Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
Scharfnases Kriegslager floh.« »Im Übrigen, Josua, ist auch in Hernystir Euer Überleben nichts weiter als ein unbestimmtes Gerücht«, ergänzte Eolair. »Schon, dass ich diese Nachricht zu meinem Volk zurückbringen kann, macht meine Reise zu einem großen Erfolg.«
Josua, der auf und ab gegangen war, blieb stehen. »Ihr werdet mehr als das nach Hause bringen, Graf Eolair. Ich schwöre Euch, Ihr sollt hoffnungsvoller heimkehren.« Er strich sich mit der Hand über die Augen wie jemand, den man zu früh aus dem Schlaf geweckt hat. »Beim Baum , was für ein Tag! Wir wollen jetzt schließen und ein Mittagbrot zu uns nehmen. Ich möchte über das nachdenken, was ich heute gehört habe.« Er lächelte erschöpft. »Außerdem sollte ich nach meiner Gemahlin sehen.« Er hob den Arm. »Steht auf, steht alle auf! Außer Euch, Strangyeard – Ihr werdet ja wohl hierbleiben wollen.«
Der Archivar, vergraben inmitten seiner Schafshäute, hörte ihn gar nicht.
In dunkle und labyrinthische Gedanken vertieft, bemerkte Pryrates die Töne zuerst überhaupt nicht. Als sie endlich den Nebel seiner Geistesabwesenheit durchdrangen, blieb er so unvermittelt stehen, dass er am Rand der Treppenstufe schwankte.
»Azha she’she t’chakó, urun she’she bhabekró …«
Die Melodie, die aus dem dunklen Treppenschacht nach oben stieg, war zart, aber düster, getragen und immer hart am Rand schmerzhafter Misstöne. Es hätte der bedächtige Gesang einer Spinne sein können, die ihre Beute mit klebriger Seide umwickelt.Gehaucht und langsam glitt das Lied unfroh zwischen den vollen Tönen dahin, freilich mit einer Kunstfertigkeit, die ahnen ließ, dass die scheinbare Schieflage beabsichtigt war und dass ihr eine ganz andere Vorstellung von Harmonie zugrunde lag.
»Mudhul samat’ai. Jabbak s’era memekeza sanayha-z’á
Ninyek she’she, hamut ‚tke agrazh’a s’era yé …«
Ein Geringerer wäre vielleicht in die oberen Bereiche der taghellen Burg zurückgeflohen, um dem Sänger einer so beunruhigenden Weise nicht begegnen zu müssen. Pryrates stieg, ohne zu zögern, weiter hinab. Seine Stiefel hallten auf der Steintreppe. Ein zweiter Melodienstrang vereinte sich mit dem ersten, genauso fremdartig, genauso entsetzlich geduldig. Zusammen klagten sie wie Wind über einer Schornsteinöffnung.
Pryrates erreichte den Treppenabsatz und trat in den Gang. Die beiden Nornen, die vor der schweren Eichentür standen, verstummten jäh. Als er näherkam, musterten sie ihn mit dem gleichgültigen und ein wenig verächtlichen Ausdruck von Katzen, die man beim Sonnenbaden stört.
Pryrates stellte fest, dass sie für Hikeda’ya recht groß waren, beide so hochgewachsen wie ein sehr großer Mann, wenn auch dünn wie verhungernde Bettler. In den Händen hielten sie locker die silberweißen Lanzen. Die gelassenen, totenblassen Gesichter schimmerten in den dunklen Kapuzen.
Pryrates starrte die Nornen an. Die Nornen erwiderten den Blick.
»Nun? Wollt ihr mich anglotzen oder mir die Tür öffnen?«
Der eine Norne neigte langsam den Kopf. »Ja, edler Pryrates.« In seiner eisigen, stark akzentuierten Sprechweise lag nicht der geringste Hauch von Ehrerbietung. Er drehte sich um und zog die gewaltige Tür auf. Dahinter wurden ein Gang, rot vom Fackelschein, und weitere Stufen sichtbar. Pryrates trat zwischen die beiden Wächter und setzte seinen Weg in die Tiefe fort. Hinter ihm schloss sich die Tür. Er hatte noch keine zehn Schritte zurückgelegt, als die unheimliche Spinnenmelodie auch schon wieder einsetzte.
Hämmer hoben und senkten sich, klirrten und dröhnten, klopften das abkühlende Metall zu Formen, wie sie der König, der hoch über seiner Gießerei im verdunkelten Thronsaal saß, brauchte. Der Lärm war entsetzlich, der Gestank – Schwefel, weißglühendes Eisen, zu trockenem Salz versengte Erde und der süßlich-pikante Geruch verbrannten Menschenfleischs – sogar noch schlimmer.
Die Menschen, die da kreuz und quer durch die große Schmiedehalle eilten, waren furchtbar missgestaltet, als hätte die schreckliche Backofenhitze der unterirdischen Höhle sie schmelzen lassen wie minderwertiges Metall. Selbst ihre schwere, gepolsterte Kleidung konnte es nicht verbergen. In der Tat waren es, wie Pryrates sehr wohl wusste, nur die an Geist oder Körper oder beidem rettungslos Verkrüppelten, die hier unten blieben, um in Elias’ Waffenschmiede zu arbeiten.
Von den anderen waren einige so glücklich gewesen, gleich zu Anfang fliehen
Weitere Kostenlose Bücher