Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Titel: Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
sich unter Tiamaks Schüchternheit ein gewisser Stolz. War er nicht immerhin der erste Wranna, der das Sumpfland verlassen und bei den ädonitischen Brüdern studiert hatte? Selbst seine Dorfgenossen wussten, dass es keinen zweiten Marschbewohner wie ihn gab. Deshalb hatte er auch, als ihm die Träger der Schriftrolle ermutigende Briefe schickten, gespürt, dass seine Zeit nahe bevorstand. Eines Tages würde auch er Mitglied des Bundes sein, dieser vornehmen, gelehrten Gesellschaft, und alle drei Jahre in die Heimat eines anderen Mitglieds reisen, um an einer Versammlung teilzunehmen – einem Treffen von Gleichgestellten. Er würde die Welt sehen und ein berühmter Gelehrter werden … so hatte er es sich jedenfalls oft ausgemalt.
    Als der riesenhafte Rimmersmann Isgrimnur in Pelippas Schüssel auftauchte und ihm den heißbegehrten Anhänger der Schriftrollenträger brachte – die goldene Schriftrolle mit dem Federkiel –, hatte Tiamaks Herz einen Luftsprung gemacht. Diese Belohnung war alle seine Opfer wert. Aber gleich darauf hatte Herzog Isgrimnur ihm erklärt, dass der Anhänger aus der Hand des sterbenden Dinivan stammte, und als der erschütterte Tiamak nach Morgenes gefragt hatte, erfuhr er von Isgrimnur die niederschmetternde Neuigkeit, dass auch der Doktor tot sei, gestorben vor fast einem halben Jahr.
    Vierzehn Tage später verstand Isgrimnur Tiamaks Verzweiflung immer noch nicht recht. Offenbar fand er, der Tod der beiden Männer sei zwar traurig, Tiamaks dumpfe Melancholie jedoch übertrieben. Aber der Rimmersmann hatte keine neuen Pläne, keinen nützlichen Rat mitgebracht. Er gab sogar zu, nicht einmal Mitglied des Bundes zu sein. Isgrimnur schien nicht zu begreifen, dass dies Tiamak, der so viele schmerzliche Wochen auf eine Nachricht über Morgenes’ Absichten gewartet hatte, ganz und gar verwirrte, ihn ziellos umherwirbelte wie ein Flachboot im Strudel. Tiamak hatte die Pflicht gegenüber seinem Volk einem Auftrag von Trockenländern geopfert. Zumindest kam es ihm manchmal so vor, wenn erzornig genug war, zu vergessen, dass es der Überfall des Krokodils gewesen war, der ihn zwang, seinen Auftrag als Gesandter nach Nabban aufzugeben.
    Tiamak musste zugeben, dass Isgrimnur wenigstens Kost und Logis für ihn bezahlte, nachdem der Wranna mittellos dastand. Das war immerhin etwas – aber andererseits auch wieder nur gerecht, schließlich hatten sich die Trockenländer seit unvordenklichen Zeiten am Schweiß des Marschvolks bereichert. Tiamak selbst war auf den Märkten von Ansis Pelippé bedroht, fortgejagt und misshandelt worden.
    Damals hatte ihn Morgenes gerettet, aber Morgenes war tot. Tiamaks eigenes Volk würde ihm nie verzeihen, dass er es im Stich gelassen hatte. Und Isgrimnur hatte nur den alten Türhüter Ceallio im Kopf, von dem er behauptete, er sei der große Ritter Camaris. Übrigens schien es dem Herzog längst gleichgültig zu sein, ob der kleine Marschmann lebte oder tot war. Alles in allem war Tiamak klar, dass er unnütz war wie ein Krebs ohne Beine.
    Erschrocken blickte er auf. Er hatte sich weit von Pelippas Schüssel entfernt und war in eine Gegend von Kwanitupul geraten, in der er sich nicht auskannte. Das Wasser war hier womöglich noch grauer und schmieriger als sonst überall und übersät mit den Kadavern von Fischen und Seevögeln. Die verfallenen Gebäude am Rand der Kanäle schienen sich unter der Last jahrhundertealten Schmutzes und Salzes zu biegen.
    Ein schwindelerregender Anfall von Trostlosigkeit und Verlust überkam Tiamak.
    Du-der-stets-auf-Sand-tritt, lass mich heil nach Hause kommen. Gib, dass meine Vögel leben. Lass mich …
    »Marschmann!« Die blökende Stimme unterbrach sein Gebet. »Er kommt!«
    Überrascht sah Tiamak sich um. Drei junge Trockenländer in den weißen Gewändern der Feuertänzer standen auf der anderen Seite des schmalen Kanals. Einer von ihnen schob die Kapuze zurück und enthüllte einen teils kahlgeschorenen Kopf, von dem ein paar stehengebliebene Haarbüschel emporstachen wie Unkraut. Selbstaus der Entfernung schien etwas Falsches in seinen Augen zu liegen.
    »Er kommt!«, rief der Mann wieder. Seine Stimme klang so fröhlich, als begrüße er in Tiamak einen alten Freund.
    Tiamak wusste, wer und was diese Männer waren. Er wollte mit ihrem Wahnsinn nichts zu tun haben, darum machte er kehrt und hinkte über den unebenen Steg zurück. Die Häuser, an denen er vorbeikam, waren vernagelt und ohne eine Spur von Leben.
    »Sturmkönig

Weitere Kostenlose Bücher