Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
wiederholte Simon verwirrt. »Was …?« Jäh unterbrach er sich. »Das Horn!«
»Ja, das Horn«, bestätigte Josua. »Amerasus Geschenk an uns, mit dem wir nichts anzufangen wussten.«
»Aber wie passt das zum ›Namen des Rufers‹?«, fragte Simon.
»Es lag sozusagen genau vor unserer Nase«, erläuterte Tiamak. »Als Isgrimnur Camaris in der Herberge in Kwanitupul fand, nannte man ihn dort Ceallio – das bedeutet in perdruinesischer Sprache ›Schall‹ oder ›Ruf‹. Camaris’ berühmtes Horn trug den Namen Cellian, das ist dasselbe Wort auf Nabbanai.«
Geschmeidig wie ein auffliegender Falke erhob sich Aditu. »Nur die Sterblichen nannten es Cellian. Es hat einen weit älteren Namen, seinen wahren Namen, den Namen seiner Erschaffung. Das Horn, das Amerasu Euch schickte, gehörte den Sithi, lange bevor Euer Camaris es in seinen Schlachten blies. Es heißt Ti-tuno.«
»Aber wie gelangte es in Camaris’ Hände?«, fragte Miriamel. »Und wenn er es in seinem Besitz hatte, wie bekamen die Sithi es wieder zurück?«
»Den ersten Teil Eurer Frage kann ich leicht beantworten«, erwiderte Aditu. »Ti-tuno ist aus dem Zahn des Drachen Hidohebhi geschnitzt, des schwarzen Wurms, den Hakatri und Ineluki erschlugen. Als Prinz Sinnach von Hernystir, ein Mensch, uns bei der Schlacht von Ach Samrath zu Hilfe kam, schenkte ihm Iyu’unigato vom Haus der Tanzenden Jahre das Horn als Zeichen des Dankes, ein Geschenk von Freund zu Freund.«
Sie schwieg, und Binabik forderte sie mit einem Blick auf, fortfahren zu dürfen. Als sie nickte, sagte er: »Viele Jahrhunderte, nachdem Asu’a fiel, errang Johan die Macht in Erkynland und hätte die Möglichkeit gehabt, die Hernystiri zu seinen Vasallen zu machen. Aber er verzichtete darauf, und zum Dank schickte König Llythinn ihm das Horn Ti-tuno als Bestandteil von Ebekahs Mitgift, als man sie holte, damit sie Priester Johans Frau würde. Camaris war ihr Hüter auf dieser Reise und brachte sie sicher nach Erchester. Johan aber fand seine Hernystiri-Braut so schön, dass er Camaris das Horn schenkte zur Erinnerung an den Tag von Ebekahs Ankunft auf dem Hochhorst.« Er winkte mit der Hand, breit und schwungvoll, als hätte er ein Bild gemalt, das die anderen nun bewundern sollten. »Wie es aber zu Amerasu und den Sithi zurückkam, das ist eine Geschichte,die uns Camaris vielleicht selbst erzählen kann. Doch dies ist der Ort, von dem es kam: das ›Schiff auf der seichtesten See‹.«
»Diese Zeile verstehe ich nicht«, meinte Isgrimnur.
Aditu lächelte. »Unsere Stadt heißt Jao é-Tinukai’i. Das bedeutet ›Boot – oder Schiff – im Meer der Bäume‹. Es ist schwer, sich eine seichtere See vorzustellen als ein Meer ohne Wasser.«
Simon war allmählich ganz verwirrt vom Strom der Worte und der ständig wechselnden Folge der Sprecher. »Was willst du damit sagen, Binabik, dass Camaris die Geschichte erzählen könnte? Ich denke, er kann nicht reden? Ist er nicht stumm, oder wahnsinnig, oder verhext?«
»Vielleicht alles auf einmal«, antwortete der Troll. »Aber vielleicht ist es auch so, dass die letzten Zeilen des Gedichts Camaris selbst betreffen – und dass er, wenn alle diese Dinge vereint sind, vielleicht aus seinem Zustand befreit wird, der eine Art Gefängnis ist. Wir hoffen, dass er dadurch seinen Verstand wiedererlangt.«
Erneut herrschte für ein paar Herzschläge Schweigen.
»Natürlich«, fügte Josua endlich hinzu, »stellt sich immer noch die Frage, was die drittletzte Zeile bedeuten soll.« Er reckte die Arme hoch – die linke Hand, die noch immer Elias’ Eisenfessel trug, und den rechten Arm, der in einem von Leder umhüllten Stumpf endete. »Wie Ihr seht, fehlt dem Prinzen eine Hand.« Er gestattete sich ein spöttisches Grinsen.
»Ich habe schon einmal versucht, Camaris die Klinge Dorn zu zeigen«, erinnerte sich Isgrimnur. »Dachte, es könnte seinen Verstand aufrütteln, wenn Ihr mich versteht. Aber er wollte gar nicht in die Nähe. Riss sich los, als sei es eine Giftschlange, und verließ einfach den Raum.« Er stockte. »Aber wenn vielleicht alles beieinander ist, das Horn und der Rest … vielleicht geht es dann.«
»Nun?«, fragte Miriamel. »Und warum versuchen wir es dann nicht?«
»Weil wir nicht können«, versetzte Josua traurig. »Wir haben das Horn nicht mehr.«
»Was?« Simon blickte auf, ob der Prinz vielleicht, so unwahrscheinlich es auch war, einen Scherz machte. »Wie ist das möglich?«
»Es verschwand während der
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