen, war Morgenes’ kostbare Handschrift über Strangyeards ganzes Zelt verstreut und buchstäblich jedes einzelne Blatt hochgehalten, untersucht und streitig erörtert worden. Die weihrauchgeschwängerte Luft lag schwer auf ihren Köpfen.
Tiamak wusste jetzt, dass Morgenes’ Botschaft an ihn sich auf den Reim über die drei Schwerter bezogen haben musste. Der Wranna hatte es für unmöglich gehalten, dass jemand etwas von seinem eigenen verborgenen Schatz wissen konnte; nun war klar, dass das stimmte. Doch auch wenn er nicht schon vorher einen gesunden Respekt vor Zufällen gehabt hatte, die Enthüllungen dieses Tages hätten ihn überzeugt.
Als Brot und Wein herumgereicht und die schärferen Auseinandersetzungen durch volle Münder und die Notwendigkeit, einen Krug miteinander zu teilen, besänftigt worden waren, ergriff Tiamak endlich das Wort.
»Auch ich habe etwas gefunden, das Euch vielleicht interessieren wird.« Vorsichtig setzte er den Becher hin und zog das in Blätter gewickelte Pergament aus seinem Reisesack. »Ich fand es auf dem Marktplatz von Kwanitupul. Eigentlich wollte ich es nach Nabban zu Dinivan bringen, um seine Meinung darüber zu hören.« Er rollte es ganz vorsichtig auf. Die drei anderen rückten näher. Tiamak empfand den besorgten Stolz eines Vaters, der sein Kind zum ersten Mal den Ältesten vorstellt, damit sie die Namensgebung bestätigen.
»Gesegnete Elysia!«, stöhnte Strangyeard. »Ist es echt?«
Tiamak zuckte die Achseln. »Wenn nicht, ist es eine sehr sorgfältige Fälschung. In meiner Zeit in Perdruin habe ich viele Schriften aus Nisses’ Zeit gesehen. Das hier sind Rimmersgard-Runen, wie man sie damals geschrieben hat. Achtet auf die rückwärts geringelten Spiralen.« Er zeigte sie mit zitterndem Finger.
Binabik kniff die Augen zusammen und las. » Aus Nuannis Felsgarten …«
»Ich glaube, damit sind die südlichen Inseln gemeint«, erklärte Tiamak. »Nuanni…«
»… war der alte Nabbanai-Meergott.« Strangyeard war so erregt,dass er ihm ins Wort fiel – unerhört für den schüchternen Priester. »Natürlich! Nuannis Felsgarten – die Inseln! Aber was bedeutet das Übrige?«
Als die anderen sich näher beugten, schon tief in der Diskussion, fühlte Tiamak warmen Stolz. Sein Kind hatte die Zustimmung der Ältesten gefunden.
»Standhalten genügt nicht.« Herzog Isgrimnur saß auf einem Hocker in Josuas dämmrigem Zelt, dem Prinzen gegenüber. »Ihr habt einen
Weitere Kostenlose Bücher