Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
Gässchens stand und man ihn hereingelegt hatte, wirbelte er zu seinen Verfolgern herum, gerade noch rechtzeitig, um dem sausenden Hieb einer eisenbeschlagenen Keule auszuweichen, die neben ihm an die Holzwand krachte. Splitter flogen.
Tiamak riss das Messer aus der Scheide und stach nach der Hand des Schlägers. Er verfehlte sie, zerfetzte jedoch den Ärmel eines weißen Gewandes. Zwei Feuertänzer, von denen der eine höhnisch mit dem kaputten Ärmel wedelte, kamen von den Seiten, während der Anführer sich vor ihm aufbaute. Tiamak wich nach hinten in die Gasse zurück und schwang sein Messer, um alle drei gleichzeitig auf Distanz zu halten. Der Anführer lachte und zog jetzt auch eine Keule aus dem Gewand. In seinen Augen stand eine entsetzliche, von keinem Schuldbewusstsein getrübte Fröhlichkeit.
Der Jüngling auf Tiamaks linker Seite stieß plötzlich einen leisen Ruf aus, verließ die Gasse und verschwand um die Ecke des Stegs, den sie gerade verlassen hatten. Tiamak nahm an, dass er dort Wache stehen wollte, während seine Freunde ihr Opfer erledigten. Gleich darauf jedoch erschien die Keule ohne ihren Besitzer, flog in das Gässchen hinein und traf den Feuertänzer auf Tiamaks rechter Seite mit solcher Wucht, dass er gegen die Hauswand geschleudert wurde. Sein Schädel hinterließ eine rote Spur auf den Planken, als der Mann zu einem weißgekleideten Bündel zusammensackte. Der Anführer mit dem geschorenen Köpf riss die Augen auf und blieb stehen. Hinterihm betrat eine hohe Gestalt das Gässchen, packte ihn fest im Nacken und warf ihn durch die Luft gegen das Steggeländer, das in tausend Splitter zersprang, als hätte es ein Schleuderstein getroffen. Der schlaffe Körper durchschlug das Geländer und rutsche über die Planken in den Kanal. Dort – es dauerte einen langen, stummen Augenblick – versank er im öligen Wasser und war nicht mehr zu sehen.
Tiamak merkte, dass er vor Erregung und Entsetzen hilflos zitterte. Als er endlich aufschaute, begegnete ihm das freundliche, ein wenig verwirrte Gesicht des Türhüters Ceallio.
Camaris. Der Herzog sagt, er ist Camaris, dachte Tiamak benommen. Ein Ritter, der geschworen hat … geschworen hat … die Unschuldigen zu schützen.
Der alte Mann legte Tiamak die Hand auf die Schulter und führte ihn aus der Gasse.
In der Nacht träumte der Wranna von Gestalten in weißen Leichentüchern, mit Augen wie Feuerrädern. Sie kamen über das Wasser auf ihn zu wie geblähte Segel. Er planschte in einem der Nebenflüsse des Wran und versuchte verzweifelt zu entkommen, aber etwas hielt ihn am Bein fest. Je mehr er sich anstrengte, desto schwerer fiel es ihm, sich über Wasser zu halten.
Vom Ufer sah das kleine schwarzhaarige Mädchen ihm zu, stumm und ernst. Sie schien diesmal so undeutlich, dass er sie kaum erkennen konnte. Es war, als bestehe sie aus Nebel. Schließlich, noch bevor der Traum endete und er keuchend erwachte, verblasste sie ganz.
Diawen die Seherin hatte ihre Höhle tief im Berg in einen Ort verwandelt, der dem Häuschen, das sie früher am Stadtrand von Hernysadharc, nahe dem Saum des Circoille, bewohnt hatte, sehr nahekam. Die kleine Höhle war durch Streifen aus Wollstoff, die sie vor die Türöffnung gehängt hatte, von den Nachbarn abgeschlossen. Als Maegwin einen der Vorhangstreifen vorsichtig beiseitezog, quoll eine Wolke süßlichen Rauchs heraus.
Ihr Traum von den flackernden Lichtern war so lebendig und unverkennbar wichtig gewesen, dass Maegwin Schwierigkeiten hatte, ihren morgendlichen Pflichten nachzukommen. Obwohl die Bedürfnisse ihres Volkes zahlreich waren und Maegwin sich stets Mühe gab, alle zufriedenzustellen, war sie den ganzen Tag über wie durch einen Nebel gelaufen, Herz und Kopf weit weg, wenn sie die zitternden Hände eines Alten hielt oder ein Kind umarmte.
Diawen war einst eine Priesterin der Mircha gewesen, hatte jedoch ihre Gelübde gebrochen. Niemand wusste, warum, zumindest nicht genau, obwohl es immer Gerüchte gegeben hatte. Später hatte Diawen den Orden verlassen, um allein zu leben. Viele hielten sie für verrückt, aber sie konnte wahrsagen, Träume deuten und Krankheiten heilen. So mancher besorgte Einwohner von Hernysadharc, der schon eine Schale mit Obst und einer Münze für Brynioch oder Rhynn hingestellt hatte, wartete, bis es dunkel war, und suchte dann Diawen auf, um sich etwas schneller helfen zu lassen. Maegwin erinnerte sich, sie einmal in der Nähe des Taig beim Markt gesehen zu haben. Ihr
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