Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
Nerulagh-Tor und leistest den Raben Gesellschaft.« Pryrates musste das Lachen unterdrücken, wenn er sich Inchs missgestalteten Kopf über dem Tor aufgespießt vorstellte – ein Leckerbissen, um den sich nicht einmal die Krähen streiten würden. »Ich will keine Ausreden hören – du hast den dritten Teil eines Jahres. Und wenn wir schon vom Nerulagh-Tor sprechen: Es gibt dort noch ein paar andere Dinge für dich zu tun. Ein paar äußerst wichtige Dinge – Verbesserungen in der Verteidigung des Tors.« Er griff in sein Gewand und zog eine Schriftrolle hervor. Inch öffnete sie und hielt sie in die Höhe, damit das flackernde Licht des Schmiedefeuers darauf fiel. »Auch das muss bis Kyndelmess fertig sein.«
»Wo ist das Siegel des Königs?« Inchs entstelltes Gesicht zeigte einen überraschend schlauen Ausdruck.
Pryrates’ Hand flog nach oben. Ein Blitz aus fettiggelbem Licht umzuckte seine Fingerspitzen. Gleich darauf erlosch das Glühen. Pryrates ließ die Hand wieder sinken und verbarg sie im bauschigen,scharlachroten Ärmel. »Wenn du mir noch einmal eine solche Frage stellst«, zischte er, »verwandele ich dich in einen Haufen Asche.«
Das Gesicht des Schmiedemeisters war ernst. »Dann bleiben Mauern und Tor unvollendet. Keiner lässt die Männer so schnell arbeiten wie Doktor Inch.«
»Doktor Inch.« Pryrates’ Lippen kräuselten sich. »Usires steh mir bei, ich habe dein Geschwätz satt. Mach deine Arbeit, wie König Elias es wünscht. Du hast mehr Glück, als du ahnst, Tölpel. Du wirst den Beginn einer großen Epoche, eines Goldenen Zeitalters erleben.« Aber nur den Anfang, und auch davon nicht viel, versprach der Priester sich selbst. »Ich komme in zwei Tagen wieder. Dann höre ich von dir, wie viele Männer und was du sonst noch brauchst.«
Im Davonschreiten kam es ihm vor, als riefe ihm Inch etwas nach. Aber als Pryrates sich umdrehte, starrte der Schmiedemeister nur auf die dicken Speichen des Wasserrades, die sich langsam im Kreis bewegten. Die Hämmer klirrten laut, aber über allem lag das klagende Knarren des sich drehenden Rades.
Herzog Isgrimnur lehnte am Fensterbrett, strich sich den neu gewachsenen Bart und schaute hinunter auf die schmutzigen Wasserwege von Kwanitupul. Der Sturm war vorübergezogen, die bizarren, zur Jahreszeit nicht passenden Schneeflecken waren geschmolzen, und die Marschluft, wenn auch noch immer merkwürdig kühl, hatte ihre gewöhnliche Klebrigkeit wiedergewonnen. Isgrimnur spürte den heftigen Drang, sich zu bewegen, etwas zu unternehmen.
In der Falle, dachte er. Festgenagelt, wie von einer Einheit Bogenschützen. Genau wie damals in der verfluchten Schlacht am Clodu-See.
Aber natürlich gab es hier keine Bogenschützen oder sonstige feindliche Streitkräfte. Kwanitupul, zumindest vorübergehend aus der Umklammerung der Kälte befreit und zu seinem normalen Zustand absoluter Käuflichkeit zurückgekehrt, widmete Isgrimnur genauso viel Aufmerksamkeit wie allen anderen Besuchern der Stadt, die sich auf ihrem klapprigen Körper eingenistet hatten wie ein Haufen geschäftiger Flöhe. Nein, es waren die Umstände, die deneinstigen Gebieter von Elvritshalla hier gefangen hielten, und diese Umstände waren im Augenblick unversöhnlicher als alle menschlichen Gegner, wie zahlreich und wohlbewaffnet auch immer sie sein könnten.
Seufzend richtete Isgrimnur sich auf und drehte sich zu Camaris um, der auf der anderen Seite des Zimmers an die Wand gelehnt dasaß und Knoten in ein Stück Seil knüpfte, die er dann wieder auflöste. Der alte Mann, einst der gewaltigste Ritter von Osten Ard, sah auf und lächelte sein sanftes, schwachsinniges Kinderlächeln. Trotz seines weißhaarigen Alters hatte er noch gute Zähne. Außerdem war er stark, mit festen Händen, um die ihn die meisten jungen Raufbolde in den Schenken beneidet hätten.
Auch wochenlange Bemühungen Isgrimnurs hatten an diesem Lächeln, das ihn verrückt machte, nichts ändern können. Ob nun Camaris verhext, am Kopf verletzt oder einfach altersverwirrt war – das Ergebnis blieb dasselbe: Es war dem Herzog nicht gelungen, auch nur den Schimmer einer Erinnerung in ihm wachzurufen. Weder erkannte der alte Mann ihn, noch erinnerte er sich an seine Vergangenheit oder auch nur an seinen richtigen Namen. Hätte der Herzog den Camaris von einst nicht so gut gekannt, hätte er beinahe selbst an seinen Sinnen und seinem Gedächtnis zweifeln können. Aber Isgrimnur hatte Johans hervorragendsten Ritter zu jeder
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