Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
Jahreszeit und in jedem Licht gesehen, in guten und schlechten Zeiten. Vielleicht kannte der alte Mann sich selbst nicht mehr, aber Isgrimnur irrte sich nicht.
Dennoch – was sollte weiter mit ihm geschehen? Ganz gleich, ob er hoffnungslos verrückt war oder nicht, er brauchte Hilfe. Seine Aufgabe lag offen zutage. Er musste Camaris zu Menschen bringen, die sich an ihn erinnerten und Ehrfurcht vor ihm hatten. Selbst wenn die Welt, die aufzubauen Camaris geholfen hatte, jetzt zerfiel, selbst wenn König Elias zerstörte, wovon Camaris’ Freund und Lehensherr Johan geträumt hatte, verdiente es der alte Mann, seine letzten Jahre an einem besseren Ort als in diesem hinterwäldlerischen Pestloch zuzubringen. Außerdem konnte der alte Ritter ein Quell der Hoffnung sein, und Isgrimnur, der, so rauh er das auch immer abstritt, ein kluger Staatsmann war, kannte den Wert solcher Symbole.
Doch selbst wenn Josua oder ein paar seiner Hauptleute überlebt und sich irgendwo im Norden wieder zusammengefunden hatten, wie es die Gerüchte auf dem Markt in Kwanitupul wissen wollten, wie sollten Isgrimnur und Camaris sich durch ein von Feinden wimmelndes Nabban zu ihm durchschlagen? Wie konnte er auch nur diese Herberge verlassen? Mit seinem letzten Atemzug hatte Vater Dinivan ihm aufgetragen, Miriamel hierherzubringen. Der Herzog hatte sie nicht finden können, bevor er gezwungen war, aus der Sancellanischen Ädonitis zu fliehen. Aber vielleicht wusste Miriamel ja schon von diesem Ort. Vielleicht hatte Dinivan selbst ihr davon erzählt. Vielleicht tauchte sie hier auf, allein und auf der Flucht, nur um zu erfahren, dass er schon fort war! Konnte er dieses Risiko in Kauf nehmen? Er war es Josua schuldig – ob der Prinz noch am Leben war oder nicht –, dem Mädchen nach besten Kräften zu helfen.
Isgrimnur hatte gehofft, dass Tiamak, der auf irgendeine ungeklärte Weise zu Dinivans Vertrauten gehörte, etwas über Miriamels Verbleib wusste, aber diese Hoffnung hatte sich sogleich zerschlagen. Nach vielen bohrenden Fragen hatte der kleine braune Mann zwar zugegeben, dass Dinivan auch ihn hierherbeordert hatte, aber keine weiteren Erklärungen gegeben. Die Nachricht von Dinivans und Morgenes’ Tod hatte Tiamak in tiefes Grübeln versetzt, und auch später hatte er Isgrimnur nichts Nützliches mitteilen können. Tatsächlich fand ihn der Herzog ziemlich mürrisch. Obwohl dem Marschmann sein Bein erkennbar große Schmerzen bereitete – ein Cockindrill hatte ihn gebissen, sagte er –, war Isgrimnur doch der Ansicht, Tiamak könnte sich etwas mehr anstrengen, die vielen Rätsel zu lösen, die sie beide beschäftigten, vor allem die Frage, was Dinivan eigentlich bezweckt hatte. Stattdessen schien Tiamak sich damit zu begnügen, missmutig im Zimmer zu hocken – einem Zimmer, das Isgrimnur immerhin bezahlte! – oder lange Stunden am Schreibtisch zuzubringen. Oft hinkte er auch stundenlang über die hölzernen Gehstege von Kwanitupul, wie zweifellos gerade jetzt.
Isgrimnur wollte soeben dem schweigenden Camaris etwas sagen, als es an die Tür klopfte. Sie knarrte auf und die Wirtin Charystra trat ein.
»Ich habe Euch das Essen gebracht, das Ihr haben wolltet.« IhremTon war zu entnehmen, dass sie damit ein großes persönliches Opfer brachte – als würde Isgrimnur sie nicht für Kost und Logis bezahlen! »Schönes Brot und Suppe. Vom besten. Mit Bohnen.« Sie stellte die Suppenschüssel auf den niedrigen Tisch und knallte drei Schalen daneben. »Ich begreife nicht, warum Ihr nicht mit allen anderen unten essen könnt.« Alle anderen – das waren zwei Federhändler aus dem Wran und ein wandernder Steinschneider aus Naraxi, der Arbeit suchte.
»Weil ich dafür bezahle«, grollte Isgrimnur.
»Wo ist der Marschmann?« Sie teilte die Suppe aus, die nicht einmal mehr dampfte.
»Ich weiß nicht, und ich bezweifle auch, dass es Euch etwas angeht.« Er warf ihr einen finsteren Blick zu. »Ich habe Euch heute Morgen fortgehen sehen – mit Eurer Freundin.«
»Zum Markt«, schniefte Charystra. »Ich kann ja nicht mein Boot nehmen, weil er« – weil ihre Hände voll waren, deutete sie mit dem Kopf nach Camaris – »es nie repariert hat.«
»Und das werde ich auch nicht dulden, um seiner Würde willen – und ich bezahle Euch auch dafür.« Isgrimnurs schlechte Laune gewann langsam die Oberhand. Charystra strapazierte seine Ritterlichkeit jedes Mal fast bis zum Äußersten. »Ihr habt ein loses Mundwerk, Frau. Ich frage mich, was Ihr
Weitere Kostenlose Bücher